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Die Brücken Der Freiheit: Roman

Die Brücken Der Freiheit: Roman

Titel: Die Brücken Der Freiheit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Schlucht die Ponies zurück und begannen mit dem Aufstieg. Der Hang war steil und der Boden entweder felsig oder sumpfig, so daß sie, wenn sie nicht stolperten, tief einsanken. Es dauerte nicht lange, und Henry und Robert waren außer Atem, während Lizzie und die Wildhüter, an derlei Strapazen gewöhnt, keinerlei Zeichen von Anstrengung erkennen ließen. Auch Sir George schnaufte heftig, und sein Gesicht war dunkelrot angelaufen, doch erwies er sich als überraschend ausdauernd und behielt sein Anfangstempo bei. Jay, durch das Soldatenleben gestählt, konnte gut mithalten, doch nach einiger Zeit spürte auch er, daß sein Atem schneller ging.
    Oben angelangt, arbeiteten sie sich hinter einem Grat, der sie vor den Blicken der Tiere schützte, weiter voran. Es blies ein bitterkalter Wind. Graupelschauer gingen nieder, und frostige Nebelschwaden wirbelten hie und da auf. Ohne einen warmen Pferdeleib unter sich begann auch Jay die Kälte zu spüren. Seine feinen Glacehandschuhe waren längst durchnäßt, und die Feuchtigkeit kroch nun auch in seine Reitstiefel und durchdrang die Strümpfe aus teurer Shetlandwolle.
    Die Wildhüter, die das Gelände kannten, hatten die Führung übernommen. Als sie sich ungefähr auf einer Höhe mit den Hirschen befanden, machten sie sich langsam und vorsichtig an den Abstieg, fielen plötzlich auf die Knie und krochen auf allen vieren weiter. Die anderen folgten ihrem Beispiel. Jay vergaß Kälte und Feuchtigkeit und spürte eine innere Erregung: Das Jagdfieber und die Hoffnung auf einen gelungenen Blattschuß hatten ihn gepackt.
    Noch immer kriechend, scherte er aus und spähte vorsichtig über einen Felsen. Als sich seine Augen an die Entfernung gewöhnt hatten, sah er die Hirsche - vier braune Flecken, gut verteilt über den grünen Hang. Daß man vier von ihnen gleichzeitig zu Gesicht bekam, war ungewöhnlich; das Gras dort unten mußte sehr üppig sein. Durch das Fernglas erkannte er, daß das entfernteste Tier den besten Kopf hatte. Das Geweih konnte er nur undeutlich sehen, aber es war eindeutig groß genug für einen Zwölfender. Über ihnen ertönte der krächzende Schrei eines Raben. Jay blickte hinauf und sah, daß ein Rabenpärchen über den Jägern kreiste; die beiden Vögel schienen zu wissen, daß in Kürze auch für sie etwas abfallen würde.
    Weiter oben am Hang schrie jemand auf und fluchte. Es war Robert, der in ein Sumpfloch gefallen war. »Verdammter Narr!« murmelte Jay mit zusammengebissenen Zähnen. Ein Hund knurrte vernehmlich. Einer der Wildhüter hob warnend die Hand, und alle erstarrten und rechneten schon mit dem Getrappel davonstiebender Hufe. Aber die Hirsche rührten sich nicht von der Stelle, so daß die Jagdgesellschaft kurze Zeit später ihren mühevollen Weg fortsetzen konnte.
    Bald mußten sie sich noch tiefer auf den Boden ducken und kamen nur noch robbend voran. Ein Wildhüter gab den Hunden den Befehl, sich hinzulegen und bedeckte ihre Augen mit Taschentüchern, um sie ruhig zu halten. Sir George und der Oberwildhüter glitten hinter einen Felsvorsprung und riskierten einen Blick über die Kante. Danach kehrten sie zu den anderen zurück, und Sir George gab seine Anweisungen.
    »Wir haben vier Hirsche und fünf Gewehre«, sagte er mit leiser Stimme. »Ich werde daher erst schießen, wenn einer von euch sein Ziel verfehlt hat.« Wenn er wollte, konnte er der perfekte Gastgeber sein. »Henry, du nimmst das Tier hier auf der rechten Seite. Du, Robert, das zweite von rechts: Es ist das nächste und von daher am leichtesten zu treffen. Der dritte Hirsch ist deiner, Jay. Sie, Miss Hallim, nehmen den vierten ins Visier. Er ist zwar am weitesten entfernt, hat aber auch den besten Kopf-und Sie sind ja eine gute Schützin. Alles klar? Also dann, in Stellung! Den ersten Schuß überlassen wir Miss Hallim, einverstanden?«
    Die Jäger schwärmten aus und glitten auf der Suche nach einer guten Schußposition den steilen Hang hinunter.
    Jay folgte Lizzie. Sie trug eine kurze Reitjacke und einen lockeren Rock ohne Krinoline. Grinsend nahm Jay zur Kenntnis, wie sich ihr hübsches Hinterteil vor ihm hin-und herbewegte. Nicht viele Mädchen würden vor den Augen eines Mannes so  herumkrabbeln wie sie - aber Lizzie war eben anders als andere Mädchen.
    Er kroch wieder ein Stück bergauf und arbeitete sich bis zu einem verkrüppelten Strauch vor, dessen Silhouette den grauen Himmel zackte. Der Busch bot ihm zusätzliche Deckung. Jay hob den Kopf und überblickte

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