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Die Brücken Der Freiheit: Roman

Die Brücken Der Freiheit: Roman

Titel: Die Brücken Der Freiheit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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du?«
    »Nichts.« Sie wußte nun schon seit einiger Zeit, daß Mack zumindest ein bißchen verliebt in sie war. Nach dem Fiasko mit dem Fest für die Plantagenarbeiter hatte er sie so zärtlich berührt und gestreichelt, wie es ohne Liebe kaum denkbar war. Er hatte ihr die heißen Tränen von den Wangen geküßt. Er hatte sie umarmt - und dies nicht bloß aus Mitleid.
    Und ihre Reaktion war mehr gewesen als bloßes Trostbedürfnis. Sie hatte sich an seinen harten Körper geklammert und die Berührung seiner Lippen genossen - und dies keineswegs nur aus Selbstmitleid.
    Seit sie ihr Baby verloren hatte, waren all diese Gefühle verflogen. Lizzies Herz war wie leergefegt. Sie empfand keine Leidenschaft mehr, nur noch Reue und Bedauern.
    Scham und Verlegenheit überkamen sie beim Gedanken an ihr einstiges Verlangen. Die lüsterne Ehefrau, die versuchte, den hübschen jungen Diener zu verführen, war eine Klischeefigur in komischen Romanen.
    Natürlich war Mack nicht nur ein hübscher Diener. Ganz allmählich war in ihr die Erkenntnis gereift, daß er der charakterstärkste Mann war, den sie je gekannt hatte. Sicher, er war auch arrogant und halsstarrig. Sein überzogenes Selbstwertgefühl brachte ihn immer wieder in die größten Schwierigkeiten. Doch die Art, wie er tyrannischen Autoritäten die Stirn bot - in den schottischen Kohlegruben ebenso wie auf den Tabakfeldern Virginias - , konnte sie nur bewundern. Und wenn er in Schwierigkeiten geriet, dann nicht selten deswegen, weil er für andere Menschen Partei ergriff.
    Aber Jay war ihr Ehemann. Er war ein Schwächling und ein Narr, und er hatte sie belogen… Aber sie hatte ihn geheiratet und war ihm Treue schuldig.
    Mack starrte ihr unverwandt ins Gesicht. Was geht in seinem Kopf vor? fragte sie sich. Und mit dem »Tunichtgut«, mit dem ich durchbrennen soll, meint er sich wohl selbst…
    Zögernd streckte Mack die Hand aus und strich ihr über die Wange. Lizzie schloß die Augen. Sie wußte genau, was ihre Mutter jetzt sagen würde: Du bist mit Jay verheiratet und hast ihm, Treue gelobt. Bist du eine erwachsene Frau oder noch ein Kind? Eine erwachsene Frau erkennt man daran, daß sie sich auch dann, wenn es ihr schwerfällt, an ihre Versprechen hält. Das ist schließlich der Kern aller Versprechungen.
    Und hier saß sie und gestattete es einem anderen als ihrem Ehemann, ihr die Wange zu streicheln. Lizzie machte die Augen wieder auf und sah Mack aufmerksam ins Gesicht. Blanke Sehnsucht sprach aus seinen grünen Augen. Sie verschloß ihr Herz davor. Einem plötzlichen Impuls folgend, schlug sie ihm mit aller Kraft ins Gesicht.
    Es war, als hätte sie einen Stein getroffen. Er rührte sich nicht von der Stelle, doch der Ausdruck seiner Augen veränderte sich. Sein Gesicht war unverletzt, sein Herz nicht. So ent setzt und bestürzt sah er aus, daß sie den überwältigenden Drang verspürte, sich zu entschuldigen und ihn in die Arme zu nehmen. Unter Auferbietung all ihrer Kraft widerstand sie der Versuchung und sagte mit zitternder Stimme: »Wage es nicht noch einmal, mich anzufassen!«
    Er sagte kein Wort, doch er starrte sie voll schmerzlichem Entsetzen an. Sie konnte den Anblick seiner verletzten Miene nicht mehr ertragen; daher stand sie auf und verließ wortlos das Zimmer.
    Entschließ dich, Jay eine gute Ehefrau zu sein, und werd so bald wie möglich wieder schwanger, hatte er gesagt. Einen ganzen Tag lang dachte Lizzie über diesen Satz nach. Der Gedanke, mit Jay ins Bett zu gehen, war ihr inzwischen unangenehm, aber es war ihre Pflicht als Ehefrau. Entzog sie sich ihr, so verdiente sie auch keinen Ehemann.
    Am Nachmittag nahm sie ein Bad. Es war eine komplizierte Angelegenheit: Ein Zuber aus Zinn wurde in ihrem Schlafzimmer aufgestellt, und fünf oder sechs kräftige Mädchen mußten in der Küche viele Eimer mit heißem Wasser füllen und sie erst über den Hof und dann die Treppe hinauf schleppen.
    Nach dem Bad zog Lizzie frische Kleidung an und ging zum Abendessen hinunter.
    Es war ein kalter Januarabend, und im Kamin prasselte ein Feuer. Lizzie trank etwas Wein und versuchte, eine fröhliche Plauderei mit Jay in Gang zu bringen - so, wie sie es vor ihrer Hochzeit immer getan hatte. Doch Jay ging nicht darauf ein. Kein Wunder, dachte Lizzie und hatte sogar Verständnis für ihn: Sie selber war ihm schließlich wochenlang alles andere als eine gesprächige und unterhaltsame Partnerin gewesen.
    Nach dem Essen sagte sie: »Es ist jetzt drei Monate her mit dem

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