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Die Bruderschaft des Schmerzes

Die Bruderschaft des Schmerzes

Titel: Die Bruderschaft des Schmerzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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bin gleich wieder da und bringe euch etwas Feines mit.“
    Ohne die Sangraner aus den Augen zu lassen, öffnete Vanderling die äußere Tür der Luftschleuse des Bootes. Während er die Schiffsladung durchwühlte, beobachtete er die Sangraner durch die offene Schleuse. Es gab keine Anzeichen für einen Fluchtversuch. Schließlich kam Vanderling mit einer Flasche voll kleiner, blauer Pillen zurück.
    Er trat in den Kreis seiner Gefangenen, hockte sich nieder, zählte zehn Pillen ab und verteilte sie.
    Die Sangraner betrachteten die kleinen, blauen Pillen äußerst mißtrauisch.
    „Los, schluckt sie herunter!“ befahl Vanderling. „Es wird euch gefallen, dafür garantiere ich. Und wenn ihr sie nicht schluckt, werde ich euch hiermit den Kopf absäbeln!“ Er hielt die Schnittpistole hoch.
    Vanderling grinste, als die Sangraner sich phlegmatisch die Pillen einverleibten. Eine Instant-Armee, das kam dabei heraus! Herogyn war auf jeden jedem Schlammklumpen, der sich selbst als zivilisierter Planet bezeichnete, streng verboten. Und das hatte seinen Grund. Das Zeug war im Jupiterstaat entwickelt worden, als dieser seine Auseinandersetzung mit den äußeren Planeten hatte. Eine kleine Dosis machte jedermann so high, wie er es sich nur wünschen konnte, aber dann hing man ein für allemal am Haken. Der Hormonspiegel wurde auf Dauer gestört. Acht Stunden schwebte man im Paradies, doch dann kam man wieder herunter. Zehn Stunden später steckte man bereits in den allerschlimmsten Entzugserscheinungen. Der Süchtige wurde dann zu einer hirnlosen, verwegenen Tötungsmaschine – so wild und blutrünstig, daß er nicht einmal mehr zum Soldaten taugte. Aber in der Zwischenzeit, bis es soweit war, verfügte man über furchtlose, selbstmörderische Kriegshandwerker, die jedem bedingungslos gehorchten, der sie mit dem Zeug versorgte. Wenn der Krieg einmal zu Ende ging, stand man natürlich vor einem Chaos, aber bis dahin …
    Kommt Zeit, kommt Rat, dachte Vanderling. Wir werden ja sehen, was geschieht. Dabei beobachtete er die Sangraner, sah zu, wie ihre Körper erschlafften, die Augen glasig wurden und ihre Münder sich zu einem starren, dauerhaften Grinsen verzogen.
    „Genau, Jungs, entspannt euch, genießt es“, sagte er. „Morgen wartet einige Arbeit auf uns, und ihr werdet euch wundern, wie scharf ihr dann daraufsein werdet, sie für mich zu erledigen. Macht es euch gemütlich. Wenn ihr euren Spaß gehabt habt, werdet ihr die Lage vielleicht auch von meinem Standpunkt aus betrachten – das könnte ich mir jedenfalls vorstellen. Nein, das weiß ich sogar ganz gewiß.“
     
    Unter der heißen, roten Sonne von Sangre huschten Männer in zwei getrennten Linien den Hang eines kleinen Hügels hinab. Im sanft wogenden Gras verborgen, bewegten sie sich auf eine Ansammlung niedriger Gebäude zu, die vor ihnen auf der Talsohle von einem hölzernen Palisadenzaun umgeben war. In der ersten Reihe, die zu einem flachen Bogen ausgeschwärmt war, gingen zehn Männer, die Gewehre trugen. Sie waren bis auf ihre einfachen, grünen Lendentücher und ihre grünen Stirnbänder nackt. Eine bessere Uniform für die Volksarmeesoldaten hatte Vanderling unter den gegebenen Umständen nicht beschaffen können. Fünfzehn Meter hinter der ersten Reihe hatten sich zwanzig Mann zu einer weiteren flachen Sichel formiert. Zwischen beiden Gruppen ging Vanderling, die Schnittpistole im Anschlag.
    So weit, so gut, dachte Vanderling nervös. Er gab sich keinen Illusionen über seine neugeborene Armee hin. Da konnte auch taktisches Geschick nicht viel ausrichten. Immerhin würde er sich darauf verlassen können, daß sie irgendwie kämpfen würden.
    Das Herogyn hatte ausgezeichnet gewirkt. Die ersten zehn Sangraner hatten den Rest der Nacht in einem euphorischen Wachtraum verbracht. Als mit der Morgenröte die Entzugserscheinungen einsetzten, begannen sie sich zu winden, nervös umherzulaufen, zu murren und zu fluchen, untereinander zu streiten, um mehr Herogyn zu betteln. Ihre Augen röteten sich, wurden hinterlistig und hungrig. Dann hatte Vanderling ihnen klargemacht, wie es weiterging. Für die nächste Dosis würden sie kämpfen müssen – und für die danach auch und für alle folgenden ebenfalls. Kaum jemand beklagte sich. Im Anfangsstadium des Entzugs wollten sie Herogyn, und sie wollten töten. Und wenn man das eine durch das andere verdienen konnte, um so besser. Da er ihnen noch keine Schnittpistolen anvertrauen wollte, hatte er sie mit den

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