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Die Bruderschaft

Die Bruderschaft

Titel: Die Bruderschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Leuten Angst machen und wir werden Geld einsammeln.«
    Lake erhob sich abermals, ging auf und ab, strich sich über das Haar, rieb sich das Kinn und versuchte, einen klaren Kopf zu bekommen. »Ich habe eine Menge Fragen«, sagte er.
    »Vielleicht kann ich einige davon beantworten. Lassen Sie uns morgen noch einmal darüber sprechen, hier, um dieselbe Zeit. Überschlafen Sie es, Mr. Lake. Die Zeit drängt, aber ich finde, vor einer solchen Entscheidung sollte man vierundzwanzig Stunden Bedenkzeit haben.« Teddy rang sich ein Lächeln ab.
    »Es ist ein faszinierendes Angebot. Ich werde darüber nachdenken. Morgen gebe ich Ihnen meine Antwort.«
    »Und übrigens: Niemand weiß von unserer kleinen Unterhaltung.«
    »Natürlich nicht.«

DREI
    Die Abteilung für juristische Fachliteratur nahm genau ein Viertel der Fläche der gesamten Bibliothek in Trumble ein. Sie befand sich in einer Ecke, die mit Glas und einer unverputzten Ziegelsteinmauer abgetrennt war. Das Ganze war sehr geschmackvoll ausgeführt und mit Steuergeldern bezahlt worden. In dieser juristischen Bibliothek waren Regale voller häufig benutzter Bücher so dicht aneinander aufgestellt, dass man sich kaum dazwischen hindurchzwängen konnte. Entlang der Wände standen Tische mit Schreibmaschinen, Computern und so vielen Bergen von Papier, dass man sich in eine große Kanzlei versetzt fühlte.
    In der juristischen Bibliothek regierte die Bruderschaft. Selbstverständlich stand der Raum allen Insassen zur Verfügung, doch es gab ein ungeschriebenes Gesetz, das besagte, dass man die Erlaubnis der Richter brauchte, um sich dort aufzuhalten. Nun ja, vielleicht musste man sie nicht gerade um Erlaubnis fragen - aber wenigstens in Kenntnis setzen.
    Richter Joe Roy Spicer aus Mississippi bekam vierzig Cent pro Stunde dafür, dass er den Boden fegte und die Tische und Regale in Ordnung hielt. Er leerte auch die Papierkörbe und stand in dem Ruf, diese niederen Arbeiten äußerst nachlässig zu verrichten. Richter Hatlee Beech aus Texas war offiziell der Bibliothekar der juristischen Abteilung und wurde mit fünfzig Cent pro Stunde am besten bezahlt. Er wachte mit Argusaugen über »seine Bücher« und stritt sich oft mit Spicer über dessen Arbeitsauffassung. Richter Finn Yarber, ehemals Oberrichter am Obersten Gerichtshof von Kalifornien, bekam als Computertechniker zwanzig Cent pro Stunde. Sein Lohn war deshalb so niedrig, weil er so wenig von Computern verstand.
    Gewöhnlich verbrachten die drei sechs bis acht Stunden täglich in der juristischen Bibliothek. Wenn einer der Insassen ein juristisches Problem hatte, vereinbarte er einfach einen Termin mit einem der Richter und suchte ihn dort auf. Hatlee Beech war Experte für Strafmaße und Berufungen. Finn Yarber kümmerte sich um Konkursverfahren, Scheidungen und Sorgerechtsfragen. Joe Roy Spicer besaß keine formale juristische Ausbildung und hatte daher auch kein Spezialgebiet. Er wollte kein Spezialgebiet. Er schrieb die Briefe.
    Strenge Regeln verboten es den Richtern, für ihre Beratungen ein Honorar zu verlangen, doch strenge Regeln bedeuteten wenig. Immerhin waren sie ja alle verurteilte Verbrecher, und wen störte es schon, wenn sie ein bisschen nebenbei verdienten? Am meisten brachten die Strafmaße ein. Bei etwa einem Viertel der Neuankömmlinge in Trumble enthielt die Urteilsbegründung juristische Fehler. Beech konnte sich eine Akte über Nacht vornehmen und etwaige Schlupflöcher finden. Vor einem Monat war es ihm gelungen, für einen jungen Mann, der fünfzehn Jahre bekommen hatte, vier Jahre herauszuschinden. Dessen Familie hatte nur zu gern bezahlt, und so hatte die Bruderschaft ihr bisher höchstes Honorar verdient: 5000 Dollar. Spicer hatte über ihren Anwalt in Neptune Beach eine Überweisung auf ihr geheimes Konto arrangiert.
    Am hinteren Ende der juristischen Bibliothek befand sich ein kleines Besprechungszimmer, dessen verglaste Tür hinter Regalen verborgen und daher vom Hauptsaal aus kaum zu sehen war. Es interessierte sich ohnehin niemand dafür, was dort geschah. In diesen Raum zogen sich die Richter zurück, wenn sie vertrauliche Dinge zu besprechen hatten. Sie nannten ihn das Richterzimmer.
    Spicer hatte soeben Besuch von ihrem Anwalt gehabt, der ihm Post gebracht hatte - ein paar wirklich erfreuliche Briefe. Er schloss die Tür, zog einen Umschlag aus einem Schnellhefter und zeigte ihn Beech und Yarber. »Gelb«, sagte er. »Ist das nicht hübsch? Ein Brief für Ricky.«
    »Von wem?«

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