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Die Bruderschaft

Die Bruderschaft

Titel: Die Bruderschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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fiel ihm etwas ein, das er einfach nicht für sich behalten konnte. Ohne den Anflug eines Lächelns sagte er: »Die Kreuzfahrt ist immer noch bezahlt. Wollen Sie die Tickets vielleicht übernehmen?«
    Zum Glück lachten sie. Es war ein kurzes Aufblitzen von Humor, dann setzten sie die Vernehmung fort. »Haben Sie nicht daran gedacht, einen anderen Namen zu benutzen?«
    »Doch, natürlich. Es war dumm, dass ich es nicht getan habe. Aber ich hatte so was noch nie gemacht. Ich dachte, der Typ sei ehrlich. Er ist in Florida und ich sitze hier tief in der Provinz, in lowa. Der Gedanke, er könnte ein Betrüger und Erpresser sein, ist mir nie gekommen.«
    »Wir müssen das ganze Zeug kopieren«, sagte Wes.
    »Das könnte ein Problem sein.«
    »Warum?«
    »Wo wollen Sie das kopieren?«
    »Gibt es in der Bank kein Kopiergerät?«
    »Natürlich, aber Sie werden diese Briefe nicht hier kopieren.«
    »Dann gehen wir eben in einen Copy Shop.«
    »Wir sind in Bakers. Hier gibt es keinen Copy Shop.«
    »Gibt es denn ein Geschäft für Büromaterial?«
    »Ja, und der Besitzer schuldet der Bank achtzigtausend Dollar. Im Rotary Club ist er mein Tischnachbar. Sie werden diese Briefe nicht dort kopieren. Ich will nicht damit in Verbindung gebracht werden.«
    Wes und Chap sahen erst einander und dann Quince an. »Na gut«, sagte Wes. »Ich bleibe hier bei Ihnen und Chap macht sich auf die Suche nach einem Kopierer.«
    »Wo?«
    »Im Drugstore.«
    »Sie haben den Drugstore gefunden?«
    »Ja. Wir brauchten Pinzetten.«
    »Der Kopierer dort ist zwanzig Jahre alt.«
    »Nein, die haben einen neuen.«
    »Aber Sie müssen vorsichtig sein. Der Inhaber ist ein Cousin zweiten Grades meiner Sekretärin. Bakers ist eine kleine Stadt.«
    Chap nahm den Schnellhefter und ging zur Tür. Es klickte laut, als er sie aufschloss, und als er sie öffnete, richteten sich sogleich viele Augen auf ihn. Am Schreibtisch der Sekretärin standen mehrere ältere Frauen, die dort eigentlich gar nichts zu suchen hatten. Als Chap durch die Tür trat, erstarrten sie und musterten ihn. Auch der alte Mr. Garbe war in der Nähe, hielt ein Hauptbuch in der Hand und tat, als wäre er sehr beschäftigt. In Wirklichkeit trieb ihn die reine Neugier. Chap nickte ihnen freundlich zu und schlenderte hinaus, wobei er an praktisch jedem Angestellten der Bank vorbeikam.
    Es klickte abermals laut, als Quince die Tür wieder verschloss, bevor irgendjemand hereinkommen konnte. Er und Wes unterhielten sich ein paar Minuten lang unbeholfen über dies und das. Das Gespräch stockte mehrmals, denn sie hatten so gut wie nichts gemeinsam. Verbotener Sex hatte sie zusammengeführt - ein Terrain, auf das sie sich nicht wagten. Das Leben in Bakers bot wenig Gesprächsstoff. Und nach Wes’ Lebensumständen konnte Quince nicht fragen.
    Schließlich sagte er: »Was sollte ich Ricky schreiben?«
    Wes griff das Thema sogleich auf. »Tja, ich würde vor allem erst einmal warten. Warten Sie einen Monat. Lassen Sie ihn zappeln. Wenn Sie sich mit der Antwort und dem Geld zu sehr beeilen, könnte er finden, dass das Ganze zu leicht ist.«
    »Und was, wenn er wütend wird?«
    »Er wird nicht wütend werden. Er hat jede Menge Zeit und will in erster Linie das Geld.«
    »Fangen Sie seine anderen Briefe auch ab?«
    »Die meisten.«
    Quinces Neugier war geweckt. Er unterhielt sich mit einem Mann, der sein größtes Geheimnis kannte, und hatte das Gefühl, als könnte er ihm Informationen entlocken. »Was wollen Sie gegen ihn unternehmen?«
    Und aus irgendeinem Grund, den er nie verstehen würde, sagte Wes: »Wir werden ihn wahrscheinlich einfach umbringen.«
    Friede breitete sich auf Quince Garbes Gesicht aus, ein warmes, beruhigendes Gefühl, das die Qual linderte und die Falten glättete. Sein Mund verzog sich zu einem kleinen Lächeln. Sein Erbe war also doch gesichert, und wenn sein Vater erst tot war und das Geld ihm gehörte, würde er Bakers, lowa, hinter sich lassen und leben, wie es ihm gefiel.
    »Wie schön«, sagte er leise. »Wunderschön.«
    Chap brachte den Schnellhefter in ein Motelzimmer, wo die anderen Mitglieder des Teams und ein geleaster Farbkopierer warteten. Sie machten jeweils drei Kopien und eine halbe Stunde später war er wieder in der Bank. Quince sah die Originale durch - es war alles in Ordnung. Sorgfältig verschloss er den Schnellhefter in der Kassette. Dann sagte er zu seinen Besuchern: »Ich glaube, Sie sollten jetzt gehen.«
    Sie verließen ihn ohne Händedruck oder

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