Die Brücken Der Freiheit: Roman
muß Kohle geschürft werden, ohne daß Lizzie davon erfährt.«
Jay runzelte die Stirn. Doch obwohl ihm dieser Vorschlag angst machte, erhob er zunächst keinen Einwand.
»Und wie sollen wir das anstellen?« fragte Sir George.
»Schick sie und Jay fort. In ein anderes Land.«
Was für eine raffinierte Idee, dachte Jay, doch er hatte Bedenken: »Lady Hallim können wir nichts vormachen. Und sie wird es Lizzie sagen.«
Alicia schüttelte den Kopf. »Nein, das wird sie nicht. Sie ist zu allem bereit, um diese Ehe durchzusetzen. Wenn wir ihr sagen, sie soll den Mund halten, dann wird sie es auch tun.«
»Und wo sollen wir hin?« fragte Jay. »In welches Land?«
»Barbados«, sagte seine Mutter.
»Nein!« protestierte Robert. »Die Zuckerrohrplantage bekommt Jay nicht!«
»Ich denke doch, daß sich dein Vater von ihr trennen wird, wenn das Schicksal des Familienunternehmens davon abhängt«, erwiderte Alicia ruhig.
Auf Roberts Miene lag ein triumphierender Zug. »Das kann er nicht mehr, selbst wenn er's gerne möchte. Die Pflanzung gehört bereits mir.«
Alicia sah Sir George fragend an. »Stimmt das? Gehört sie ihm?«
Sir George nickte. »Ich habe Sie ihm überschreiben lassen.«
»Wann?«
»Vor drei Jahren.«
Die nächste böse Überraschung. Jay hatte von alldem nichts gewußt. Er war verletzt. »Deshalb habe ich sie nicht zum Geburtstag bekommen«, sagte er traurig. »Du hattest sie längst Robert geschenkt.«
»Aber du würdest die Plantage doch gewiß zurückgeben, Robert, wenn du damit die Firma retten würdest, nicht wahr?« fragte Alicia.
»Nein!« sagte Robert erhitzt. »Das ist ja erst der Anfang. Erst willst du mir die Pflanzung nehmen, danach kommt alles andere.
Ich kenne dich! Du hast es schon immer drauf angelegt, mir Geschäftsanteile wegzunehmen, um sie diesem kleinen Bastard zuzuschanzen.«
»Alles, was ich will, ist ein fairer Anteil für Jay.«
»Wenn du nicht zustimmst, Robert, kann die ganze Familie bankrott gehen«, mahnte Sir George.
»Ich nicht!« tönte sein Ältester siegesgewiß. »Mir bleibt ja immer noch eine Pflanzung…«
»Aber du könntest sehr viel mehr bekommen.«
Robert sah ihn verschlagen an. »All right. Ich bin einverstanden. Unter einer Bedingung: Du überschreibst mir die gesamte Firma, also alles. Und du ziehst dich aufs Altenteil zurück.«
»Kommt nicht in Frage!« rief Sir George. »Altenteil! Ich bin noch keine fünfzig Jahre alt!«
Aug' in Aug' standen sie sich gegenüber und funkelten einander an. Wie ähnlich sie sich doch sind, dachte Jay. Und eines steht fest: Nachgeben wird keiner von beiden… Seine Hoffnungen schwanden dahin.
Sie steckten in einer Sackgasse. Die beiden Sturköpfe beharrten auf ihren unvereinbaren Standpunkten und ruinierten damit alles - die Hochzeit, die Firma und die Zukunft der Familie.
Nur eine war noch nicht bereit, die Flinte ins Korn zu werfen, und das war Alicia. »Was ist das da für eine Liegenschaft in Virginia, George?« fragte sie.
»Sie heißt Mockjack Hall. Eine Tabakpflanzung, ungefähr tausend Morgen groß, mit fünfzig Sklaven. Warum fragst du?«
»Du könntest sie Jay geben.«
Jays Herz schlug höher. Virginia! Das wäre der Neubeginn, der mir schon so lange vorschwebt. Endlich fort von diesem Vater und diesem Bruder. Endlich ein eigenes Fleckchen Land, das ich auf eigene Verantwortung bestellen kann! Und Lizzie wird jubeln, wenn sie davon erfährt…
Sir Georges Augen verengten sich. »Aber ich kann ihm kein Geld geben«, sagte er. »Wenn er die Plantage wieder flott machen will, wird er sich das dazu erforderliche Kapital leihen müssen.«
»Das ist mir egal«, warf Jay ein.
»Aber du wirst Lady Hallims Hypothekenzinsen übernehmen müssen, George«, sagte Alicia. »Sonst besteht die Gefahr, daß man ihr High Glen wegnimmt.«
»Das läßt sich machen, wenn erst einmal das Geld für die Kohle fließt.« Vater ging schon in die Einzelheiten. »Die beiden müßten sofort nach Virginia abreisen, innerhalb von ein paar Wochen.«
»Nein, das geht nicht«, wandte Alicia ein. »Sie müssen sich vorbereiten können. Gib ihnen wenigstens drei Monate.«
Sir George schüttelte den Kopf. »Ich muß schon früher an die Kohle ran.«
»Na gut. Lizzie wird wohl auch gar nicht mehr nach Schottland zurück wollen. Die Vorbereitungen auf ihr neues Leben werden sie auf Trab halten.«
Daß hinter all dem Gerede ein Täuschungsmanöver gegenüber Lizzie steckte, erfüllte Jay mit Unbehagen. Wenn sie
Weitere Kostenlose Bücher