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Die Brücke am Kwai

Die Brücke am Kwai

Titel: Die Brücke am Kwai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Boulle
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vorgestellt. An die zwanzig junge Leute seines Alters arbeiteten mit ihm von morgens bis abends in einem gemeinsamen Raum vor den Reißbrettern. Können Sie sich ein ungefähres Bild machen? Wenn er nicht gerade zeichnete, dann stellte er Berechnungen an . und zwar mit Hilfe von Formelbüchern und Rechenschiebern. Also keineswegs etwas Aufregendes. Er scheint diese Stellung nicht sehr geschätzt zu haben . anscheinend hat er den Krieg als eine unverhoffte Gelegenheit begrüßt. Seltsam, daß so ein Bürohengst bei der >Force 316< landen muß.«
    »Es gibt unter ihnen eine Menge tüchtiger Leute«, sagte Warden. »Ich habe einige wie ihn kennengelernt. Sie sind nicht die Schlechtesten…«
    »Noch zwangsläufig die Besten. Es gibt dafür keine Allgemeinregel. Immerhin spricht er von seiner Vergangenheit ohne Bitterkeit, aber . Nun, melancholisch ist schon das richtige Wort dafür.«
    »Genau das ist es, davon bin ich überzeugt ... Was für Zeichnungen hat man ihn denn machen lassen?«
    »Ja, denken Sie, welch ein Zufall! Die Firma befaßte sich mit Brückenbau. Oh, natürlich nicht mit Holzbrücken! Sie war auch nicht an der Konstruktion selbst interessiert. Es handelt sich um aus Stahlteilen zusammengesetzte Brücken. Um einen einheitlichen Typ. Die Firma stellte die Einzelteile her und lieferte die Brücke an die Unternehmer … wie einen Mecano-Spielzeugkasten! Er kam aus dem Büro nicht heraus. Während der zwei Jahre vor dem Kriege hat er immer das gleiche Stück wieder und wieder gezeichnet. Das ist die Spezialisierung mit allen ihren Folgen, verstehen Sie? Er fand es nicht sehr interessant… Es war nicht einmal ein sehr wichtiger Bestandteil; es war, wie er sagte, nur so ein Pfeilerchen. Es handelte sich für ihn darum, das Profil zu bestimmen, das bei dem geringsten Metallgewicht den besten Widerstand lieferte. Wenigstens habe ich die Sache so verstanden. Ich verstehe ja von diesen Dingen nichts.
    Es geht dabei ums Einsparen. Die Firma wollte kein Material verschwenden. Und zwei Jahre hat er damit verbracht! Ein Junge in seinem Alter! Sie hätten ihn hören sollen, wie er von seinem Pfeilerchen sprach! Seine Stimme zitterte.
    Ich glaube schon, Warden, daß das Pfeilerchen zum Teil seine Begeisterung für seinen gegenwärtigen Job erklärt.«
    »Tatsache ist«, sagte Warden, »daß ich noch nie jemanden erlebt habe, der so besessen ist von der Idee, eine Brücke zerstören zu können… Mir fällt dabei ein, Shears, daß die >Force 316< für Leute seiner Art wie vom Himmel geschaffen ist. Wenn sie nicht existierte, müßte man sie geradezu erfinden . Sie zum Beispiel hätten schließlich, wenn Ihnen der normale Heeresdienst nicht so zum Halse herausgehangen hätte…«
    »Und Sie, wären Sie vielleicht zufrieden damit, immer nur an einer Universität zu lehren? ... Na also! Nun, wie dem auch sei, als der Krieg ausgebrochen ist, war er immer noch völlig von seinem Pfeilerchen in Anspruch genommen. Er hat mir ganz ernsthaft erklärt, es sei ihm im Lauf von zwei Jahren gelungen, auf dem Papier anderthalb Pfund Metall einzusparen ... Das war gar nicht so schlecht, wie es scheint, doch seine Chefs waren der Meinung, er könnte noch mehr leisten. Er sollte noch weitere Monate daran arbeiten. Er hat sich gleich in den ersten Tagen zum Militär gemeldet. Als er von der >Force 316< gehört hat, ist er nicht gelaufen, er ist geflogen, Warden! Und da gibt es Leute, die behaupten, es gebe keine Berufung mehr!
    Seltsam ist die Geschichte trotzdem. Ohne dieses Pfeilerchen würde er vielleicht in diesem Augenblick nicht unter den Büschen auf dem Bauch liegen, keine hundert Yards vom Feinde entfernt, im Gürtel einen Dolch und neben sich ein Gerät, das die Explosion auslöst.«

3
    In dieser Weise hatten Shears und Joyce bis zum Abend freundschaftlich miteinander geplaudert, während die beiden Thailänder sich mit leiser Stimme unterhielten und ihre Bemerkungen über die Expedition machten. Shears hatten dann und wann Skrupel überfallen, und er fragte sich, ob er für die Hauptrolle wirklich denjenigen von ihnen dreien herausgesucht hatte, der die größten Aussichten auf Erfolg besaß, oder ob er sich von seinen inständigen Bitten hatte beeinflussen lassen.
    »Sind Sie ganz sicher, daß Sie imstande sein werden, ebenso energisch wie Warden und ich in gleichviel welcher Situation zu handeln?« hatte er ein letztes Mal eindringlich gefragt.
    »Ich bin jetzt ganz sicher, Sir. Man muß mich jetzt gewähren

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