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Die Bruderschaft des Schmerzes

Die Bruderschaft des Schmerzes

Titel: Die Bruderschaft des Schmerzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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ließen die Köpfe hängen. Ihre roten Augen starrten ausdruckslos ins Leere, die Lippen zusammengepreßt, und Vanderling hatte keine Möglichkeit, sich zu vergewissern, ob ein Wort seiner Ansprache bis in ihre herogynvernebelten, dicken Köpfe vorgedrungen war.
    Er zuckte mit den Schultern. Hier läuft überhaupt nichts, dachte er. Dann schwenkte er die Schnittpistole über dem Kopf und brüllte recht sarkastisch: „Geronimo!“
    Die erste Reihe stutzte, setzte sich zögernd in Bewegung, lief immer schneller. Ihr Trab verwandelte sich in einen rasenden, blindwütigen Ansturm. Beim Laufen feuerten sie ziellos und vereinzelt ihre Flinten ab, dann begannen sie zu schreien, schrille, wortlose, dämonisch gedehnte Schreie. So brachten sie sich in die Kampfeshysterie von Berserkern. Vanderling zuckte unwillkürlich zusammen, denn er hatte nicht erwartet, daß sie so vollkommen den Verstand verlieren würden.
    Die erste Reihe war jetzt etwa fünfzig Meter entfernt. Das Gras schwankte, ein Heer wutschnaubender Männer schien sich in ihm zu verbergen. Wieder gab Vanderling das Zeichen mit seiner Schnittpistole, und die zweite Reihe begann zu laufen. Sie rasten vorwärts wie Besessene, brüllten noch lauter als die anderen, feuerten auch häufiger.
    So weit, so gut, dachte Vanderling angespannt, während er in sicherem Abstand hinter der heulenden zweiten Reihe hertrabte. Die einfältige Wildheit der Berserker hatte ihre Vorteile, wenn man sie geschickt einzusetzen verstand. Die Männer in der vordersten Linie waren Lockvögel; sie waren bereits so gut wie tot. Die hintere Reihe würde durch sie hindurchfeuern, und die Töter würden sicher alle erledigen, die nicht vom eigenen Feuer vernichtet wurden.
    Sie machen wirklich einen prächtigen Lärm, dachte Vanderling, dem das Geschrei der vorwärts eilenden Männer in den Ohren gellte. Die ersten waren jetzt etwa auf dreißig Meter an das Tor herangekommen. Ihre Geschosse fetzten große Splitter aus dem Holz der Palisaden und der Torflügel. Hoffentlich würden die Töter mitspielen und …
    Und da kamen sie!
    Als die erste Reihe noch fünfundzwanzig Meter entfernt war, die zweite Reihe fünfzig Meter und Vanderling wiederum zwanzig Meter dahinter, schwangen plötzlich die Torflügel nach außen. Sofort strömten fünf, zehn, zwanzig Männer in den schwarzen Uniformen der Töter hinaus und verteilten sich in dem offenen Gelände vor dem Tor. Während sie das Tor passierten, eröffneten sie bereits das Feuer. Fünfundzwanzig, dreißig, und es kamen immer mehr …
    Die Töter formierten sich zu einem Keil und stürmten furchtlos auf die Gewehrmündungen der Guerillas zu. Und jetzt hörte Vanderling einen neuen Klang: einen gleichzeitig gutturalen und schrillen Kriegsruf, wie der Schrei von fleischfressenden Bestien: „Töten! Töten! Töten! Töten! Töten! Töten!“
    Ohne daß der tierhafte Gesang verstummte, brach der Keil in die Reihe der verwirrten Guerillas ein. Als sie heran waren, warfen die Töter ihre Gewehre weg und rissen die Morgensterne heraus, jene abscheulichen klingenbewehrten Kugeln, die an Stahlruten baumelten. Wie eine tollwütige Wolfsmeute fielen sie über die entgeisterten Sangraner her.
    Über eine lange, lähmende Zeitspanne hinweg konnte Vanderling keinen klaren Gedanken fassen. Er hatte schon viele gnadenlose Nahkämpfe miterlebt, aber nichts, das diesem hier auch nur entfernt geähnelt hätte. Schaum trat aus dem Mund der Töter, Schaum, der sich rot Färbte, da sie in ihrer Raserei mit den Zähnen ihre Lippen zerfleischten.
    Sie fuhren wie lebende Kettensägen unter die Guerillas, zerschmetterten Köpfe wie Wassermelonen. Mit den schweren Stiefeln traten sie um sich und heulten wie Wahnsinnige. Ein Töter trieb seine dolchscharfen Zähne in eine menschliche Kehle, während er – es war unfaßbar – seinem Opfer mit den Händen große Fleischstücke aus Armen und Körper riß. Ein anderer Töter hatte seine Fäuste in das Gesicht eines Mannes verkrallt und zerfetzte es mit den bloßen Händen wie eine Karnevalsmaske. Ein Guerilla lag am Boden, und ein Töter trat gegen seinen Hals, während ein zweiter sich in seinen Oberschenkel verbissen hatte und ein dritter seinen Morgenstern herabsausen ließ.
    Vanderling stand wie gelähmt, während sich der Nahkampf in dieses sinnlose Tosen von gequälten Leibern, brechenden Gliedmaßen und blitzenden Morgensternen verwandelte. Hier zerfleischten zwei heulende, atemlos rasende Raubtiermeuten einander unter

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