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Die Brücke

Die Brücke

Titel: Die Brücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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geschäftige
Straße, grinste der felsverwurzelten Burg und ihrem
königlichen Gefolge von Colleges und Büros zu, diesen
verkrusteten Zinnen aus Gebäuden entlang dem basaltenen
Rückgrat des Hügels.
    Er fing an, Gedichte und Lieder zu schreiben, und in der
Universität brachte er es fertig, pfeifend durch die Gänge
zu laufen.
    Er lernte Stewart Mackie kennen, einen kleinen, leise sprechenden,
blassen Aberdonier, der auch Geologie studierte. Sie und ihre Freunde
kamen zu dem Schluß, sie seien die Alternativen Geologen und
nannten sich die Rockers. Sie tranken Bier in der Union und in den
Pubs in der Rose Street und auf der Königlichen Meile, sie
rauchten Hasch, und ein paar nahmen LSD. White Rabbit und Astronomy Domin dröhnten von Stereogeräten, und
eines Nachts verlor er in Trinity endlich auch praktisch seine
Unschuld an eine junge Krankenschwester aus dem Western General,
deren Namen er am nächsten Tag schon vergessen hatte.
    Eines Nachts lernte er in der Union, wo er mit Stewart Mackie und
ein paar von den Rockers war, Andrea Cramond kennen. Die anderen
Männer gingen dann, ohne ihm etwas davon zu sagen, in ein
wohlbekanntes Bordell in der Danube Street. Später behaupteten
sie, das hätten sie nur getan, weil sie bemerkt hatten,
daß die Puppe mit dem granitroten Haar ihm schöne Augen
machte.
    Sie hatte eine Wohnung in Comely Bank, nicht weit von der
Queensferry Road. Andrea Cramond war aus Edinburgh; ihre Eltern
wohnten nur eine halbe Meile entfernt in einem der großen,
luxuriösen Häuser, die den Moray Place umgeben. Sie trug
psychedelische Kleider, sie hatte grüne Augen, bemerkenswerte
Wangenknochen, einen Lotus Elan, eine Vierzimmerwohnung, zweihundert
Schallplatten und anscheinend unerschöpfliche Reserven an Geld,
Charme, Rotem Libanon und sexueller Energie. Er verliebte sich
beinahe auf der Stelle in sie.
    Als sie sich in der Union kennenlernten, sprachen sie über
die Realität, Geisteskrankheiten (sie hatte ihren Laing
gelesen), die Wichtigkeit der Geologie (das war er), die
jüngsten französischen Filme (sie), die Gedichte von T.S.
Eliot (sie), die Literatur im allgemeinen (vor allem sie) und Vietnam
(beide). Sie mußte an dem Abend zu ihren Eltern gehen; am
nächsten Tag war der Geburtstag ihres Vaters, und es war
Familientradition, die Feier mit einem Champagner-Frühstück
zu beginnen.
    Eine Woche später stießen sie oben auf den Waverley
Steps buchstäblich zusammen. Er war zum Bahnhof unterwegs, um
für das Wochenende nach Hause zu fahren. Sie wollte, nachdem sie
Weihnachtseinkäufe erledigt hatte, Freunde besuchen. Sie gingen
ein Glas miteinander trinken, tranken mehrere, und dann lud sie ihn
zum Rauchen in ihre Wohnung ein. Er rief eine Nachbarin an, die
seinen Eltern ausrichten würde, er käme später.
    Sie tranken Whisky in ihrer Wohnung. Sie hörten sich
Langspielplatten von den Stones und Dylan an, sie saßen, als es
draußen dunkler wurde, zusammen auf dem Fußboden vor dem
zischenden Gasfeuer, und nach einer Weile wurde er sich bewußt,
daß er ihr langes rotes Haar streichelte, und dann
küßte er sie, und dann rief er die Nachbarin von neuem an
und sagte, er müsse eine Abhandlung beenden und könne an
diesem Wochenende nicht nach Hause kommen, und sie rief die Leute an,
die sie zu einer Party erwarteten, und sagte, sie schaffe es nicht,
und dann verbrachten sie den Rest des Wochenendes im Bett oder auf
dem Fußboden vor dem zischenden Gasfeuer.
    Zwei Jahre vergingen, bevor er ihr erzählte, daß er
sie, beladen mit ihren Einkäufen, an diesem Tag in der
Menschenmenge auf der North Bridge erkannt hatte und zweimal an ihr
vorbeigegangen war, bis er sie absichtlich an der Treppe anrempelte.
Sie war in Gedanken gewesen, hatte nicht auf die Leute rings um sie
geachtet, und er hatte es in seiner Schüchternheit nicht
fertiggebracht, sie ohne irgendeinen Vorwand anzuhalten. Sie lachte,
als sie das hörte.
    Sie tranken, rauchten und bumsten miteinander, und ein paarmal
gingen sie zusammen auf einen Trip. Sie führte ihn durch Museen
und Galerien und nahm ihn ins Haus ihrer Eltern mit. Ihr Vater war
Rechtsanwalt, ein großer, grauer, eindrucksvoller Mann mit
mächtiger, tönender Stimme und einer Brille mit
Halbmondgläsern. Andrea Cramonds Mutter war jünger als ihr
Mann, ergrauend, aber elegant, und so groß wie ihre Tochter. Es
gab einen älteren Bruder, sehr aufrecht, ebenfalls Jurist, und
einen ganzen Zirkel ihrer alten Schulfreundinnen. Bei ihnen kam er
nach und nach dazu,

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