Die Bruderschaft des Schmerzes
Halbkreis der Hütten stießen. Fraden hatte angeordnet, daß Rekruten und potentielle Rekruten, genau wie irgendwelche Dorfbewohner, nur mit den Freiwilligen in Berührung kommen sollten. Willems Herogynfreaks waren zu allem unfähig, was mehr Fingerspitzengefühl erforderte als das Niedermetzeln von Feinden. Auf lange Sicht würde es sich auszahlen, wenn man sie isolierte. Willem soll sie für sich selbst behalten, dachte Fraden. Es lag eine gewisse Gefahr darin, aber es hatte auch seine Vorzüge. So wurde Willem zu einer dunklen, schwer zu durchschauenden Gestalt am Randbereich der Revolution, während Bart Fradens Name durch Mundpropaganda zwischen den Freiwilligen und ihren ehemaligen Dorfgenossen überallhin verbreitet wurde: Fraden, der Präsident, der Befreier, der Held der Revolution, der Mann, der … Man konnte niemals früh genug daran denken, sich den Rückzugsweg freizuhalten; das wußte Fraden aus eigener, langer Erfahrung.
„Morgen, Männer“, sagte er, nachdem sie sich vor ihm aufgestellt hatten.
„Morgen, Bart“, antworteten sie einstimmig. Dies war ein weiterer, feiner Schachzug Fradens. Willem legte viel Wert auf Titel und ehrenvolle Anreden. Er liebte es, sich „Feldmarschall“ zu nennen. Daher war er für alle einfach „Bart“, der Mann des Volkes.
„Lang lebe die Freie Republik!“ rief Fraden aus.
„Lang lebe die Freie Republik!“ ertönte der wenig begeisterte Antwortchor. Ein drahtiger junger Mann mit einem blonden Haarschopf stieß die vier neuen Männer vor sich her. Der Mann war „Oberst“ Olnay, und wenn es überhaupt einen pfiffigen Sangraner gab, dann war er es. Das hatte Fraden erkannt, und er hatte große Pläne mit dem jungen Burschen. Er brauchte jemanden, der die Propaganda- und Spionageabteilung leitete, und da es keine Alternative gab, hatte Fraden Olnay dafür vorgesehen.
„Deine vier neuen Männer, Bart“, sagte Olnay, wobei er darauf achtete, daß seine Stimme sehr formell klang.
„Lang lebe die Freie Republik!“ riefen die vier im Chor mit beherzten Stimmen. Das hatte Olnay ihnen offensichtlich eingebleut. Wieder zwei Punkte für Oberst Olnay.
„Lang lebe die Freie Republik“, antwortete Fraden förmlich. „Bevor ich euch jetzt offiziell in die Volksarmee einführe, möchte ich mich vergewissern, ob ihr eigentlich wißt, warum ihr hierhergekommen seid und was von euch erwartet wird. Vielleicht erzählt ihr mir einmal, warum ihr eure Dörfer verlassen habt, um euch der Revolution anzuschließen?“
„Um die Töter zu töten!“ brüllte einer der Männer.
„Um die Brüder zu töten!“
„Um meine Haut zu retten“, sagte ein untersetzter, dunkler Bursche. „Die Töter haben in der letzten Woche mein halbes Dorf mitgenommen. Beim nächsten Mal wäre ich bestimmt dabei gewesen.“
Fraden lächelte. Dieser Mann schien zumindest über ein wenig Verstand zu verfügen.
„Wie heißt du?“ fragte er den Burschen.
„Guilder heiße ich, Präsident.“
„Bart, Guilder, sage ruhig Bart zu mir. Ich bin hier nur der Anführer, weil ich weiß, wie man Menschen führt. Ich bin niemand, der euch überlegen ist, nach irgendeiner natürlichen Ordnung etwa, wie die Brüder sie aufgestellt haben. Denkt immer daran, das gilt für euch alle. Wir sind alle gleich. Das ist eines der Dinge, für die wir kämpfen. Was Guilder gesagt hat, gilt mehr oder weniger für uns alle. Wir kämpfen, um unsere Haut zu retten, unsere eigene Haut, und das ist die Haut des sangranischen Volkes. Darum geht es bei unserer Revolution. Die Bruderschaft will uns alle fertigmachen, darum wollen wir zusehen, daß wir sie zuerst erledigen. Aber ihr dürft die Methoden nicht mit den Zielen verwechseln. Wir kämpfen für die Freiheit. Diese Freiheit bedeutet den Tod für alle Töter und Brüder, aber wir kämpfen nicht, weil wir Feinde umbringen wollen, wir kämpfen, um zu gewinnen. Das ist nicht immer die gleiche Sache. Ihr werdet noch viele Gelegenheiten haben, Töter umzubringen, aber ihr steht immer unter einem Befehl. Das heißt, daß ihr das zu tun habt, was euch befohlen wird, selbst dann, wenn es euch verrückt erscheint, selbst dann, wenn ihr eurem eigenen Volk Lügen erzählen sollt.
Wenn ihr einmal dabei seid, dann seid ihr für immer dabei. Eine Umkehr gibt es nicht. Die Strafe für Ungehorsam oder Verrat ist der Tod. Wollt ihr euch uns anschließen?“
„Lang lebe die Freie Republik!“ riefen die vier Männer wie aus einem Munde; allerdings klangen ihre Stimmen nun
Weitere Kostenlose Bücher