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Die Bruderschaft des Schmerzes

Die Bruderschaft des Schmerzes

Titel: Die Bruderschaft des Schmerzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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Führung gegen die Brüder und ihre Gefolgsleute zu kämpfen. Jedermann erhält ein Gewehr! Die Freie Republik ruft Sangre auf, sich zu erheben und der Brüderschaft und den Tötern ein Ende zu machen. Tod den Tötern! Tod der Bruderschaft! Lang lebe die Freie Republik!“
    Nachdem er diese Rede in der letzten Woche ungefähr dreißigmal auswendig vorgetragen hatte, war Fraden kaum überrascht, daß auch diesmal nur ausdruckslose Blicke und unruhiges Füßescharren die Reaktion waren. Wenn diese Narren auch nur ein Zehntel von dem verstanden hatten, was er gesagt hatte, dann konnte er schon zufrieden sein. Hauptsächlich ging es darum, daß seine Worte offizieller klangen als alles, was diese Tröpfe bisher zu hören bekommen hatten. Was er über die Gewehre und das Töten der Brüder und Töter gesagt hatte, würden sie hoffentlich begriffen haben. Ein edles Volk, diese Sangraner, das mußte man ihnen lassen!
    „Also Freunde, jetzt habt ihr gehört, was ihr tun könnt“, fuhr Fraden fort. „Laßt es euch durch den Kopf gehen. Und wenn ihr darüber nachgedacht habt, dann kommt in den Dschungel, dorthin, wo die Berge beginnen. Zerbrecht euch nicht den Kopf darüber, ob ihr die Volksarmee finden werdet; die Volksarmee wird euch finden.“
    Die Sangraner beobachteten ihn schweigend, während er seine Männer um sich formierte und aus dem Dorf marschierte. So lief es immer ab. Es dauerte einige Zeit, bis die Leute etwas begriffen. Wenn jedoch in ein paar Tagen die Töter zurückkehren würden, um weitere Menschen nach Sangre zu schaffen, dann würde einigen etwas dämmern, und sie würden sich bei seinem Lager einfinden.
    Fraden seufzte, als sie an einer Läusegruppe vorbeikamen, die das Getreide von den Feldern hereinholte. Eine Woche lang habe ich Schwerstarbeit geleistet, dachte er. Und was ist dabei herausgekommen? Vierzig Freiwillige, wenn es hoch kommt! Aber hoffnungslos war die Lage nicht. Das konnte sie einfach nicht sein! Alle Bedingungen für eine Revolution waren erfüllt. Jetzt bedurfte es nur noch einer letzten Zutat, um sie zu entzünden.
    Fraden verspürte ein beunruhigendes Gefühl. Die entscheidende Zutat war zum Greifen nahe. Er zuckte die Achseln. Er wußte, daß er früher oder später darüber stolpern würde.
    Man durfte nicht vergessen, dachte er philosophisch, daß Rom auch nicht an einem Tag geplündert wurde.
     
    Wenigstens sieht das Lager nicht mehr gar so kümmerlich aus, dachte Fraden. Er stand vor seiner Hütte, die an das Beiboot angebaut worden war, und zwar so, daß die Rückseite der Hütte von der Bordwand gebildet wurde. In der Bordwand befand sich die Luftschleusentür, die er so vom Innern der Hütte aus bequem erreichen konnte. Es hatte nur einen Tag gedauert, bis die Hütte zusammengezimmert war, und wenn er das Boot einmal benutzen mußte, dann könnte man sie leicht wieder aufbauen. Willems Hütte, die sich auf der gegenüberliegenden Seite der Lichtung befand, wo das zweite Boot stand, bot nicht die gleiche Möglichkeit. Darin kam ein geringer Standesunterschied zum Ausdruck, auf dem Fraden beharrt hatte. Es konnte nur einen Führer geben, und das eigenartige Verhältnis zwischen Willem und seinen Herogynsüchtigen konnte diese Tatsache leicht vernebeln. Der Bau der Hütten sollte hier eine deutliche Sprache sprechen.
    Zwischen den beiden Booten erstreckte sich der Hauptteil des Lagers. In einer Ansammlung von Hütten bei Willems Unterkunft waren die Herogynsüchtigen untergebracht; eine ähnliche Hüttenformation in der Nähe von Fradens Befehlsbau beherbergte die Freiwilligen. In der Mitte der Lichtung standen zwei Gebäude mit breiten, offenen Eingängen, in denen die erbeuteten Waffen und Munition aufbewahrt wurden. Zur Zeit kamen auf einen Guerilla etwa drei Gewehre. Kleine Kochstellen waren willkürlich über das ganze Camp verstreut. Die Ernährungsfrage war für Fraden ein wunder Punkt. Kannibalismus im Lager konnte er nicht dulden; doch das war eine Vorschrift, die allgemein äußerst unpopulär war, und was die Guerillas auf ihren Streifzügen aßen, das war etwas, über das Fraden lieber nicht nachdenken wollte.
    Er ging hinüber zu den Hütten der Freiwilligen, wo sich ungefähr siebzig Männer in den warmen Strahlen der Morgensonne räkelten. Aus einer einzeln stehenden Hütte wurden vier Männer, die von einer Patrouille im Dschungel aufgelesen worden waren, auf den holprigen Exerzierplatz getrieben. Es waren Freiwilligen-Wachen, die die Neuankömmlinge in den

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