Die Bruderschaft
recht bei der Sache. Die Kellnerin von gestern brachte ihm einen neuen Drink. Er klappte das Handy zusammen, versteckte die Augen hinter einer Sonnenbrille und versuchte, alles noch einmal durchzurechnen, doch in dem Raum zwischen seinen Ohren herrschte eine wunderbare Trägheit.
In einem einzigen Monat hatte er 80000 Dollar eingenommen, steuerfrei. Ob es so weiter gehen würde? Wenn ja, dann hatte er in einem Jahr eine Million. Dann konnte er seine Kanzlei und das, was von seiner Karriere übrig war, hinter sich lassen, ein kleines Boot kaufen und losfahren.
Zum ersten Mal schien es ihm, als könnte dieser Traum Wirklichkeit werden. Er sah sich am Ruder stehen, ohne Hemd, barfuss, ein kaltes Bier in Reichweite, wie er von St. Barts nach St. Kitts glitt, von Nevis nach St. Lucia, von einer Insel zu tausend anderen, das Großsegel vom Wind gebläht - und weit und breit nichts, über das er sich Sorgen machen musste. Er schloss die Augen und seine Sehnsucht wurde noch größer.
Sein eigenes Schnarchen weckte ihn. Die leicht bekleidete Kellnerin stand in der Nähe. Er bestellte einen Rum und sah auf die Uhr.
Zwei Tage später war er, mit gemischten Gefühlen, wieder in Trumble. Einerseits wollte er die Post abholen, damit die Sache weiter lief und Geld hereinkam, andererseits war er reichlich spät dran und Richter Spicer würde ungehalten sein.
»Wo zum Teufel hast du gesteckt?« fuhr Spicer ihn an, sobald der Wärter das Anwaltszimmer verlassen hatte. Alle Welt schien Trevor diese Frage zu stellen. »Deinetwegen hab ich drei Spiele verpasst, und alle hätte ich richtig getippt.«
»Ich war auf den Bahamas. Wir haben hunderttausend von Curtis aus Dallas.«
Diese Nachricht verbesserte Spicers Stimmung deutlich. »Und du hast drei Tage gebraucht, um eine Überweisung auf die Bahamas zu checken?«
»Ich musste mich mal ein paar Tage ausruhen. Und ich wusste nicht, dass ich verpflichtet bin, jeden Tag hierher zu kommen.«
Spicers Laune wurde immer besser. Er war um 22 000 Dollar reicher und die Beute war gut versteckt, an einem sicheren Ort. Als er dem Anwalt das Bündel aus hübschen pastellfarbenen Umschlägen reichte, dachte er darüber nach, wie er das Geld ausgeben würde.
»Ihr wart ja ganz schön fleißig«, sagte Trevor und nahm die Briefe. »Irgendwelche Beschwerden? Du verdienst an der Sache mehr als wir.«
»Ich hab ja auch mehr zu verlieren als ihr.«
Spicer reichte ihm einen Zettel. »Ich hab dir hier zehn Spiele aufgeschrieben. Setz fünfhundert Dollar auf jedes.«
Toll, dachte Trevor. Wieder ein langes Wochenende bei Pete’s, wo er sich ein Spiel nach dem anderen würde ansehen müssen. Na ja, es gab Schlimmeres. Sie spielten Blackjack um einen Dollar pro Spiel, bis der Wärter kam und sagte, die Zeit sei um.
Trevors zunehmend häufigere Besuche waren Gegenstand von Besprechungen zwischen dem Gefängnisdirektor und seinen Vorgesetzten in der Strafvollzugsbehörde in Washington gewesen. Man hatte Aktenvermerke angelegt. Man hatte Einschränkungen erwogen und wieder verworfen. Schließlich waren die Besuche im Gefängnis vollkommen nutzlos und außerdem wollte der Direktor die Bruderschaft nicht gegen sich aufbringen. Wozu einen Streit vom Zaun brechen?
Der Anwalt war harmlos. Sie telefonierten mit ein paar Leuten in Jacksonville und kamen zu dem Schluss, dass Trevor im Grunde ein Niemand war und die Richter wahrscheinlich nur deshalb so oft besuchte, weil er nichts Besseres zu tun hatte.
Das Geld verlieh Beech und Yarber neuen Schwung. Aber es auszugeben setzte natürlich voraus, dass sie an das Geld herankamen, und das wiederum setzte voraus, dass sie das Gefängnis eines Tages als freie Männer verlassen würden, die mit ihrem - im Augenblick rasch wachsenden - Vermögen tun und lassen konnten, was sie wollten.
Da er rund 50000 Dollar auf der Bank hatte, befasste Yarber sich mit dem Problem, das Geld zweckmäßig anzulegen. Er sah keinen Sinn darin, nur fünf Prozent jährlich zu kassieren, auch wenn diese Renditen steuerfrei waren. Irgendwann demnächst würde er sein Geld in Papieren mit rapidem Wachstum anlegen, bevorzugt aus dem fernöstlichen Wirtschaftsraum. Asien würde wieder boomen und sein kleines Paket mit schmutzigem Geld würde dabei sein und an dem Segen teilhaben. Er hatte noch fünf Jahre, und wenn sein Geld ihm bis dahin zwölf bis fünfzehn Prozent brachte, würde er diese 50000 Dollar fast verdoppelt haben. Kein schlechter Start für einen Mann von 65, der dann
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