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Die Brücke der Gezeiten 1: Ein Sturm zieht auf (German Edition)

Die Brücke der Gezeiten 1: Ein Sturm zieht auf (German Edition)

Titel: Die Brücke der Gezeiten 1: Ein Sturm zieht auf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Hair
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Anerkennung ihres niederen Ranges. Als Cera sie aufhob und auf beide Wangen küsste, wurde allen klar, wie nahe die beiden sich standen.
    Eine Frau aus der Menge stand auf und verneigte sich vor Elena, die rechte Hand an die Stirn gelegt. »Sal’Ahm«, flüsterte sie, »Friede sei mit dir.« Unzählige folgten ihrem Beispiel.
    Noch während Elena die unerwarteten Respektsbekundungen entgegennahm, spürte sie, wie Gurvon Gyle seine Geistfühler nach ihr ausstreckte, aber Elena verscheuchte sie. Gurvon, du blutrünstiges Schwein. Dafür wirst du bezahlen .
    Die Nacht war erfüllt von grässlichen Träumen, aber erst nachdem sie es geschafft hatte, die Schmerzen in ihren verschorften Füßen und Unterschenkeln auszublenden. Als sie aufwachte, war Minasdag, 13. Okten, wie sie kurz im Kopf überschlug. Vorsichtig sah Elena nach ihren Wächtern. Sie hatten standgehalten, waren aber definitiv angegriffen worden. Sie reparierte die Schäden und nahm die Fährte auf. Es gab keinen Zweifel: Gurvon Gyle hatte versucht, einen Kontakt zu erzwingen.
    Was mochte Gurvon noch geplant haben? Elena musste davon ausgehen, dass Olfuss tot war, und mit Sicherheit hatte er auch Soldaten einmarschieren lassen. Bestimmt die Gorgios aus Hytel. Kein anderes rimonisches Haus hielt den Dorobonen immer noch die Treue. Mit größter Wahrscheinlichkeit hatten sie Brochena schon unter Kontrolle. Und auch hier in Forensa hatte Gurvon mit Sicherheit Informanten. Elena wusste, wie er arbeitete. Überall, wohin er kam, errichtete er seine Netzwerke. Er hatte ihr stets eingeschärft, dasselbe zu tun, aber hier in Javon hatte sie genau das vernachlässigt. Sie war Leibwächterin, hatte sie sich gedacht, wozu brauchte sie da Spione? Und wieder hast du versagt, Idiotin! Jetzt waren ihre Augen blind für alles, was andernorts vor sich ging. Sie war ganz auf sich allein gestellt.
    Sie hob die Wasserschale, die neben ihrem Bett stand, in ihren Schoß und spähte hinein. Blass schimmerte das Licht der Gnosis, während sie versuchte, irgendein Anzeichen von Olfuss oder Solinde zu entdecken. Aber sie fand nichts. Elena stellte die Schale wieder auf den Boden, zog die Beine an die Brust und schlang die Arme um die Unterschenkel. Dann ließ sie ihrer Trauer freien Lauf.
    Etwas später ging sie zum Lazarett. Lorenzo lag allein dort. Seine gesamte linke Seite war hellrot verbrannt, das linke Auge verbunden, das rechte direkt auf sie gerichtet, als sie hereinkam. »Ella«, krächzte er.
    »Lori. Haben sie Euch etwas gegen die Schmerzen gegeben?«
    Er verzog den Mund. »Ein bisschen. Mehr wäre besser«, gab er unwillig zu.
    Elena blickte sich um, aber die Ärzte schienen alle anderswo beschäftigt zu sein. Vorsichtig entfernte sie die Bandagen und versetzte sich in eine Halbtrance. Sie ließ ihr Bewusstsein in die Wunden fließen, reinigte sie, betäubte die Schmerzen und regte Lorenzos Heilungskräfte an. Es war ein langer und anstrengender gnostischer Prozess, der ebenso viel Kraft kostete wie ein Kampf in der Schlacht. Es dauerte eine ganze Weile, und während der gesamten Zeit beobachtete Lorenzo sie mit einer Mischung aus Angst und Erstaunen. Schließlich war sie bei seinem Gesicht angelangt und zog vorsichtig den Verband herunter.
    »Wie schlimm ist es?«, fragte er flüsternd. »Werden die Frauen jetzt vor mir davonlaufen?«
    »Nicht mehr als vorher«, antwortete sie und zwang sich zu einem Lächeln. »Ihr habt Euch gerade noch rechtzeitig ein Stück weggedreht. Wartet ein paar Monate, dann wird niemand mehr etwas bemerken.«
    »Wie habt Ihr das gemacht? Das mit dem Spiegeltrick?«
    »Es ist ganz simpel: Ich habe meine Reflektion mithilfe der Spiegel in die Mitte des Raums projiziert, damit er das Trugbild angreift, während ich mich von hinten anschleiche.«
    »Ein Wunder.«
    »Nein, nur Gnosis. Samir war Thaumaturg und nicht besonders bewandert darin, Illusionen zu durchschauen.« Sie zuckte die Achseln. Eigentlich wollte sie gar nicht darüber sprechen.
    »Kommen Eure Kräfte tatsächlich von Eurem Gott?«, fragte er mit todernstem Gesicht.
    Elena schüttelte den Kopf. »Nein. Sie kommen von mir.«
    »Dann müsst Ihr ein Engel sein.« Lorenzo hob die Hände an ihr Gesicht, legte die Finger an ihr Kinn und zog ihren Mund zu sich heran.
    Elena hätte nur den Kopf zurückziehen müssen, aber sie tat es nicht. Seine Lippen schmeckten süß und würzig, fühlten sich fest und gleichzeitig weich an, als sie die ihren erkundeten. Sie schloss die Augen und genoss,

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