Die Brücken Der Freiheit: Roman

Titel: Die Brücken Der Freiheit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett

Vom Netzwerk:

Aussätzige.«
    »Hatte wohl zuviel Gin gestern abend«, mutmaßte Charlie.
    Mack befürchtete Schlimmeres, behielt aber vorerst seine Gedanken für sich. »Probieren wir's in der Krone«, sagte er.
    Am Schanktisch saßen ein paar Kohlelöscher beim Bier. Sie kannten Charlie und grüßten ihn. »Habt ihr was zu tun, Jungs?« fragte Charlie. »Wir suchen ein Schiff.«
    Der Wirt hatte zugehört. »Seid ihr die Männer, die für Sidney Lennox in der Sonne arbeiten?«
    »Ja«, bestätigte Charlie, »aber er braucht uns nächste Woche nicht.«
    »Ich auch nicht«, entgegnete der Wirt.
    Beim Verlassen der Kneipe sagte Charlie: »Gehen wir zu Buck Delaney im Schwan. Der hat meistens zwei oder drei Trupps gleichzeitig für sich arbeiten.«
    Der Schwan war ein vielbesuchtes Gasthaus mit Ställen, einem Kaffeezimmer, einem Kohlelager und mehreren Schanktischen. Sie fanden den irischen Wirt in seinem Privatzimmer, von dem aus man den Hof überblicken konnte. Delaney war in seiner Jugend selber Kohlelöscher gewesen, doch inzwischen trug er zum Frühstück mit Kaffee und kaltem Fleisch Perücke und Spitzenhalstuch. »Ich geb' euch mal 'nen Tip, Jungs«, sagte er. »Alle Unternehmer in der Stadt wissen, was gestern abend in der Sonne passiert ist. Nicht einer von ihnen wird euch anstellen, dafür hat Sidney Lennox gesorgt.«
    Macks Zuversicht schwand. So etwas Ähnliches hatte er befürchtet.
    »Ich an eurer Stelle würde auf dem nächstbesten Schiff anheuern«, fuhr Delaney fort, »und mich erst einmal ein, zwei Jahre in dieser Stadt nicht blicken lassen. Wenn ihr dann zurückkommt, ist Gras über die Sache gewachsen.«
    »Soll das heißen, daß ihr Unternehmer auf ewige Zeiten die Kohlelöscher beklauen wollt?« fragte Dermot wütend.
    Delaney ließ sich nicht anmerken, ob er das als Beleidigung auffaßte. »Sehen Sie sich doch mal um, mein Junge«, sagte er sanft zu Dermot und umfaßte mit einer schwungvollen Handbewegung das silberne Kaffeegeschirr, das mit Teppichen ausgelegte Zimmer und seinen gesamten geschäftigen Betrieb, der den Luxus bezahlte. »Ich hab' mir das alles hier nicht erworben, weil ich die Leute fair behandelt habe.«
    »Was kann uns daran hindern, selbst mit den Kapitänen über Löschaufträge zu verhandeln?« fragte Mack.
    »Alles«, erwiderte Delaney. »Alle Nase lang taucht so ein Kohlelöscher auf wie Sie, McAsh. Einer, der ein bißchen mehr Grütze im Kopf hat als der Rest und sich einbildet, er könne seinen eigenen Trupp aufmachen, die Unternehmer umgehen, das Geld für Getränke sparen und so weiter. Aber es gibt einfach zu viele Leute, die mit dem gegenwärtigen System viel Geld verdienen - sehr viel sogar.« Er schüttelte den Kopf. »Sie sind nicht der erste, der dagegen protestiert, McAsh - und sicher auch nicht der letzte.«
    Delaneys Zynismus widerte Mack an, aber er spürte, daß der Wirt die Wahrheit sagte. Ihm fiel nichts mehr dazu ein. Resigniert wandte er sich zum Gehen. Dermot und Charlie folgten ihm.
    »Ich geb' Ihnen einen Rat, McAsh«, rief Delaney ihm nach. »Machen Sie's so wie ich. Suchen Sie sich irgendwo 'ne kleine Kneipe und verkaufen Sie scharfe Getränke an Kohlelöscher.
    Kümmern Sie sich um sich selbst - und nicht mehr bloß um andere. Sie könnten's schaffen. In Ihnen steckt das gewisse Etwas, das seh' ich ganz deutlich!«
    »Ich soll so einer werden wie Sie?« fragte Mack. »Sie haben Ihresgleichen übers Ohr gehauen und sind dadurch reich geworden. Nein, so einer wie Sie will ich bei Gott nicht werden! Und wenn man mir ein Königreich dafür verspräche.«
    Jetzt endlich verdüsterte sich Delaneys Miene vor Zorn. Für Mack war es ein kleiner Trost.
    Doch die Befriedigung währte nicht lange. Kaum hatte er die Tür hinter sich geschlossen, sah Mack ein, daß er vor einem Scherbenhaufen stand: Er hatte eine Auseinandersetzung gewonnen und alles andere verloren. Hätte ich meinen Stolz im Zaum gehalten und mich angepaßt, dachte er, gäb's morgen wenigstens Arbeit für mich. Jetzt stehe ich mit leeren Händen da - und mit mir fünfzehn andere Männer und ihre Familien. Unsere Lage ist hoffnungslos, und ich bin daran schuld… Und wann ich Esther nach London holen kann, steht wieder in den Sternen. Ich bin ein Idiot. Ich habe alles falsch gemacht, was ich falsch machen konnte…
    Die drei setzten sich an einen der Schanktische und bestellten sich Bier und Brot zum Frühstück. Mack sah ein, daß es anmaßend gewesen war, auf die tumbe Schicksalsergebenheit der