Die Brücken Der Freiheit: Roman
dahinterkommt, muß ich es ausbaden, dachte er. »Und wenn ihr jemand schreibt?« wandte er ein.
Alicia dachte nach.
»Wir müssen wissen, welcher der Bediensteten in High Glen dazu imstande wäre«, sagte sie. »Das könntest eigentlich du herausfinden, Jay.«
»Und wie willst du die Betreffenden daran hindern?«
»Wir schicken jemanden rauf, der sie entläßt.«
»Das könnte klappen«, sagte Sir George. »Gut, so machen wir's.«
Mit einem triumphierenden Lächeln wandte sich Alicia an ihren Sohn. Nun hatte sie ihm nach langem Hin und Her doch ein angemessenes Erbe verschafft. Sie umarmte und küßte ihn. »Gott segne dich, mein lieber Junge«, sagte sie. »Jetzt geh du zu Lizzie, und sage ihr, daß dir und deiner Familie diese Panne sehr leid tut und daß dein Vater dir zur Hochzeit Mockjack Hall schenkt.«
Jay drückte sie an sich und flüsterte ihr ins Ohr: »Das hast du großartig gemacht, Mutter. Danke!«
Er ging. Draußen, auf dem Weg durch den Garten, schwankte er zwischen Hochstimmung und Beklommenheit. Er hatte bekommen, was er sich immer erträumt hatte. Es wäre ihm lieber gewesen, ans Ziel zu gelangen, ohne seine Braut täuschen zu müssen, aber es ging nun einmal nicht anders. Hätte ich mich geweigert, so stünde ich jetzt ohne eigenen Besitz da - und würde wahrscheinlich auch Lizzie verlieren.
Er betrat das kleine Gästehaus neben den Ställen. Lady Hallim und ihre Tochter saßen in dem bescheidenen Salon vor dem Kamin. Beide hatten sie geweint. plötzlich überkam Jay eine gefährliche Versuchung. Es drängte ihn, Lizzie die Wahrheit zu sagen. Wenn ich ihr die Intrige meiner Eltern beichte und sie dann bitte, mich zu heiraten und ein Leben in Armut zu führen… Es wäre denkbar, daß sie ja sagt.
Aber die Angst vor dem Risiko hielt ihn zurück. Außerdem wäre es dann vorbei mit dem gemeinsamen Traum von einerneuen Existenz in Übersee. Manchmal ist eine Lüge freundlicher als die Wahrheit, sagte er sich.
Ob sie mir überhaupt Glauben schenken wird?
Er kniete vor ihr nieder. Ihr Hochzeitskleid duftete nach Lavendel.
»Es tut meinem Vater sehr leid«, sagte er. »Er hat die Prospektoren geschickt, weil er mich überraschen wollte. Er dachte, es würde uns freuen, zu erfahren, wieviel Kohle auf eurem Land liegt. Er wußte nichts von deiner Abneigung gegen den Abbau.«
Lizzie blickte ihn skeptisch an. »Warum hast du ihm nichts davon erzählt?« fragte sie.
In einer Geste der Hilflosigkeit breitete er seine Hände aus. »Er hat mich nie danach gefragt.«
Lizzie war noch immer nicht ganz überzeugt. Aber Jay hatte noch einen weiteren Trumpf im Ärmel. »Da ist noch etwas anderes«, sagte er. »Unser Hochzeitsgeschenk.«
Lizzie runzelte die Stirn. »Und das wäre?«
»Mockjack Hall - eine Tabakplantage in Virginia. Wir können dorthin fahren, sobald wir wollen.«
Sie starrte ihn überrascht an.
»Das wolltest du doch immer, nicht wahr? Ein neuer Start in einem neuen Land. Ein Abenteuer!«
Langsam zeichnete sich ein Lächeln auf Lizzies Miene ab. »Tatsächlich? Virginia? Ist denn das die Möglichkeit?«
Er konnte es kaum fassen. Sie war bereit. »Du bist also einverstanden?« fragte er.
Lizzie strahlte. Tränen traten ihr in die Augen. Sie nickte stumm.
Jetzt wußte Jay, daß er gewonnen hatte. Alle seine Wünsche gingen in Erfüllung. Es war ein Gefühl wie beim Kartenspiel: Er hatte alle Trümpfe in der Hand. Nun brauchte er nur noch die Gewinne einzustreichen.
Er erhob sich, zog Lizzie aus ihrem Sessel und bot ihr den Arm. »Dann komm mit!« sagte er. »Laß uns heiraten!«
Kapitel 5
PUNKT ZWÖLF UHR MITTAGS am dritten Tag war der Laderaum der Durham Primrose leer. Mack blickte in die Runde. Er konnte es kaum fassen. Sie hatten alles allein geschafft. Ohne Unternehmer.
Sie hatten am Flußufer gewartet und sich ein Kohleschiff ausgesucht, das um die Tagesmitte herum einlief, als die anderen Löschergangs bereits beschäftigt waren. Mack und Charlie waren auf den Fluß hinausgerudert und hatten dem Kapitän ihre Dienste angeboten. Sie seien sofort einsatzbereit. Der Kapitän, der wußte, daß ein regulärer Löschtrupp frühestens am nächsten Morgen verfügbar sein würde, hatte sofort eingewilligt.
In Erwartung des vollen Lohns arbeiteten die Männer, wie es schien, noch schneller als sonst. Sie tranken nach wie vor viel Bier, doch da sie jeden Krug einzeln bezahlten, verbrauchten sie nur soviel wie unbedingt nötig. Nach achtundvierzig Stunden war das Schiff
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