Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon
sie. Ihre zahlenmäßige Übermacht war erdrückend. Gerolt erwehrte sich der Sarazenen mit seiner Gruppe an der linken, westlichen Flanke des Kampfgeschehens. Er sah, wie Theoderich von Ebersburg von einer feindlichen Lanze aufgespießt wurde, und auch Ludolf der Schweigsame fand im Gemetzel den Tod unter einem Krummsäbel, der ihm den Kopf vom Rumpf trennte. Wenig später gelangte der Großmeister zu der bitteren Einsicht, dass die Verluste unter seinen Kriegern nicht länger zu verantworten waren, und gab das Signal zum Rückzug. »Zurück, Gerolt!«, schrie Maurice ihm über den Lärm und die Trompetensignale hinweg zu. »Rückzug! . . . Rückzug!« Wild hieb Gerolt um sich, wurde jedoch plötzlich von mehreren Angreifern, die aus einer Zeltgasse stürmten, von seinen schon rückweichenden Kameraden getrennt. Als er sein Pferd herumriss, um wieder Anschluss an seine mittlerweile dezimierte Abteilung zu finden, geriet es zwischen die Spannseile eines Zeltes. Noch im Fallen bohrte sich eine Lanze in den Leib des Tieres. Wie von einem Katapult geschossen wurde Gerolt aus dem Sattel geschleudert. Der Aufprall war so hart, dass er dabei den schon halb zersplitterten Schild verlor. Seine rechte Hand hielt jedoch instinktiv mit aller Kraft den Schwertgriff umklammert, wusste er doch, dass er ohne seine Waffe verloren war. Er sah eine Lanze heranfliegen und warf sich gerade noch rechtzeitig herum. Das Wurfgeschoss bohrte sich keine halbe Armlänge neben seiner linken Schulter in den Boden und blieb dort mit zitterndem Schaft stecken. Im nächsten Augenblick war er schon wieder auf den Beinen und wehrte den Hieb eines Sarazenen ab, der ihn mit seiner Streitaxt ansprang. Mit einem blitzschnellen Gegenstich streckte er den Gegner nieder. Doch er machte sich keine Illusionen. Überall befanden sich seine Ordensbrüder auf dem Rückzug und er sah sich ohne rettendes Pferd zwischen den Zelten einem halben Dutzend Sarazenen gegenüber. Flucht war unmöglich, und mochte er auch noch so heldenhaft kämpfen, sein Schicksal war besiegelt! Was er nicht sah, war, dass Maurice seine hoffnungslose Lage erkannte und den Befehl zum Rückzug ignorierte. Er hatte zu seiner Rechten in einer Gruppe zurückströmender Templer in der Nachhut Tarik und den Schotten McIvor von Conneleagh erblickt, die gerade dem Befehl zum Rückzug folgen wollten. »Tarik, wir müssen Gerolt heraushauen!«, brüllte er dem Levantiner zu. »Er ist von Ungläubigen umzingelt!« Tarik zögerte nicht eine Sekunde. Sofort löste er sich aus seiner Abteilung und schrie zurück: »Ich komme! Halte aus, Gerolt! Wir lassen dich nicht im Stich!« Auch McIvor von Conneleagh brauchte nicht lange zu überlegen. »Verflucht soll ich sein, wenn ich zulasse, dass ein Ordensbruder vor meinen Augen in Stücke gehauen wird, solang in mir noch ein Funken Leben ist!«, stieß er hervor und gab seinem Pferd die Sporen. Maurice, Tarik und der Schotte galoppierten durch die Zeltgasse. Und wer von den sich ihnen entgegenstellenden Sarazenen nicht unter ihren Schwertern fiel, der wurde von ihren gepanzerten Pferden wie von einer Walze erfasst und niedergerissen. McIvor von Conneleagh gelangte als Erster in den Rücken der Krieger, die Gerolt niederzukämpfen versuchten. Er sprang aus dem Sattel, um Raum für seinen Bidenhänder zu haben. Wie ein Todesengel kam er über die Sarazenen, schwang unter wüstem Gebrüll seine fürchterliche Waffe und hieb eine blutige Lücke in die Reihe der Feinde. Und dann waren auch schon Maurice und Tarik heran. Gerolt schöpfte neue Hoffnung, diese Nacht vielleicht doch noch zu überleben. Aber er und seine Kameraden wussten, dass sie inzwischen auf verlorenem Posten standen. Wenn sie noch eine Chance haben wollten, mit heiler Haut nach Akkon zurückzukommen, durften sie keinen Augenblick länger warten. »Wir müssen zurück!«, schrie Tarik, als der letzte Sarazene in ihrer unmittelbaren Nähe unter seinem Schwert gefallen war. »Gleich werden wir alle umzingelt sein, wenn wir nicht augenblicklich die Flucht antreten!« »Ich nehm ihn mit auf mein Pferd!«, bot McIvor von Conneleagh an und ließ den Bidenhänder fallen, der jetzt nur noch ein hinderlicher Ballast war. Sollten sie eingekesselt werden und es zu ei nem letzten Kampf kommen, blieb ihm noch immer das Kurzschwert, das er an der Seite trug. Mit einer Flinkheit, die man einem Mann von seiner hünenhaften Gestalt kaum zugetraut hätte, sprang er auf seinen bunt gescheckten Hengst und streckte
Weitere Kostenlose Bücher