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Die Bruderschaft

Die Bruderschaft

Titel: Die Bruderschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Text. Es handelte sich keineswegs um Pornografie.
    Auf Seite 46 befanden sich einige Kleinanzeigen. Eine davon war rot angestrichen. Sie lautete:

    Attr. Mann, weiß, Mitte 20, sucht Brieffreundschaft mit liebevollem, diskretem Herrn, Anf. 40 bis Ende 50

    Wes und Chap beugten sich vor, um sie zu lesen, und richteten sich dann gleichzeitig wieder auf. »Und auf diese Anzeige haben Sie geantwortet?« fragte Chap.
    »Ja. Ich habe einen kurzen Brief geschrieben und zwei Wochen später bekam ich eine Antwort von Ricky.«
    »Haben Sie eine Kopie Ihres Briefes?«
    »Nein, ich mache keine Kopien. Nichts, was in diesem Schnellhefter ist, hat dieses Zimmer verlassen. Ich hatte Angst, hier in der Bank Kopien zu machen.«
    Wes und Chap runzelten ungläubig und enttäuscht die Stirn. Mit was für einem Idioten hatten sie es hier zu tun?
    »Tut mir Leid«, sagte Quince. Am liebsten hätte er das Geld eingesteckt, bevor sie es sich anders überlegten.
    Um die Sache in Gang zu halten, nahm er Rickys ersten Brief und hielt ihnen den hin. »Legen Sie ihn einfach auf den Tisch«, sagte Wes und dann beugten sie sich wieder vor und lasen ihn, ohne ihn zu berühren. Quince fiel auf, dass sie sehr langsam und mit äußerster Konzentration lasen. Er konnte wieder klarer denken und sah einen leisen Hoffnungsschimmer. Wie schön, dass er das Geld hatte und nicht unter falschen Vorspiegelungen einen weiteren Kredit aufnehmen und einen Haufen Lügen erfinden musste, um den wahren Verwendungszweck zu verschleiern. Und außerdem hatte er jetzt Verbündete, nämlich Wes und Chap und alle möglichen anderen Leute, die Ricky unschädlich machen wollten. Sein Herz raste nicht mehr und er atmete langsamer.
    »Den nächsten Brief, bitte«, sagte Chap.
    Quince legte sie nacheinander auf den Tisch, einen neben den anderen: drei lavendelfarbene, einen hellblauen, einen gelben, allesamt in Druckbuchstaben geschrieben von jemandem, der viel Zeit hatte. Wenn sie eine Seite durchgelesen hatten, drehte Chap sie mit einer Pinzette um. Sie berührten das Papier kein einziges Mal.
    Das Eigenartige an diesen Briefen, flüsterten Wes und Chap einander viel später zu, war, dass sie so überzeugend wirkten. Ricky war ein gequälter, leidender junger Mann, der sich nach jemandem sehnte, mit dem er sprechen konnte. Er war sympathisch und Mitleid erregend. Und er war voller Hoffnung, denn er hatte das Schlimmste hinter sich und würde bald in die Freiheit entlassen werden, wo er sich neue Freunde suchen würde. Die Briefe waren hervorragend geschrieben!
    Nach einem langen Schweigen sagte Quince: »Ich muss mal telefonieren.« ,
    »Mit wem?«
    »Geschäftlich.«
    Wes und Chap sahen einander zweifelnd an und nickten dann. Quince ging mit dem Telefonapparat zur Anrichte und sah hinaus auf die Main Street, während er mit einem anderen Bankier sprach.
    Irgendwann begann Wes, sich Notizen zu machen - zweifellos für das Kreuzverhör, das sie anstellen wollten. Quince stand am Bücherschrank und versuchte, eine Zeitung zu lesen und die Tatsache zu ignorieren, dass dieser Fremde sich Notizen machte. Er war jetzt ganz ruhig und dachte so methodisch wie möglich nach. Er dachte darüber nach, was er tun würde, wenn diese beiden Typen gegangen waren.
    »Haben Sie die hunderttausend Dollar überwiesen?« fragte Chap.
    »Ja.«
    Wes, derjenige mit dem grimmigeren Gesicht, sah ihn verächtlich an, als wollte er sagen: Was für ein Trottel!
    Sie lasen weiter in den Briefen, machten sich Notizen und flüsterten miteinander.
    »Wie viel Geld hat Ihr Klient ihm geschickt?« fragte Quince nur so zum Spaß.
    Wes machte ein noch grimmigeres Gesicht. »Das können wir nicht sagen.«
    Quince war nicht überrascht. Diese Burschen hatten keinen Sinn für Humor.
    Nach einer Stunde setzten sie sich wieder und Quince nahm in seinem Bankiers-Drehsessel Platz.
    »Nur noch ein paar Fragen«, sagte Chap und da wusste Quince, dass es jetzt noch mindestens eine Stunde dauern würde.
    »Wie haben Sie diese Schwulen-Kreuzfahrt gebucht?«
    »Das steht doch in dem Brief da. Der Kerl hat mir den Namen und die Telefonnummer eines Reisebüros in New York genannt. Ich hab dort angerufen und das Geld überwiesen. Es war ganz einfach.«
    »Einfach? Haben Sie so was schon mal gemacht?«
    »Wollen wir uns jetzt über mein Sexleben unterhalten?«
    »Nein.«
    »Dann wollen wir doch beim Thema bleiben«, sagte Quince affektiert und fühlte sich wieder besser. Für einen Augenblick kochte der Bankier in ihm. Dann

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