Die Bruderschaft
hatten doch nichts Unrechtes getan. Sie kannten nur einen einzigen der anderen sechsundzwanzig Angeklagten. Sie hatten noch nie im Leben Kokain gesehen.
Busters Vater nahm eine neue Hypothek auf das Haus auf, um 20000 Dollar für einen Anwalt aufzubringen, traf aber eine schlechte Wahl. Beim Prozess waren sie entsetzt, am selben Tisch zu sitzen wie die Kolumbianer und die wirklichen
Drogenschmuggler. Alle Angeklagten saßen auf einer Seite des Gerichtssaals, als hätten sie einst ein gut funktionierendes Syndikat gebildet. Auf der anderen Seite, bei den Geschworenen, saßen die Staatsanwälte, aufgeblasene Scheißkerle in dunklen Anzügen, die sich ständig Notizen machten und ihnen finstere Blicke zuwarfen, als wären sie Kinderschänder. Auch die Geschworenen blickten finster.
Der Prozess dauerte sieben Wochen, und Buster und sein Vater wurden praktisch ignoriert. Dreimal wurden ihre Namen erwähnt. Der Hauptvorwurf gegen sie lautete, sie hätten Fischerboote instand gesetzt und mit stärkeren Motoren ausgerüstet, damit Drogen von Mexiko zu verschiedenen Punkten an der Küste von Florida gebracht werden konnten. Ihr Anwalt, der sich beklagte, er habe nicht genug Geld für eine siebenwöchige Verhandlung bekommen, war nicht imstande, diesen unhaltbaren Vorwurf zu entkräften. Andererseits konzentrierten die Staatsanwälte sich auch mehr auf die Kolumbianer.
Allerdings brauchten sie auch gar nicht allzu viel zu beweisen, denn bei der Auswahl der Geschworenen hatten sie ganze Arbeit geleistet. Nach achttägiger Beratung befanden die offensichtlich müden und verärgerten Geschworenen sämtliche Angeklagten in allen Punkten für schuldig. Einen Monat nach der Verurteilung brachte Busters Vater sich um.
Am Ende seiner Geschichte sah der Junge aus, als würde er gleich in Tränen ausbrechen, doch er biss die Zähne zusammen und sagte: »Ich hab nichts verbrochen.«
Er war nicht der erste Insasse von Trumble, der seine Unschuld beteuerte. Beech sah ihn an, hörte zu und dachte an einen jungen Mann in Texas, den er wegen Drogenschmuggels zu vierzig Jahren Gefängnis verurteilt hatte. Er hatte eine schreckliche Kindheit gehabt, so gut wie keine Schulbildung, ein langes Jugendstrafregister - ein Junge, der eigentlich keine Chance gehabt hatte. Und er, Beech, hatte auf der Richterbank gesessen und ihm von dort oben einen langen Vortrag gehalten, und er hatte sich gut dabei gefühlt, eine so drakonische Strafe zu verhängen. Wir müssen diese verdammten Dealer von der Straße holen! Ein Liberaler ist ein Konservativer, den man ins Gefängnis gesteckt hat. Nach drei Jahren Knast dachte Hatlee Beech an viele der Leute, die er verurteilt hatte, mit tiefer Reue. An Leute, die weit schuldiger gewesen waren als Buster. Junge Leute, die bloß eine Chance gebraucht hätten.
Finn Yarber hörte Buster zu und empfand tiefes Mitleid mit ihm. Jeder in Trumble hatte eine traurige Geschichte zu erzählen, und nach ein, zwei Monaten hatte Yarber gelernt, fast nichts davon zu glauben. Doch Buster war glaubwürdig. In den kommenden achtundvierzig Jahren würde er langsam verkümmern, und zwar auf Kosten der Steuerzahler. Drei Mahlzeiten täglich, nachts ein warmes Bett - neuesten Schätzungen zufolge kostete ein Gefangener den Staat pro Jahr 31000 Dollar. Was für eine Verschwendung! Die Hälfte der Insassen von Trumble hatten hier eigentlich nichts verloren. Sie hatten keine Gewalttaten begangen und hätten zu einer saftigen Geldstrafe und gemeinnütziger Arbeit verurteilt werden sollen.
Joe Roy Spicer hörte Busters herzzerreißende Geschichte und überlegte, wie er aus diesem Jungen Nutzen schlagen konnte. Es gab zwei Möglichkeiten. Erstens war nach Spicers Meinung das Telefon bisher nicht optimal genutzt worden. Die Richter waren alte Männer, die versuchten, Briefe zu schreiben, als wären sie jung. Es wäre beispielsweise zu riskant, Quince Garbe in lowa anzurufen und sich als Ricky, als robuster Achtundzwanzigjähriger, auszugeben. Wenn Buster jedoch mitmachte, würden sie jedes potenzielle Opfer überzeugen können. In Trumble gab es jede Menge junger Burschen, und Spicer hatte mehrere von ihnen in Erwägung gezogen, doch sie waren Kriminelle, und er traute ihnen nicht. Buster dagegen kam frisch von der Straße, war anscheinend unschuldig und hatte sich an sie um Hilfe gewandt. Der Junge war manipulierbar.
Die zweite Möglichkeit war ein Ableger der ersten. Wenn Buster sich beteiligte, würde er bei Spicers Entlassung dessen
Weitere Kostenlose Bücher