Die Bruderschaft
zeigen uns die Briefe. Sie zeigen uns alles. Wenn das Zeug in einem Schnellhefter oder einer Schachtel oder an irgendeinem geheimen Ort aufbewahrt ist, wollen wir es sehen. Wenn wir haben, was wir brauchen, werden wir so schnell, wie wir gekommen sind, wieder verschwinden und Sie werden nie erfahren, wer wir sind und wen wir schützen.«
»Und Sie werden das Geheimnis bewahren?«
»Absolut.«
»Wir haben keinen Grund, irgendjemandem von Ihnen zu erzählen«, sagte Wes.
»Können Sie ihn dazu bringen aufzuhören?« fragte Quince und starrte sie an.
Chap und Wes sahen einander an. Bisher war alles wie am Schnürchen gelaufen, doch auf diese Frage gab es keine eindeutige Antwort. »Wir können nichts versprechen, Mr. Garbe«, sagte Wes. »Aber wir werden unser Bestes tun, diesem Ricky Manieren beizubringen. Er belästigt, wie gesagt, auch unseren Klienten.«
»Sie müssen mich ebenfalls beschützen.«
»Wir werden tun, was wir können.«
Quince stand unvermittelt auf, beugte sich vor und legte die Hände flach auf den Tisch. »Dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig«, sagte er. Er rührte den Umschlag mit dem Geld nicht an, sondern trat an einen antiken verglasten Schrank, in dem zahlreiche alte Bücher standen. Mit einem Schlüssel öffnete er den Schrank und mit einem anderen eine kleine, versteckte Kassette auf dem zweiten Brett von unten. Vorsichtig entnahm er ihr einen dünnen Schnellhefter, den er behutsam neben den Geldumschlag legte.
Gerade als er den Schnellhefter aufschlug, quäkte eine hohe, schrille Stimme durch die Gegensprechanlage. »Mr. Garbe, Ihr Vater möchte Sie sofort sprechen.«
Quince schrak entsetzt zusammen. Er erbleichte und sein Gesicht verzerrte sich in Panik.
»Äh, sagen Sie ihm, dass ich in einer Besprechung bin«, antwortete er und versuchte erfolglos, bestimmt zu klingen.
»Sagen Sie es ihm«, antwortete seine Sekretärin und schaltete die Sprechanlage ab.
»Entschuldigen Sie mich«, sagte er und rang sich ein Lächeln ab. Er nahm den Hörer, wählte eine dreistellige Nummer und wandte Chap und Wes den Rücken zu, damit sie nicht hörten, was er sagte.
»Dad, ich bin’s. Was ist los?« fragte er mit gesenktem Kopf.
Es trat eine lange Pause ein, in der sein Vater ihm allerlei zu sagen hatte.
»Nein, nein, sie sind nicht von der Bundesbank. Sie sind, äh, Anwälte aus Des Moines und vertreten die Familie eines alten Kommilitonen.« › ,
Eine kürzere Pause.
»Äh, Franklin Delaney. Du erinnerst dich wahrscheinlich nicht an ihn. Er ist vor vier Monaten gestorben, ohne ein Testament zu hinterlassen. Ein ziemliches Durcheinander. Nein, Dad, es hat nichts mit der Bank zu tun.«
Er legte auf. Nicht schlecht gelogen. Die Tür war verschlossen. Das war im Augenblick das Wichtigste.
Wes und Chap erhoben sich, traten gemeinsam an den Schreibtisch und beugten sich vor, als Quince den Schnellhefter aufschlug. Das Erste, worauf ihr Blick fiel, war das Foto, das mit einer Büroklammer an der Innenklappe befestigt war. Wes zog es vorsichtig heraus und sagte: »Und so sieht Ricky angeblich aus?«
»Ja«, sagte Quince. Er schämte sich, war aber entschlossen, diese Sache durchzustehen.
»Ein gut aussehender junger Mann«, sagte Chap, als betrachteten sie das Ausklappfoto in einer Ausgabe des Playboy. Alle drei fühlten sich sogleich sehr unbehaglich.
»Sie wissen, wer Ricky ist, nicht?« fragte Quince. »Ja.«
»Sagen Sie es mir.«
»Nein, das gehört nicht zu unserer Abmachung.«
»Warum wollen Sie es mir nicht sagen? Ich gebe Ihnen doch alles, was Sie wollen.«
»Weil wir etwas anderes vereinbart haben.«
»Ich will den Scheißkerl umbringen.«
»Entspannen Sie sich, Mr. Garbe. Wir haben eine Abmachung. Sie kriegen das Geld,
wir kriegen Ihre Briefe und keinem passiert etwas.«
»Fangen wir noch mal von vorn an«, sagte Chap und musterte den leidenden, mitgenommenen kleinen Mann in dem zu großen Drehsessel. »Wie hat diese Sache angefangen?«
Quince kramte in dem Schnellhefter und zog ein dünnes Magazin hervor. »Das habe ich in einer Buchhandlung in Chicago gekauft«, sagte er und drehte das Heft um, damit sie den Titel lesen konnten. Es hieß Out and About und bezeichnete sich als Zeitschrift für erwachsene Männer mit besonderen Ansprüchen. Er ließ sie das Titelblatt betrachten und blätterte dann zu den hinteren Seiten. Wes und Chap berührten die Zeitschrift nicht, nahmen aber vom Inhalt so viel wie möglich auf. Sehr wenige Bilder, viel klein gedruckter
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