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Die Brücken Der Freiheit: Roman

Die Brücken Der Freiheit: Roman

Titel: Die Brücken Der Freiheit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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verdient hatte. Wahrscheinlich läßt Lennox uns nur warten, damit wir noch möglichst viel Geld vertrinken und verfressen, dachte er.
    Ungefähr eine Stunde später erschien Cora in der Schankstube. Sie trug ein senffarbenes Kostüm mit schwarzen Säumen und sah wieder glänzend aus. Alle Männer grüßten sie, doch zu Macks Überraschung setzte sie sich ausgerechnet neben ihn.
    »Wie ich höre, hattet ihr einen recht profitablen Nachmittag«, sagte er.
    »Leichtverdientes Geld, ja. Ein alter Mann, der's eigentlich besser wissen sollte.«
    »Am besten verrätst du mir eure Tricks, damit ich nicht auch einmal auf jemanden wie dich reinfalle.«
    Cora bedachte ihn mit einem koketten Blick. »Du wirst es niemals nötig haben, ein Mädchen zu kaufen, Mack. Das kann ich dir versprechen.«
    »Sag's mir trotzdem - ich bin einfach neugierig.«
    »Am leichtesten geht's so: Man sucht sich einen betrunkenen Reichen, macht ihn heiß, lockt ihn in eine dunkle Gasse, zieht  ihm das Geld aus der Tasche und verduftet.«
    »Und so habt ihr das heute nachmittag auch angestellt?«
    »Nein, das war noch besser. Wir fanden ein leerstehendes Haus und bestachen den Hausmeister. Ich schlüpfte in die Rolle der gelangweilten Hausfrau, und Peg war mein Mädchen. Wir lockten den Alten ins Haus und taten so, als lebten wir dort. Ich zog ihn aus und nahm ihn mit aufs Bett - und dann kam Peg gelaufen und rief, mein Mann komme unerwartet zurück.«
    Peg lachte. »Armer alter Freier! Sein Gesicht hätt'ste seh'n sollen. Hatte furchtbar Schiß und sich gleich im Schrank verkrochen!«
    »Wir haben seine Geldkatze, seine Uhr und seine Klamotten gepackt und sind abgehauen«, ergänzte Cora.
    »Wahrscheinlich hockt er immer noch im Schrank!« sagte Peg, und die beiden schüttelten sich vor Lachen.
    Die Frauen der Kohlelöscher erschienen. Viele von ihnen hielten ein Baby im Arm, und Kleinkinder hingen an ihren Rockzipfeln. Ein paar von ihnen umgab noch der Glanz und die Schönheit der Jugend, andere aber sahen müde und unterernährt aus. Es waren die Frauen gewalttätiger, trunksüchtiger
    Männer, und Mack nahm an, daß sie kamen, um wenigstens noch ein paar Pennys zu ergattern, bevor der ganze Woche nlohn vertrunken, verspielt oder verhurt war. Auch Bridget Riley mit ihren fünf Kindern tauchte auf und setzte sich zu Dermot und Mack an den Tisch.
    Erst gegen Mitternacht erschien auch Lennox.
    Er hatte einen Ledersack mit Münzen und zwei Pistolen bei sich, die letzteren offensichtlich zum Schutz gegen Räuber. Die Kohlelöscher, von denen die meisten inzwischen betrunken
    waren, begrüßten ihn wie einen Helden im Triumphzug. Mack verachtete seine Arbeitskollegen in diesem Augenblick: Warum diese übertriebene Dankbarkeit für etwas, das sie sich redlich verdient hatten?
    Lennox war ein griesgrämiger Mann von ungefähr dreißig Jahren. Er trug Kniehosen und ein Flanellwams, aber kein Hemd. Vom Tragen schwerer Bier-und Schnapsfässer war sein Körper muskulös und durchtrainiert. Um seinen Mund lag ein grausamer Zug, und es ging ein eigenartig süßlicher, ein wenig an faulendes Obst erinnernder Geruch von ihm aus. Mack beobachtete, daß Peg unwillkürlich zusammenzuckte, als Lennox an ihr vorüberschritt; sie hatte Angst vor diesem Mann.
    Lennox zog sich in einer Ecke einen Tisch zurecht, stellte den Sack darauf ab und legte die Pistolen daneben. Die Männer und Frauen gingen vor und bildeten eine dichtgedrängte Menschentraube um ihn. Es ging ziemlich ruppig zu: Jeder versuchte, sich möglichst weit vorzudrängein, als fürchtete er, Lennox könne vor Auszahlung aller Löhne das Geld ausgehen. Mack hielt sich zurück. Es war unter seiner Würde, sich so gierig um seinen wohlverdienten Lohn zu reißen.
    Die rauhe Stimme von Lennox übertönte die allgemeine Unruhe. »Jeder Mann hat diese Woche ein Pfund und elf Pence verdient, abzüglich die Zeche hier im Hause.«
    Mack traute seinen Ohren nicht. Sie hatten zwei Schiffe entladen und an die dreißigtausend Säcke gefüllt. Das bedeutete ein Bruttoeinkommen von ungefähr sechs Pfund pro Mann. Woher kamen all diese Abzüge?
    Die Männer und Frauen stöhnten enttäuscht auf, doch niemand stellte die Summe in Frage. Als Lennox begann, die einzelnen Löhne auszuzahlen, meldete Mack sich zu Wort: »Augenblick! Wie haben Sie das berechnet?«
    Lennox blickte erbost auf. »Ihr habt dreißigtausend Säcke gefüllt, das sind pro Mann sechs Pfund und fünf Pence brutto.
    Davon werden fünfzehn Shilling pro Tag

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