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Die Bruderschaft des Schmerzes

Die Bruderschaft des Schmerzes

Titel: Die Bruderschaft des Schmerzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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inzwischen besser unter Kontrolle als vor einer Woche, als er sich Willem im Dschungel angeschlossen hatte. Der Trick bestand darin, daß man ihnen während des Tages äußerst geringe Dosen verabreichte – richtig high durfte man sie nur kurz vor einer Schlacht machen. Es blieb dennoch ein übles Unterfangen, aber so waren sie während der meisten Zeit wenigstens einigermaßen aufmerksam und gut zu beherrschen. Das würde jedoch nicht allzu lange so bleiben, mußte Fraden sich eingestehen.
    Das rote, heiße Sonnenlicht lag schwer und drückend auf ihm, als sie den Fuß des Hügels erreicht hatten und sich durch die Talsohle auf die kleine Ansammlung von Hütten zubewegten, hinter denen der rote Lehm des Läusehügels aufragte, der von bebauten Feldern umgeben war. Hitze und Erschöpfung setzten Fraden zu, und die Gegenwart der acht Herogynsüchtigen schuf eine Atmosphäre ständiger Spannung, mit der er nun schon seit einer Woche leben mußte, seit einer Woche, die nur erbärmliche Ergebnisse gebracht hatte. Doch diese Tage auf dem Land, diese Besuche in Dutzenden von kleinen Weilern, die Gespräche mit den Menschen, die Ausrufung der Republik, der Versuch, eine Armee zusammenzutrommeln, schienen Bart Fraden erfrischt zu haben. Sie hatten ihn mit Hoffnung erfüllt, mit Vertrauen in die Wirkung seiner Persönlichkeit. Er war nicht länger Bruder Bart, der Verschwörer, der Intrigant. Jetzt war er – zum Guten oder zum Schlechten – Präsident Bart Fraden, Führer der Freien Republik von Sangre. Vor aller Welt hatte er das verkündet. Wenn auch die Rekruten einzeln oder in winzigen Gruppen in das Lager tröpfelten und wenn auch die Herogynsüchtigen, aus denen Willem sein Offizierskorps schmiedete, noch immer die Mehrzahl der Soldaten bildeten, so erfüllte Fraden doch allein die Tatsache, daß er durch das Land streifte, mit neuer Kraft und einem Gefühl von Selbstvertrauen.
    Jetzt waren sie fast am Rand des Dorfes angekommen, und Fraden befahl den Guerillas, die Formation aufzulösen. Sie formierten sich in einer lockeren Gruppe um ihn herum, die zufällig und nicht bedrohlich aussah, aber in Wirklichkeit waren sie bewaffnete Leibwächter, die ihn umgaben. In mehr als einem Dorf wäre es beinahe zu einem Aufruhr gekommen. Das geschah meist dann, wenn die Gerüchte, die er ausstreute, nicht vor ihm dort eingetroffen waren.
    Damit mußte man natürlich zu diesem Zeitpunkt immer rechnen, da es noch nicht möglich gewesen war, eine organisierte Gerüchteküche einzurichten. Ohne ein System von echten Agenten konnte er nur ein paar Herogynsüchtige in ein paar Dörfer schicken, die dort die drei Gerüchte in Umlauf bringen sollten. Es blieb zu hoffen, daß sie ihre ursprüngliche Gestalt behielten, während sie die Runde machten. Die drei Gerüchte waren notwendigerweise sehr vage und allgemein, da sie sich ohne rechte Anleitung von selbst ausbreiten mußten: Die Bruderschaft hat die Tribute um das Zehnfache erhöht, das war in ganz Sangre der Fall; die Töter interessierten sich besonders für Wahnsinnige; der Dschungel füllte sich von Tag zu Tag mit mehr bewaffneten Guerillas.
    Seine Aufgabe war es nun, mit den Dorfbewohnern zu reden, diese scheinbar unabhängigen Gerüchte miteinander in Verbindung zu bringen, eine plausible Erklärung anzubieten und die Unruhe in eine Revolution zu verwandeln.
    Jetzt passierten sie die bebauten Felder, die die Ansiedlung umgaben. Es war schon spät am Tag, aber die riesigen, achtbeinigen Läuse arbeiteten noch in den Feldern. Mit ihren Scheren schnitten sie Getreidehalme ab, legten sie in säuberlichen Reihen ab und trugen sie zu einem Haufen in der Nähe der Läuseburg zusammen, wo das Getreide für die Dörfler gedroschen werden sollte. Ganz gleich wie oft er die gewaltigen Achtfüßler bei der Arbeit sah, stets bereitete der Anblick ihm Unbehagen. Etwas schien falsch zu sein, und gleichzeitig schien sich eine Möglichkeit darzubieten, die er nicht erkennen konnte.
    Als sie durch den Kreis der Hütten auf die freie Mittelfläche traten, liefen bereits einige Frauen und nackte Kinder hinter ihnen her. Mehrere dürre Männer, die offenbar die Fleischtierherde gehütet hatten, standen bereits in der Mitte der Fläche und erwarteten sie. Ein gutes Zeichen, dachte Fraden. Offenbar hatten sie bereits etwas gehört. Er musterte die Gesichter der Männer – nichtssagende, ausdruckslose Mienen, doch in manchen erkannte man Erwartung und Neugierde. Sie schienen zu wissen, daß etwas

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