Die Bruderschaft
Platz einnehmen können. Die Sache war zu einträglich, um sang-und klanglos aufgegeben zu werden. Beech und Yarber schrieben hervorragende Briefe, aber sie besaßen keinerlei Geschäftssinn. Vielleicht war es möglich, den Jungen anzulernen, so dass der Spicers Part übernehmen und seinen Anteil nach draußen transferieren konnte.
Nur so ein Gedanke.
»Hast du Geld?« fragte Spicer. »Nein, Sir. Wir haben alles verloren.«
»Keine Onkel, Tanten, Cousins, Freunde, die das Honorar bezahlen könnten?«
»Nein, Sir. Was für ein Honorar?«
»Normalerweise kriegen wir was dafür, dass wir uns um einen Fall kümmern und bei der Berufung helfen.«
»Ich bin völlig blank, Sir.«
»Ich glaube, wir können was für dich tun«, sagte Beech. Spicer hatte mit Berufungen ohnehin nichts zu tun. Der Mann hatte ja nicht mal einen Highschool-Abschluss.
»Eine Art Pro-bono-Fall, würde ich sagen«, bemerkte Yarber zu Beech. »Ein Pro was?« fragte Spicer. »Ein Pro-bono-Fall.«
»Was ist das?«
»Eine Anwaltstätigkeit ohne Honorar«, sagte Beech.
»So so, eine Anwaltstätigkeit ohne Honorar. Und wer macht die?«
»Anwälte«, erklärte Yarber. »Jeder Anwalt soll ein paar Stunden seiner Zeit in den Dienst von Leuten stellen, die sich keinen Anwalt leisten können.«
»Das ist ein Teil des alten englischen Rechtssystems«, fügte Beech hinzu und machte die Sache damit nicht deutlicher.
»Hat sich hier aber nie so recht durchgesetzt, oder?« fragte Spicer.
»Wir werden uns deinen Fall vornehmen«, sagte Yarber zu Buster. »Sei aber nicht allzu optimistisch.«
»Danke.«
Gemeinsam verließen sie die Cafeteria: drei ehemalige Richter in grünen Chorroben, gefolgt von einem verängstigten jungen Häftling. Von einem verängstigten, aber auch sehr neugierigen Häftling.
ZWEIUNDZWANZIG
Brants Antwort aus Upper Darby, Pa., war in einem dringlichen Ton gehalten:
Lieber Ricky!
Donnerwetter, was für ein Foto! Ich komme noch früher, als ich ursprünglich vorhatte, und zwar am 20. April. Können wir uns dann treffen? Wir hätten das Haus für uns, weil meine Frau noch zwei Wochen länger hier bleiben muss. Die Arme! Wir sind seit 22 Jahren verheiratet, und sie hat noch immer keine Ahnung.
Ich lege ein Foto von mir bei. Das im Hintergrund ist mein Learjet, eins meiner Lieblingsspielzeuge. Wenn du willst, können wir ein bisschen damit herumdüsen.
Schreib mir bitte sofort.
Schöne Grüße Brant
Seinen Nachnamen hatte er auch diesmal nicht angegeben, aber das war kein Problem. Sie würden ihn schnell genug herausfinden.
Spicer betrachtete den Poststempel und wunderte sich einen Augenblick lang, wie kurz die Laufzeit eines Briefes von Philadelphia nach Jacksonville war. Doch das Foto lenkte ihn von diesem Gedanken ab. Es war ein Schnappschuss im Format 10 mal 15 und hatte große Ähnlichkeit mit den Bildern in Anzeigen für Investmentfonds, die einen angeblich im Handumdrehen zu einem reichen Mann machten. Dort sah man immer einen Glücksritter, der mit stolzgeschwellter Brust neben seinem Jet, seinem Rolls-Royce und seiner möglicherweise neuesten Ehefrau posierte. Brant stand lächelnd und modisch gekleidet in Tennis-Shorts und Pullover vor einem Flugzeug. Ein Rolls war nirgends zu sehen, aber er hatte den Arm um eine attraktive Frau mittleren Alters gelegt.
Es war das erste Foto in ihrer wachsenden Sammlung, auf dem die Frau eines ihrer Brieffreunde zu sehen war. Eigenartig, dachte Spicer. Andererseits hatte Brant sie in beiden Briefen erwähnt. Spicer konnte nichts mehr überraschen. Diese Sache würde ewig weiterlaufen, weil es ein unerschöpfliches Reservoir von potenziellen Opfern gab, die bereit waren, alle Gefahren zu ignorieren.
Brant war durchtrainiert und braun gebrannt. Er hatte kurzes, dunkles, grau meliertes Haar und einen Schnurrbart. Besonders gut sah er zwar nicht aus, aber das konnte Spicer egal sein.
Warum war ein Mann, der so viel besaß, derart unvorsichtig? Weil er immer Risiken eingegangen war und nie einen Rückschlag erlebt hatte. Weil es seinem Lebensstil entsprach. Wenn sie ihm die Daumenschrauben angelegt und einiges Geld abgenommen hatten, würde er für eine Weile kürzer treten und einen Bogen um Kleinanzeigen und anonyme Liebhaber machen, doch ein aggressiver Typ wie Brant würde bald wieder zu seinen alten Gewohnheiten zurückkehren.
Der Kitzel, den jemand empfand, wenn er sich wahllos Liebhaber ins Bett holte, glich die Risiken, denen er sich dabei aussetzte, vermutlich aus.
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