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Die Bruderschaft

Die Bruderschaft

Titel: Die Bruderschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Katastrophe eintrat, war das Rennen gelaufen.
    Busters erster Job in Trumble bestand darin, das Gras am Rand der Grünflächen mit einem Elektro-Rasentrimmer kurz zu halten. Dafür bekam er einen Anfangslohn von zwanzig Cent pro Stunde. Die Alternative wäre gewesen, den Boden der Cafeteria zu wischen. Er hatte sich für den Rasentrimmer entschieden, weil er gern in der Sonne war und sich geschworen hatte, dass er nicht so bleich werden würde wie einige der Häftlinge, die er gesehen hatte. Und so dick wollte er auch nicht werden. Das hier ist ein Gefängnis, dachte er immer wieder - wie können sie da so dick sein?
    Er arbeitete im hellen Sonnenlicht, erhielt sich seine Bräune, war fest entschlossen, nicht zuzunehmen, und versuchte, alles richtig zu machen. Doch schon nach zehn Tagen war ihm klar, dass er keine achtundvierzig Jahre durchstehen würde.
    Achtundvierzig Jahre! Er konnte sich eine solche Zeitspanne nicht mal vorstellen. Wer konnte das schon?
    In den ersten beiden Tagen im Gefängnis hatte er fast ununterbrochen geweint.
    Vor dreizehn Monaten hatten er und sein Vater noch in ihrer Werft gearbeitet und Boote repariert. Und zweimal pro Woche waren sie hinausgefahren und hatten gefischt.
    Er arbeitete sich langsam am Rand des Basketballfelds entlang, wo ein hart umkämpftes Spiel im Gange war. Dann ging er weiter zu der großen Sandfläche, wo manchmal Volleyball gespielt wurde. In der Entfernung drehte ein älterer Mann in strammem Schritt seine Runden um die Aschenbahn. Er hatte das lange, graue Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden, trug kein Hemd und kam Buster irgendwie bekannt vor. Buster nahm sich die Ränder eines Gehwegs vor und näherte sich langsam der Aschenbahn.
    Der einsame Geher war Finn Yarber, einer der Richter, die ihm helfen wollten. Er bewegte sich in einem steten Tempo um die Bahn, hoch aufgerichtet, mit steifen Schultern und erhobenem Kopf, nicht gerade das Bild eines Athleten, aber nicht schlecht für einen sechzigjährigen Mann. Er war barfuss, und Schweiß strömte über die ledrige Haut seines nackten Oberkörpers.
    Buster schaltete den Rasentrimmer ab und legte ihn auf den Boden. Als Yarber näher kam und ihn erkannte, sagte er: »Hallo, Buster. Wie geht’s?«
    »Ich bin immer noch hier. Was dagegen, wenn ich Sie ein Stück begleite?«
    »Überhaupt nicht«, sagte Yarber, ohne den Schritt zu verlangsamen.
    Erst nach 200 Metern fand Buster den Mut zu fragen: »Was macht meine Berufung?«
    »Richter Beech kümmert sich darum. Das Strafmaß scheint in Ordnung zu sein - da sieht es also nicht so gut aus. Bei einer Menge Leute, die hier eingeliefert werden, stimmt das Strafmaß nicht. Normalerweise formulieren wir dann ein, zwei Anträge und ersparen ihnen ein paar Jahre. In deinem Fall wird das leider nicht gehen.«
    »Das macht nichts. Was machen ein paar Jahre aus, wenn man achtundvierzig Jahre bekommen hat? Ob achtundzwanzig, achtunddreißig oder achtundvierzig Jahre - was macht das schon für einen Unterschied?«
    »Aber du hast ja noch die Berufung. Da besteht die Chance, dass das Urteil aufgehoben wird.«
    »Eine winzige Chance.«
    »Du darfst die Hoffnung nicht aufgeben, Buster«, sagte Yarber ohne eine Spur von Überzeugung. Die Hoffnung behalten, bedeutete, den Glauben an das System nicht aufzugeben, und den hatte Yarber ganz und gar verloren. Er war mit Hilfe eben jenes Rechtssystems, für das er einst eingetreten war, ans Messer geliefert worden.
    Aber Yarber hatte wenigstens Feinde, und er konnte beinahe verstehen, dass sie ihn fertig machen wollten.
    Dieser Junge dagegen hatte nichts verbrochen. Yarber hatte genug von seiner Akte gelesen, um davon überzeugt zu sein, dass Buster vollkommen unschuldig war - ein weiteres Opfer eines übereifrigen Staatsanwaltes.
    Aus den Unterlagen ließ sich schließen, dass der Vater vielleicht ein bisschen Geld an der Steuer vorbeigeschmuggelt hatte - allerdings keine größeren Beträge. Nichts, was eine Anklageschrift von 160 Seiten gerechtfertigt hätte.
    Hoffnung! Wenn er dieses Wort auch nur in Gedanken aussprach, kam er sich vor wie ein Heuchler. Die Berufungsgerichte waren inzwischen mit rechtsgerichteten Saubermännern besetzt, und Urteile gegen Drogentäter wurden ohnehin nur selten kassiert. Man würde einen »Abgelehnt«-Stempel auf den Berufungsantrag des Jungen drücken und sich einreden, dass man damit die Straßen wieder etwas sicherer gemacht hatte.
    Der größte Feigling war der Richter gewesen. Von Staatsanwälten

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