Die Brücke am Kwai
Arm und wandte sich zu Warden um.
»>Number One<«, sagte er.
Bald darauf stieß Shears in Begleitung von zwei Eingeborenen zu der Gruppe auf dem Beobachtungsstand.
»Haben Sie die letzten Meldungen?« fragte er besorgt, sowie er Warden erblickte.
»Es geht alles in Ordnung. Nichts hat sich geändert. Ich bin seit drei Tagen hier. Morgen geht es los. Der Zug wird Bangkok nachts verlassen und gegen zehn Uhr vormittags hier eintreffen. Und wie steht es bei Ihnen?«
»Es ist alles bereit«, sagte Shears und ließ sich mit einem Seufzer der Erleichterung auf den Boden fallen.
Er hatte eine schreckliche Angst gehabt, daß die Pläne der Japaner im letzten Augenblick geändert worden wären.
Auch Warden lebte seit gestern abend in Unruhe. Er wußte, daß der Anschlag in der Nacht vorbereitet werden mußte, und hatte, ohne etwas zu sehen, Stunden damit hingebracht, auf die schwachen Geräusche zu lauern, die vom Kwai-Fluß heraufdrangen, und dabei an seine Gefährten gedacht, die unmittelbar unter ihm im Wasser arbeiteten; immer wieder hatte er hierbei die Aussichten auf einen Erfolg erwogen und sich die verschiedenen Stadien der Operation vorgestellt und versucht, sämtliche Tücken, die sich dem Erfolg entgegenstellen konnten, im voraus mit einzubeziehen. Er hatte nichts Verdächtiges gehört. Shears sollte beim Morgengrauen zu ihm stoßen. Jetzt war es schon über zehn Uhr.
»Ich bin zufrieden, Sie endlich zu sehen. Ich erwartete Sie mit Ungeduld.«
»Wir haben die ganze Nacht dafür gebraucht.«
Warden sah ihn genauer an und bemerkte, daß er erschöpft war. Seine noch feuchten Kleider dampften in der Sonne.
Sein durchfurchtes Gesicht, seine Augen mit den von der Ermüdung herrührenden tiefen Ringen, sein mehrere Tage alter Bart gaben ihm ein unmenschliches Aussehen. Er bot ihm einen Becher mit Schnaps an und bemerkte, daß er ungeschickt danach griff. Seine Hände waren voller Wunden und Risse. Die etwas fahle Haut war zerfurcht, und ganze Streifen waren abgeschürft. Er hatte Mühe, die Finger zu bewegen. Warden reichte ihm ein Paar Shorts und ein trockenes Hemd, das er für ihn bereitgelegt hatte, und wartete ab.
»Sind Sie ganz sicher, daß für heute nichts geplant ist?« fragte Shears eindringlich.
»Ganz sicher. Ich habe noch heute morgen eine Meldung erhalten.«
Shears trank einen Schluck und fing an, sich vorsichtig abzureiben.
»Ein übles Geschäft«, sagte er und verzog das Gesicht. »Mein ganzes Leben lang werde ich, glaube ich, dieses kalte Flußwasser spüren. Aber es ist alles gut gegangen.«
»Und der Kleine?« fragte Warden.
»Der Kleine ist einfach großartig. Er hat nicht ein einziges Mal schlappgemacht. Er hat mehr geschuftet als ich und ist nicht müde. Er ist auf seinem Posten auf dem rechten Ufer. Er wollte sich absolut schon heute nacht dort einrichten und sich bis zum Eintreffen des Zuges nicht mehr von der Stelle rühren.«
»Wenn er nun entdeckt würde?«
»Er ist gut versteckt. Ein Risiko ist dabei, aber die Klugheit gebot, es in Kauf zu nehmen. Man muß jetzt alles Kommen und Gehen in der Nähe der Brücke unterlassen. Außerdem könnte ja der Zug vorzeitig eintreffen. Ich bin sicher, daß er heute nicht schlafen wird. Er ist jung, und er ist kräftig.
Er ist in einem Dickicht, das man nur vom Fluß aus erreichen kann, und die Uferböschung ist steil. Man muß den Ort von hier aus erkennen können. Er sieht durch eine Lücke in dem Gebüsch nur eines, nämlich die Brücke. Im übrigen wird er den Zug kommen hören.«
»Sind Sie dort gewesen?«
»Ich habe ihn dorthin begleitet. Er hatte recht. Die Stelle ist ideal.«
Shears griff nach dem Fernglas und versuchte, sich in einer Landschaft zu orientieren, die er nicht wiedererkannte.
»Es ist schwierig, die Stelle genau anzugeben«, sagte er. »Es sieht jetzt so völlig anders aus. Immerhin glaube ich, daß er dort drüben, ungefähr dreißig Fuß hinter diesem dicken, rötlichen Baum sitzt, dessen Zweige bis ins Wasser hinunterreichen. «
»Jetzt hängt alles von ihm ab.«
»Alles hängt von ihm ab, und ich habe Vertrauen zu ihm.«
»Hat er seinen Dolch bei sich?«
»Er hat seinen Dolch bei sich. Ich bin überzeugt, daß er verstehen würde, damit umzugehen.«
»Im voraus weiß man das niemals«, sagte Warden.
»Man weiß es nie, aber ich glaube es.«
»Und was wird nach dem Anschlag?«
»Ich habe für das Überqueren des Flusses fünf Minuten gebraucht, aber er schwimmt fast doppelt so schnell wie ich. Wir
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