Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon

Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon

Titel: Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
Vom Netzwerk:
führte. Der dicke Kaufmann lehnte mit auf die Brust gesunkenem Kinn an der Bordwand und schien mit McIvor darum zu wetteifern, wer von ihnen am lautesten schnarchen konnte. Seinen Töchtern waren die Augen auch schon längst zugefallen. Die kleine Heloise hatte sich im Schlaf Schutz suchend an den Rücken ihrer älteren Schwester geschmiegt, die vor ihr mit angezogenen Beinen auf den harten Planken lag, und ihr eine Hand um die schlanke Taille gelegt. Gerolt fühlte sich nach den Strapazen des langen Tages, den sie zu einem Großteil im Kampf mit den Mamelucken bestritten hatten, nicht weniger erschöpft und schlafbedürftig. Aber der Schlaf wollte sich bei ihm dennoch nicht einstellen. Zu viel ging ihm durch den Kopf. Die Bilder der brennenden Stadt und der Tragödien, die sich auf dem Wasser vor dem Hafen abgespielt hatten, verfolgten ihn. Auch ließ ihm das Schicksal von Abbé Villard und seiner blinden Turkopolen keine Ruhe, deren Mut und Opferbereitschaft ihn ebenso mit Bewunderung wie mit einer Spur von Scham erfüllten. Besonders dass sie Dschullab vor der Kirche auf verlorenem Posten zurückgelassen und ihn damit den Iskaris ausgeliefert hatten, empfand er trotz der Vorhaltungen seiner Vernunft als Schande für einen Templer und es peinigte ihn wie ein Dorn in seinem Fleisch. Er grübelte, ob sie nicht besser daran getan hätten, sich gemeinsam den Judasjüngern im Kampf zu stellen. Unablässig kreisten seine Gedanken um immer dieselben Fragen. Und er wünschte, Abbé Villard wäre jetzt bei ihnen und er könnte mit ihm reden. Es gab doch noch so vieles, was sie in ihren Gesprächen nur kurz berührt hatten und was eingehender Erklärungen bedurft hätte! Denn je länger er darüber nachdachte, was für eine unfassbare Wendung ihr Leben in den letzten Wochen genommen hatte und welch eine ungeheure Verantwortung nun als Hüter des Heiligen Grals auf ihnen ruhte, desto mehr verlangte es ihn nach Vergewisserung, Beistand und Antworten. Doch nun lag alles allein in ihren Händen. Würde sich ihnen alles, was heute noch mystisches Geheimnis oder bestenfalls vage Ahnung war, eines Tages in aller Klarheit offenbaren, wenn in ihnen die besonderen Gnadengaben des Heiligen Geistes zu ihrer vollen Kraft gereift waren? Aber wann und wie mochte das geschehen? Der Abbé hatte von Jahren gesprochen, die darüber vergehen würden, und dass sie üben mussten Willensstärke und Körperkraft miteinander zu verbinden, um sich dieses Gottesgeschenk der außergewöhnlichen Begabung richtig zu eigen zu machen und es so beherrschen zu können, dass es ihrem Willen so geschickt und natürlich folgte, wie seine Hand nach jahrelanger Übung das Schwert zu führen vermochte. Aber wie sollte er sich denn darin einüben? Wie musste er das anstellen, dass die Saat des Heiligen Geistes in ihm aufbrach und sich entwickeln konnte? Willensstärke und Körperkraft waren doch nichts Greifbares, das er so einfach in die Hand nehmen konnte wie eine Lanze oder ein Schwert, um sich mit den Eigenschaften einer solchen Waffe vertraut zu machen und ihre geschickte Handhabung zu erlernen! Gerolt wünschte, Maurice wäre noch wach. Dann hätte er ihn jetzt fragen können, wie er es geschafft hatte, seine besondere Begabung in sich aufzuspüren und gezielt zu lenken, um zumindest mit den Fingerspitzen in den harten Marmor einzudringen. Fast war er versucht, ihn zu wecken. Aber dann entschied er sich dagegen, ahnte er doch, dass er den Weg dahin selber finden musste. Er brachte sich noch einmal die Worte von Abbé Villard in Erinne rung, die seiner Gnadengabe gegolten hatten. Was sich bewegt und sich doch nach seinem Willen im Dienste seines heiligen Amtes nicht bewegen soll, das möge in Stillstand verharren! Und was sich nicht be wegt und sich nach seinem Willen im Dienste seines heiligen Amtes doch bewegen soll, das möge seinem Befehl folgen! Es erschien ihm noch immer ungeheuerlich, dass er eines Tages wirklich über diese Fä higkeit gebieten sollte. Ihm war, als hörte er in seinem Innern plötzlich die Stimme des alten Gralsritters, die ihn aufforderte: »Warum zögerst du noch und hältst dich mit nutzlosem Grübeln auf, Gerolt? Du wirst nie herausfinden, was dir gegeben und vorbestimmt ist, wenn du nicht anfängst, davon Gebrauch zu machen! Beginne, dich darin zu üben!« »Also gut, dann versuche ich es!«, murmelte Gerolt vor sich hin und sah sich in seiner unmittelbaren Umgebung nach einem geeigneten Gegenstand um, an dem er sich versuchen

Weitere Kostenlose Bücher