Die Bruderschaft
ganz andere«, vertraute er den Zuschauern an. Da es keine Fernsehbilder von der Katastrophe gab, war die Kamera gezwungen, den Reporter zu zeigen, und da er nichts zu berichten hatte, schwafelte er von den Gefahren des Nahen Ostens, als wäre das die neueste Nachricht und als wäre er der Mann vor Ort, der sie der Welt verkündete.
Lufkin rief gegen 20 Uhr Washingtoner Zeit an, um Teddy zu sagen, der amerikanische Botschafter in Ägypten sei nicht auffindbar, und man befürchte, dass er sich unter den Trümmern befinde. Das jedenfalls sei gerüchteweise durchgesickert. Während er mit Lufkin sprach, betrachtete Teddy den stummen Bildschirm mit dem hilflosen Reporter; auf einem zweiten Bildschirm lief Lakes Terror-Spot. Dort sah man die Trümmer, die Zerstörung, die Leichen, die Terroristen eines anderen Anschlags und dann Aaron Lake, der mit warmer, aber ernster Stimme Rache gelobte.
Was für ein perfektes Timing, dachte Teddy. Gegen Mitternacht wurde Teddy von einem Assistenten geweckt, der ihm Zitronentee und ein vegetarisches Sandwich brachte. Wie so oft hatte er im Rollstuhl geschlafen. Die mit Bildschirmen bestückte Wand zeigte Fernsehbilder, doch der Ton war abgeschaltet. Als der Assistent gegangen war, drückte Teddy eine Taste und hörte zu.
Über Kairo war inzwischen die Sonne aufgegangen. Der Botschafter war noch nicht gefunden worden und man nahm an, dass er irgendwo unter den Trümmern begraben war.
Teddy hatte den Botschafter nie kennen gelernt. Der Mann war ohnehin vollkommen unbekannt, wurde jedoch von den aufgeregt berichtenden Reportern als großer Amerikaner verherrlicht. Sein Tod berührte Teddy nicht sonderlich, würde aber der Kritik an der CIA neuen Aufwind geben. Er war jedoch auch ein Beleg für die besondere Niedertracht dieses Anschlags und das wiederum konnte Aaron Lake nur recht sein.
Bislang waren einundsechzig Opfer geborgen worden. Die ägyptischen Behörden machten Yidal verantwortlich. Er war der Hauptverdächtige, weil seine kleine Armee in den vergangenen sechzehn Monaten drei westliche Botschaften in die Luft gesprengt und er offen zum Krieg gegen die Vereinigten Staaten aufgerufen hatte. Dem aktuellen CIA-Dossier über Yidal war zu entnehmen, dass er über dreißig Mann und etwa fünf Millionen Dollar jährlich verfügte, die hauptsächlich aus libyschen und saudiarabischen Quellen stammten. Der Presse gegenüber ließ man allerdings durchblicken, dass ihm tausend Mann und unbegrenzte Mittel zu Gebote standen. Außerdem sei er entschlossen, unschuldige Amerikaner zu terrorisieren.
Die Israelis wussten, was Yidal zum Frühstück aß und wo er es zu sich nahm. Sie hätten ihn ein Dutzend Mal fangen können, doch bisher hatte er seinen kleinen Krieg nicht gegen sie geführt. Solange er Amerikaner und Westeuropäer tötete, hatten die Israelis kein echtes Interesse daran, ihn auszuschalten. Immerhin profitierte Israel ja vom Hass des Westens auf radikale Muslims.
Teddy aß das Sandwich langsam und schlief dann noch ein wenig. Gegen Mittag Kairoer Zeit rief Lufkin an und berichtete, die Leichen des Botschafters und seiner Frau seien inzwischen geborgen worden. Die Zahl der Opfer war auf vierundachtzig gestiegen; bis auf elf waren es Amerikaner.
Die Kameras fanden Lake vor einer Fabrik in Marietta, Georgia, wo er vor Tagesanbruch den Arbeitern beim Schichtwechsel die Hände schüttelte. Als man ihn auf die Ereignisse in Kairo ansprach, sagte er: »Vor sechzehn Monaten haben dieselben Terroristen zwei unserer Botschaften in die Luft gesprengt und dreißig Amerikaner ermordet und wir haben nichts unternommen, um sie zur Rechenschaft zu ziehen. Sie sind ungeschoren davongekommen, weil wir nicht entschlossen zurückgeschlagen haben. Wenn ich Präsident der Vereinigten Staaten bin, werden wir diesen Verbrechern den Krieg erklären und dem Morden ein Ende setzen.«
Starke Worte. Sie wirkten ansteckend, und als Amerika erwachte und mit den schrecklichen Nachrichten aus Kairo konfrontiert wurde, bekam das Land aus dem Mund der anderen sieben Kandidaten einen aggressiven Chor von Drohungen und Ultimaten zu hören. Selbst die Gemäßigteren klangen jetzt wie Revolverhelden.
ELF
In Iowa schneite es wieder: ein beständiges Wirbeln von Schneeflocken, die sich auf den Straßen und Bürgersteigen in Matsch verwandelten und Quince Garbe mit neuerlicher Sehnsucht nach einem Strand erfüllten. Auf der Main Street zog er den Schal vor das Gesicht, wie um sich vor dem Schnee zu schützen,
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