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Die Brücke am Kwai

Die Brücke am Kwai

Titel: Die Brücke am Kwai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Boulle
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Zwischenfall, Warden. Das wissen Sie genauso gut wie ich. Ich weiß nicht, was der geheime Grund dafür ist, aber ich habe noch keinen einzigen Fall erlebt, in dem die Aktion nach dem vorbereiteten Plan abrollte…«
    »Das stimmt. Das habe ich auch schon festgestellt.«
    »In welcher Form wird sich dieses Etwas diesmal präsentieren?… Ja, ich habe ihn dann verlassen. Ich hatte in meinen Taschen noch einen kleinen Sack mit Reis und eine Kürbisflasche mit Whisky, den Rest unseres Proviantes, den ich ebenso sorgfältig wie die Sprengkapseln bei mir getragen habe. Wir haben jeder einen Schluck davon getrunken, und ich habe ihm dann alles dagelassen. Er hat mir noch ein letztes Mal versichert, daß er sich seiner ganz sicher fühle. Ich habe ihn allein gelassen.«

4
    Shears lauscht dem unaufhörlichen Murmeln, das der Kwai-Fluß durch den Dschungel von Thailand tröpfeln läßt, und fühlt sich seltsam bedrückt.
    Er gewahrt an diesem Morgen weder die Eindringlichkeit noch den Rhythmus dieser unentwegten Melodie, die seine Gedanken und seine Handlungen begleitet und an die er sich gewöhnt hat. Lange bleibt er reglos, ja beklommen, und alle seine Kräfte sind in Alarmstellung.
    Ihm ist, als habe sich eine Verwandlung vollzogen in dieser Umgebung, die sich im Verlauf einer Nacht im Wasser und eines Tages auf dem Gipfel des Berges seinem Wesen aufgedrängt hat. Es hat kurz vor Tagesanbruch begonnen: zuerst war er seltsam überrascht gewesen, dann hatte ihn eine fremdartige Empfindung gequält. Diese war auf dem Wege dunkler Gefühle schrittweise in sein Bewußtsein eingedrungen, um sich dort in einen noch unklaren Gedanken zu verwandeln, der indessen verzweifelt nach einem immer genaueren Ausdruck sucht. Bei Tagesanbruch kann er diesen nicht exakter als durch folgenden Satz formulieren: »Irgend etwas hat sich in der Atmosphäre, die die Brücke und den Kwai-Fluß umgibt, geändert.«
    »Irgend etwas hat sich geändert…« Mit leiser Stimme wiederholt er diese Worte. Dieses besondere Gefühl für die »Atmosphäre« trügt ihn fast nie. Sein Unbehagen verschlimmert sich, bis daraus ein Angstgefühl wird, das er durch nüchterne Überlegungen zu zerstreuen sucht.
    Selbstverständlich hat sich etwas geändert, das ist ganz natürlich. Eine Musik hört sich, je nachdem, von wo aus man sie anhört, verschieden an. Hier bin ich jetzt im Wald am Fuße des Berges. Das Echo ist nicht das gleiche wie auf einem Berggipfel oder im Wasser. Wenn diese Arbeit noch lange dauert, so werde ich schließlich noch Stimmen zu vernehmen glauben!
    Er blickt durch das Blattwerk hindurch, doch er bemerkt nichts Besonderes. Das Morgengrauen erhellt kaum den Fluß. Die gegenüberliegende Uferböschung ist noch eine feste, graue Masse. Er zwingt sich, nur noch an den Schlachtplan und an die Stellung der verschiedenen Gruppen zu denken, die auf die Stunde des Losschlagens warten. Diese Stunde ist nahe. Er ist in der Nacht mit vier Partisanen von dem Beobachtungsposten herabgestiegen. Sie haben sich an den Stellen, die Warden nicht weit fort und etwas oberhalb des Schienenstranges ausgesucht hatte, niedergelassen.
    Warden selber ist mit den beiden andern Thailändern dort oben bei den Granatwerfern geblieben. Er wird den Schauplatz überblicken, bereit, auch seinerseits nach dem großen Schlag einzugreifen. »Number One« hat es so bestimmt. Er hat seinem Freund zu verstehen gegeben, daß auf jedem Posten ein Führer, ein Europäer, stehen muß, um, wenn es notwendig wird, Entscheidungen zu treffen. Man kann nicht alles voraussehen und im voraus endgültige Befehle geben. Warden hat sich gefügt. Was den dritten Beteiligten, den wichtigsten, angeht, so ruht die gesamte Aktion auf ihm. Joyce befindet sich jetzt seit mehr als vierundzwanzig Stunden dort unten gerade gegenüber von Shears. Er wartet auf den Zug. Der Transport ist in der Nacht von Bangkok abgefahren. Eine Funkmeldung hat ihn angekündigt.
     
    Irgend etwas in der Atmosphäre hat sich geändert …
    Da, nun wird auch der am Maschinengewehr aufgestellte Thailänder unruhig. Er richtet sich auf den Knien hoch, um auf den Fluß hinunterzuspähen.
    Shears’ Angstgefühl zerstreut sich nicht. Das bewußte Gefühl sucht noch immer danach, sich exakter ausdrücken zu können, während es sich gleichzeitig der Analyse entzieht.
    Shears’ Verstand kämpft erbittert gegen dieses irritierende geheimnisvolle Etwas.
    Das Geräusch ist nicht mehr das gleiche, darauf könnte er schwören. Ein Mann,

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