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Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon

Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon

Titel: Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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konnte. Er überlegte kurz, ob er sich auf das Segel konzentrieren sollte, das sich unruhig hin und her bewegte, entschied sich jedoch dagegen. Viel zu groß und auch zu weit entfernt, um ihm seinen Willen aufzwingen zu können! Sein Blick blieb an einem Holzkübel hängen, der ganz in seiner Nähe stand. Ein sehr bescheidenes Objekt, aber für einen Anfänger wie ihn vermutlich immer noch schwer genug. Gerolt fixierte den Wassereimer und konzentrierte seinen Willen darauf, ihn von der Stelle zu bewegen. Er starrte ihn eine ganze Weile an und stellte sich in Gedanken vor, dass er sich in Bewegung setzte und über die Decksplanken glitt. Doch nichts geschah. Der Kübel rührte sich einfach nicht von der Stelle. Er verharrte in scheinbar höhnischem Widerstand. Noch zwei weitere Male versuchte er es erfolglos, dann stieß er einen unterdrückten Fluch aus und ließ von dem Holzeimer ab. Frustriert wischte er sich den Schweiß von der Stirn und fragte sich, was er bloß falsch machte und ob es wohl sein konnte, dass ihm die außergewöhnliche Begabung vielleicht gar nicht zuteil geworden war. Im selben Moment fiel sein Blick auf die seidige Haarschleife, die das blond gelockte Haar von Beatrice Granville im Nacken zusammenhielt. Die Tochter des Kaufmanns lag nur einige Schritte von ihm entfernt. Sollte er es vielleicht damit versuchen? Ein solches Haarband musste sich doch leichter bewegen lassen als ein klobiger Holzkübel!
    Gerolt richtete seinen Blick auf das längere der beiden Schleifen-enden. Wieder sammelte er sich, konzentrierte sich auf dieses lo cker herabhängende, leichte Stück Seidenband und spannte sei nen Körper an, als wollte er gleich mit aller Kraft aufspringen. Ei ne Minute höchster Anstrengung verstrich, vielleicht auch zwei, ohne dass er eine Wirkung feststellen konnte. Doch plötzlich veränderte sich etwas in ihm. Sein Herz begann schneller zu schlagen und gleichzeitig war ihm, als würde tief in ihm etwas aufbrechen, das er nicht benennen konnte. Er spürte in sich so etwas wie eine bislang nicht wahrgenommene Quelle, die aus tiefen Schichten mit aller Kraft nach oben drang, die letz te Kruste durchbrach und zu sprudeln begann. Und dieses heiße, kräftezehrende Sprudeln verwandelte sich nach einigen Augen blicken in einen anschwellenden Strom, der wie eine Stichflam me heiß in ihm aufstieg, ihm in den Kopf schoss und sich dort mit seinem Willen verband. Er rang vor Anstrengung und Erregung nach Atem, während ihm der Schweiß aus allen Poren brach. Und hinter seiner Stirn schien ein feuriger Sporn zu sitzen, als wollte sich von innen eine weiß glühende Lanzenspitze durch seinen Schädel bohren. Und da begann sich das Seidenband tatsächlich zu bewegen, als würde eine unsichtbare Hand vorsichtig daran ziehen! Er sah es ganz deutlich, wie es sich in der Luft aufrichtete, sich spannte und langsam aus dem Knoten glitt. Er zog die Schleife auf – kraft seines Willens! Beatrice schien gar nicht geschlafen zu haben, denn sie spürte of fensichtlich, wie sich ihr Haarband zu lösen begann. »Lass den Unsinn, Heloise!«, hörte er sie sagen, während sie ihre Rechte zum Nacken hob, als wollte sie dort die Hand ihrer kleinen Schwester wegschlagen.
    Gerolt spürte die Berührung ihrer Hand am Seidenband, als hätte Beatrice ihm einen Schlag vor die Brust versetzt. Doch er bewahr te seine enorme Anspannung und Konzentration noch für einige Sekunden, obwohl ihm der glühende Punkt hinter seiner Stirn körperliche Schmerzen zu bereiten begann. Er wurde für die An strengung belohnt, denn nun öffnete sich die Schleife mit einem Ruck. Das Seidenband befreite sich völlig von der honigfarbenen Haarflut und hing einen Moment in der Luft. Dann vermochte Gerolt nicht länger, seine Kraft und Konzentrati on in dieser Intensität zu bündeln. Augenblicklich versiegte die geheimnisvolle Quelle in ihm. Der heiße Strom fiel wie ein Stroh feuer in sich zusammen, gleichzeitig erlosch auch der glühende Sporn hinter seiner Stirn und das Haarband fiel zu Boden. Er schöpft sank er gegen die Bordwand zurück, doch zugleich auch wie berauscht von dem überwältigenden Wissen, dass er etwas scheinbar Unmögliches vollbracht hatte! »Das finde ich überhaupt nicht lustig!« Ärgerlich rückte Beatrice von ihrer Schwester ab und fuhr zu ihr herum, während ihre Hand vergebens im Haar nach dem Band tastete. »Habe ich dir nicht ge sagt, dass du das lassen sollst?« Verschlafen richtete sich die kleine Heloise auf.

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