Die Bruderschaft
ein Besuchsrecht hatten.
Jack Argrow war Roger Lyter. Er hatte ein Jurastudium in Texas absolviert und arbeitete seit dreizehn Jahren für die CIA. Wilson Argrow, dessen wirklicher Name Kenny Sands war, hatte er noch nie in seinem Leben gesehen. Die beiden schüttelten sich die Hände und begrüßten einander, während Link den Pappkarton, der auf dem Tisch stand, misstrauisch beäugte.
»Was ist da drin?« wollte er wissen.
»Meine Gerichtsakte«, sagte Wilson.
»Papierkram«, sagte Jack.
Link hob den Deckel ab und blätterte flüchtig in den Unterlagen. Die Überprüfung war nach wenigen Sekunden beendet, und er verließ den Raum.
Wilson schob ein Blatt Papier über den Tisch und sagte: »Das ist die Erklärung. Überweis das Geld an die Bank in Panama und bring mir die schriftliche Bestätigung, damit ich sie ihnen zeigen kann.«
»Abzüglich zehn Prozent.«
»Ja, das sollen sie glauben.«
Man hatte sich nicht an die Geneva Trust Bank in Nassau gewendet. Das wäre nicht nur sinnlos, sondern auch riskant gewesen. Keine Bank der Welt hätte unter diesen Umständen einen Transfer vorgenommen, und hätte Argrow versucht, die Überweisung zu veranlassen, so hätte man mit Sicherheit peinliche Fragen gestellt.
Das Geld, das nach Panama unterwegs war, stammte aus den Kassen der CIA.
»Langley macht Druck«, sagte der Anwalt.
»Ich bin dem Zeitplan voraus«, sagte der Banker.
Der Karton wurde auf dem Tisch in der juristischen Abteilung der Bibliothek ausgepackt. Beech und Yarber sahen den Inhalt durch, während Argrow, ihr neuer Mandant, mit gespieltem Interesse dabei stand. Spicer hatte Besseres zu tun. Er war mitten in seinem wöchentlichen Pokerspiel.
»Wo ist die Urteilsbegründung?« fragte Beech und blätterte in dem Stapel. »Ich brauche die Anklageschrift«, murmelte Yarber.
Sie fanden, was sie gesucht hatten, und machten es sich für einen langen Nachmittag in ihren Sesseln bequem. Beechs Wahl war langweilig, Yarbers Lektüre dagegen erwies sich als ausgesprochen interessant.
Die Anklageschrift las sich wie ein Kriminalroman. Argrow hatte zusammen mit sieben anderen Bankangestellten, fünf Buchhaltern, fünf Börsenmaklern, zwei Anwälten, elf Männern, die nur als Drogenhändler bezeichnet wurden, sowie sechs Herren aus Kolumbien ein kompliziertes Unternehmen organisiert und unterhalten, mit dem aus Drogengeschäften stammendes Bargeld in legale Geldanlagen umgewandelt worden war. Mindestens 400 Millionen Dollar waren gewaschen worden, bevor es gelungen war, den Ring zu infiltrieren, und es hatte den Anschein, als sei Argrow eine der Schlüsselfiguren gewesen. Yarber bewunderte seine Gerissenheit. Wenn auch nur die Hälfte der Anschuldigungen stimmte, war Argrow ein sehr findiger und talentierter Finanzjongleur.
Die Stille begann Argrow zu langweilen, und er verließ den Raum und machte einen
Spaziergang über das Gefängnisgelände. Als Yarber mit seiner Lektüre fertig war, unterbrach er Beech und ließ ihn die Anklageschrift lesen. Auch Beech war angetan. »Er muss irgendwo etwas von diesem Geld gebunkert haben«, sagte er.
»Klar«, stimmte Yarber ihm zu. »Vierhundert Millionen Dollar - und das ist nur der Teil, den sie aufgespürt haben. Was meinst zu seinem Berufungsantrag?«
»Sieht nicht gut aus. Der Richter hat den Ermessensspielraum nicht überschritten. Ich kann keinen Fehler finden.«
»Armer Kerl.«
»Ach was, armer Kerl! Er kommt vier Jahre früher raus als ich!«
»Das glaube ich nicht, Mr. Beech. Wir haben unser letztes Weihnachtsfest im Gefängnis verbracht.«
»Meinst du wirklich?« fragte Beech.
»Allerdings.«
Beech legte die Anklageschrift auf den Tisch, stand auf, reckte sich und begann auf und ab zu gehen. »Die Antwort müsste schon längst hier sein«, sagte er leise, obgleich außer ihnen niemand im Raum war.
»Geduld.«
»Aber die Vorwahlen sind fast vorbei. Er ist die meiste Zeit wieder in Washington. Er hat den Brief schon seit einer Woche.«
»Er kann ihn nicht ignorieren. Er überlegt, was er tun soll, das ist alles.«
Die nächste Aktennotiz von der Strafvollzugsbehörde in Washington verblüffte den Gefängnisdirektor. Wer von diesen Sesselfurzern da oben hatte eigentlich nichts Besseres zu tun, als auf die Karte der Bundesgefängnisse zu sehen und sich zu überlegen, welchen Direktor er denn heute mal ärgern könnte? Er hatte einen Bruder, der als Gebrauchtwagenhändler 150000 Dollar im Jahr nach Hause brachte, während er als Gefängnisdirektor
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