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Die Bruderschaft des Schmerzes

Die Bruderschaft des Schmerzes

Titel: Die Bruderschaft des Schmerzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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nackten Körper waren von einer Vielzahl von Narben übersät, und ihre sonnengebräunte Haut spannte sich über den Rippen. Jedes Ende der Kette, die ihre Halsringe miteinander verband, war an einem Bolzen in der Ladefläche befestigt.
    Aus tiefen Augenhöhlen starrten sie ihn phlegmatisch und verständnislos an, dabei ruckten sie hin und her wie Schlachtvieh auf einer Koppel.
    Vanderling sprang federnd auf die Ladefläche und trennte mit der Schnittpistole die Ketten auf beiden Seiten durch. Dabei drang der Strahl auch durch den Pritschenboden und durch die Betondecke der Fahrbahn bis tief hinein in das darunterliegende Erdreich.
    Die Sangraner starrten fassungslos auf die Strahlwaffe; ihre Augen waren weit aufgerissen. Das war ihre einzige Reaktion.
    „Na los, hoch mit euch und runter hier!“ brüllte Vanderling. „Ihr seid frei! Die Revolution hat begonnen! Hebt eure Hintern, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit. Wir müssen sehen, daß wir von hier fortkommen!“
    Ein langer, dürrer, rothaariger Mann blinzelte ihn an. „Frei …?“ murmelte er langsam und verzog dabei den Mund, als würde er auf einem Bissen einer unbekannten Speise herumkauen.
    „Was zum Teufel ist eigentlich mit euch los?“ schnauzte Vanderling. „Steht ihr darauf, in Ketten herumzusitzen oder was? Ihr seid frei! Ich habe euch befreit! Jetzt setzt euch endlich in Bewegung!“
    „Du sagst, wir sind frei …“ stammelte der Rothaarige. „Bist du ein Bruder?“
    „Kann kein Bruder sein“, sagte ein anderer, „hat keinen Umhang.“
    Ein dritter schaltete sich ein: „Ein Töter isser auch nicht, guck dir die Zähne an. Is’n Tier, bestimmt!“
    „Hat ’ne Pistole, dann kann er auch kein Tier sein“, beharrte der Rothaarige.
    „So ’ne Pistole hab’ ich noch nie gesehen.“
    „Was glaubt ihr eigentlich, was das hier ist? Ein Kaffeeklatsch vielleicht?“ Vanderling tobte. „Macht, daß ihr von diesem Lastwagen runterkommt, und zwar ein bißchen plötzlich, sonst schneide ich euch in Scheibchen!“ Er richtete drohend die Schnittpistole auf sie.
    Unter heftigem Schulterzucken kletterten die Sangraner langsam von der Pritsche herab; ihre Hälse waren noch immer durch die Kette miteinander verbunden. Vanderling wollte die Kette durchtrennen, die sie wie bizarre Perlen verband, doch dann überlegte er es sich anders. Dies waren ziemlich sonderbare Tröpfe. Vielleicht waren es gefährliche Irre, vielleicht aber nur harmlose Idioten. Auf jeden Fall konnte es nicht schaden, wenn sie einstweilen zusammengekettet blieben, bis sie den Überfallort verlassen hatten und er sich darüber klargeworden war, was mit diesen Burschen eigentlich los war.
    „Sammelt die Gewehre auf, ihr Kretins! Verlaßt euch darauf, daß ihr später ausreichend Gelegenheit haben werdet, sie gegen dieses Gesindel zu benutzen. Ich bin euer Freund. Nun aber los!“
    „Das ist unrecht …“ murrte ein Sangraner.
    „Gegen das Naturgesetz …“
    „Steck dir dein Naturgesetz sonstwo hin!“ bellte Vanderling. „Jetzt …“
    Plötzlich hörte er hinter sich einen halberstickten Schrei, ein trockenes Krächzen; es klang wie der Ruf „Töten!“. Er wirbelte herum. Hinter ihm lag einer der Töter in einer riesigen Blutlache. Die trüben Augen waren weit aufgerissen, und die Kiefer schnappten schwächlich, wie die einer sterbenden Schildkröte. Vanderling sah, wie die nadelspitzen, blutbesudelten Zähne vergeblich versuchten, sein Bein zu fassen. Er hörte das ächzende Rasseln dieser sterbenden Reste, und sein Körper verkrampfte sich, von Ekel geschüttelt.
    In einem Reflex riß er die Schnittpistole hoch und machte der Sache ein Ende. Die zehn Sangraner stießen kurze, schrille Schreckensschreie aus.
    „Jetzt sammelt die Gewehre auf, sonst geht es euch genauso!“ kommandierte Vanderling trocken.
    Zögernd folgten die Sangraner seinem Befehl. Sie behandelten die Waffen so, als ob es sich um Gegenstände handelte, die gleichzeitig schmutzig und geheiligt waren. Immer wieder mußte Vanderling durch drohende Gesten mit seiner Waffe seinem Befehl Nachdruck verleihen.
    Wie Ochsen, die eine unvertraute Last trugen, mußte Vanderling sie vor sich her den Hügel hinauftreiben. Es dauerte lange, bis sie das Beiboot am Fuß der Bergkette erreicht hatten.
     
    Was sind das bloß für Einfaltspinsel, dachte Vanderling, als er die zehn Sangraner betrachtete, die mit hängenden Köpfen auf der kleinen Dschungellichtung standen.
    Sie zeigten nicht einmal ein Anzeichen von

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