Die Brücke
Sie selbst!« Er
zeigt mir das Klammerbrett. Auf einem Blatt ist alles genau
aufgeführt, was ich zu Lasten der Klinik an Kleidung eingekauft
habe. »Sehen Sie?« gluckst er. »Eine Sekunde lang war
ich richtig beunruhigt, Sir. Es wäre illegal, jawoll, etwas von
Ihrem Eigentum zu entfernen. Sie hätten die Polizei rufen
können, jawoll, und das mit Recht, wenn wir irgend etwas von
Ihrem eigenen Zeug angerührt hätten. Aber so, wie es
ist…«
»Man hat mir doch gesagt, ich könne kaufen, was ich
wolle! Ich bekomme eine Beihilfe! Ich…«
»Hören Sie, Sir.« Der Mann sieht zu, wie eine
weitere Ladung an Mänteln und Hüten vorbeigetragen wird und
hakt etwas auf seinem Klammerbrett ab. »Ich bin kein
Rechtsanwalt oder so etwas Ähnliches, Sir, aber ich mache diese
Arbeit schon länger, als ich gern nachrechne, und nichts
für ungut, Sir, Sie werden feststellen, daß all dieses
Zeug in Wirklichkeit der Klinik gehört und Sie nur die
Nutznießung hatten. Bestimmt, das werden Sie
feststellen.«
»Aber…«
»Ich weiß nicht, ob man es Ihnen erklärt hat, Sir,
aber ich bin sicher, das werden Sie feststellen, wenn Sie der Sache
auf den Grund gehen, Sir.«
»Ich…« Mir wird schwindelig. »Sagen Sie,
können Sie nicht damit aufhören, nur für einen
Augenblick?« bitte ich ihn. »Lassen Sie mich meinen Arzt
anrufen. Dr. Joyce – Sie haben wahrscheinlich von ihm
gehört. Er wird das in Ordnung bringen. Es ist bestimmt
ein…«
»Ein Irrtum, Sir?« Der Glatzkopf lacht keuchend auf.
»Na, so was, Sir! Entschuldigen Sie, daß ich Sie auf
diese Weise unterbreche, aber ich kann mir nicht helfen; das sagen
sie alle. Ich wollte, ich hätte einen Shilling für jedes
Mal, daß ich das gehört habe!« Er schüttelt den
Kopf, wischt sich die eine Wange. »Nun, wenn Sie wirklich
meinen, Sir, sollten Sie sich mit den zuständigen Behörden
in Verbindung setzen.« Er sieht sich um. »Das Telefon ist
hier irgendwo…«
»Es funktioniert nicht!«
»O doch, Sir. Ich habe es vor noch nicht einer halben Stunde
benutzt, um der Abteilung durchzugeben, daß wir hier
sind.«
Ich finde das Telefon auf dem Fußboden. Es ist tot; es
klickt einmal, als ich versuche zu wählen. Der Glatzkopf kommt
vorbei.
»Abgestellt, Sir?« Er sieht auf seine Uhr. »Ein
bißchen früh, Sir.« Er macht eine weitere Notiz auf
seinem Klammerbrett. »Sehr forsch, die Jungs von der
Vermittlung, Sir. Sehr, sehr forsch.« Er schmatzt ein
bißchen mit den Lippen und schüttelt, offensichtlich
beeindruckt, von neuem den Kopf.
»Wollen Sie bitte, bitte nur einen Augenblick warten?
Lassen Sie mich Verbindung zu meinem Arzt aufnehmen; er wird die
Sache in Ordnung bringen. Sein Name ist Dr. Joyce.«
»Nicht nötig, Sir«, meint der Mann glücklich.
Mir kommt ein häßlicher, widerwärtiger Gedanke. Der
Glatzkopf sieht die Blätter auf seinem Klammerbrett durch. Er
fährt mit dem Finger eins der Papiere ziemlich am Ende des
Bündels hinunter, hält inne. »Da haben wir es, Sir.
Sehen Sie, hier?«
Es ist die Unterschrift des guten Doktors. Der Glatzkopf sagt:
»Sehen Sie, er weiß es bereits, Sir; er war es, der den
Auftrag erteilt hat.«
»Ja.« Ich setze mich hin und starre die leere Wand mir
gegenüber an.
»Sind Sie jetzt zufrieden, Sir?« Ich habe nicht den
Eindruck, daß der Glatzkopf das leichtfertig oder ironisch
meint.
»Ja«, höre ich mich selbst sagen. Ich fühle
mich betäubt, tot, in Watte eingewickelt. Alle Sinne sind
reduziert, zu Boden gegangen, alle Sicherungen durchgebrannt.
»Tut mir leid, aber wir brauchen auch die Sachen, die Sie
anhaben, Sir.« Er sieht meine Kleidung an.
»Das kann nicht Ihr Ernst sein«, antworte ich
müde.
»Tut mir leid, Sir. Wir haben Ihnen einen hübschen und
– wie ich hinzufügen möchte, Sir – neuen Overall mitgebracht. Möchten Sie sich jetzt
umziehen?«
»Das ist lächerlich.«
»Ich weiß, Sir. Trotzdem, Gesetz ist Gesetz, nicht
wahr? Der Overall wird Ihnen gefallen; er ist brandneu.«
»Overall?«
Das Ding ist von einem leuchtenden Grün. Dazu gehören
Schuhe, Shorts, ein Hemd und ziemlich grobe Unterwäsche.
Ich ziehe mich in meinem Ankleidezimmer um. Mein Kopf ist so leer
wie die Wände.
Es ist, als bewege sich mein Körper aus eigenem Willen,
vollziehe die Bewegungen, die von ihm erwartet werden, automatisch,
mechanisch, höre dann auf, um auf einen neuen Befehl zu warten.
Ich lege meine Sachen ordentlich zusammen, und als ich mein Jackett
falte, sehe ich das Taschentuch, das Abberlaine Arrol
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