Die Bruderschaft des Schmerzes
du das Volk auf deine Seite bringen. Und das schaffst du nicht, indem du es versklavst. Das schaffst du auch nicht, indem du ihm Angst machst. Vor allem deswegen nicht, weil sie bereits zweimal soviel Angst vor den Tötern haben, wie sie vor uns je haben werden. Und wie würde es dir wohl gefallen, wenn du vor einer Herde hermarschierst, die du zum Kämpfen gezwungen hast? Was glaubst du wohl, wie lange du am Leben bleiben würdest? Am besten überläßt du es mir, Rekruten zu gewinnen. Du bleibst bei deinem Fach, und ich bleibe bei meinem. Ich erzähle dir auch nicht, wie du deine Gefechte zu führen hast, oder?“
„Aber du sagst mir verdammt genau, wann und wo ich zu kämpfen habe“, klagte Vanderling. „Sie haben ungefähr hundert Töter losgeschickt, die in einem Umkreis von zwanzig Meilen in den Dörfern die Tiere zusammentreiben. Heute nacht könnten wir zuschlagen und fünfzig oder sechzig von ihnen erledigen. So wie wir deiner Meinung nach vorgehen sollen, ist es sinnlos. Hier überfallen wir fünf Töter, dort sind es einmal zehn, und niemals greifen wir ein Anwesen an. Was ist das für eine Art, einen Krieg zu führen? Wenn wir uns heute nacht diese Töter vornehmen, dann können wir in einer Nacht mehr erwischen als sonst in einer ganzen Woche!“
„Du marschierst immer mit dem Hintern zuerst los, Willem!“ antwortete Fraden. „Was haben wir denn? Nicht einmal zweihundert Leute! Wenn wir gegen hundert Töter eine Chance haben wollen, dann müssen wir sie alle einsetzen und riskieren, daß wir völlig aufgerieben werden. Zu diesem Zeitpunkt greifen wir nur aus einem einzigen Grund an: um Waffen zu erbeuten und um mit diesen sicher zu entkommen. Wenn man das vorhat, dann muß man seinen Gegner vollständig auslöschen. Bei Tötern bedeutet das, daß man mindestens einen Vorteil von drei zu eins haben muß und dazu noch den Überraschungseffekt durch den Hinterhalt. Diese Teufel verstehen sich nämlich aufs Kämpfen, das weißt du besser als ich. Weniger als zweihundert Mann. Wir haben hier nur einen winzigen Stützpunkt, und den willst du vollständig aufs Spiel setzen. Und wofür? Für sinnloses Morden!“
„Was werden wir also tun? Herumsitzen und uns die Zeit vertreiben?“
Fraden seufzte. Was war nur in Willem gefahren? Machte ihn dieser verdammte Planet allmählich fertig, oder was mochte es sonst sein? Das militärische Gehirn! Um jeden Preis irgendwelche Feinde töten! Erkennt er denn nicht, daß wir zu diesem Zeitpunkt die Brüder noch nicht ernstlich in Unruhe versetzen dürfen? Sie könnten doch leicht ein paar tausend Töter hierherschicken, die uns ein für allemal den Garaus machen. Wenn sie nicht so versessen darauf wären, Opfer für ihre Wahnsinnskampagne zusammenzutreiben, wenn sie nicht so heiß daraufwären, eine neue Omnidrenquelle zu finden, dann hätten sie es vermutlich längst getan. Später, wenn wir einmal über Tausende von Guerillas verfügen anstatt nur über ein paar hundert, dann könnten wir damit fertig werden. Aber jetzt … Wenn wir uns den Anschein geben, daß wir mehr sein könnten als eine leichte Belästigung, dann wäre das glatter Selbstmord.
„Ich will dir sagen, was ihr tun könnt“, sagte Fraden schließlich. „Sie werden sich später in einzelne Gruppen aufteilen und die Tiere auf Lastwagen in ihr Hauptlager schaffen, nicht wahr? Dann nimmst du also etwa dreißig Mann und legst dich an einer Straße in den Hinterhalt. Aber du achtest darauf, daß du dich vom Hauptlager fernhältst. Vielleicht kannst du drei oder vier Lastwagen erwischen, wenn du dir immer nur einen auf einmal vornimmst. Es wird eine Zeitlang dauern, bis das Hauptquartier Lunte riecht. Auf diese Art erbeutest du ein paar Dutzend Gewehre, verlierst nur eine Handvoll Männer, erledigst ein paar Dutzend Töter und befreist zwanzig oder dreißig Sangraner, die in ihre Dörfer zurücklaufen und Geschichten über die unüberwindlichen Guerillas im Dschungel verbreiten.“
„Ich weiß nicht, Bart“, murmelte Vanderling zögernd. „Meine … äh … Offiziere werden langsam nervös. Sie wollen endlich einmal eine große Sache unternehmen.“ Jonson und Gomez nickten mit zusammengepreßten Zähnen. Sie steuerten bereits wieder auf den nächsten Herogyn-Entzug zu.
„Ja, das kann ich mir vorstellen“, erwiderte Fraden. „Mach dir keine Sorgen, bald wird es genug zu tun geben. Und wenn sie zu nervös werden, dann gib ihnen doch einfach etwas mehr Herogyn.“
Vanderlings
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