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Die Brücken Der Freiheit: Roman

Die Brücken Der Freiheit: Roman

Titel: Die Brücken Der Freiheit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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fügte hinzu: »Guck mich nicht so erschrocken an! Wahrscheinlich hältst du mich für eine Hure, aber das bin ich gar nicht. Nur manchmal, aus Verzweiflung.«
    Mack nahm sein Stück Seife und ging hinunter in den Hof. Cora begleitete ihn und sah ihm dabei zu, wie er den Oberkörper entblößte und sich den Kohlestaub aus den Haaren wusch und von der Haut schrubbte. Dann lieh er sich von Dermot ein frisches Hemd, schlüpfte in den Umhang, setzte seinen Hut auf und nahm Coras Arm.
    Sie wandten sich nach Westen und gingen mitten durch die City. In London, soviel wußte Mack inzwischen, suchten die Menschen bei Spaziergängen durch die Straßen Erholung, so wie sie in Schottland durch die Hügel wanderten. Er genoß es, Cora an seinem Arm zu haben. Die Art, wie sie die Hüften schwang und ihn dabei immer wieder berührte, gefiel ihm. Wegen ihrer auffallenden Haarfarbe und der eleganten Garderobe erregte sie große Aufmerksamkeit. Mack spürte, daß ihn die neidischen Blicke anderer Männer verfolgten.
    Sie gingen in eine Gaststätte und bestellten sich Austern, Brot und ein starkes Bier namens Porter. Cora aß mit gutem Appetit. Sie schluckte die Austern im Stück und spülte sie mit dunklem Ale herunter.
    Als sie das Lokal wieder verließen, hatte sich das Wetter geändert. Zwar war es noch immer recht kühl, doch hatte sich die Sonne inzwischen hervorgewagt. Die beiden schlenderten nach Mayfair, einem reichen Wohnviertel.
    In den ersten zweiundzwanzig Jahren seines Lebens hatte Mack nur zwei herrschaftliche Villen gesehen - Schloß Jamisson und High Glen House. In Mayfair fanden sich in jeder Straße zwei vergleichbare Herrenhäuser und mindestens fünfzig  andere, die kaum weniger grandios waren. Londons Reichtum ließ ihn immer wieder von neuem staunen.
    Vor einem der größten Häuser von allen fuhren unentwegt
    Kutschen vor und lieferten Gäste ab. Offenbar feierte man dort ein Fest. Beiderseits des Eingangs hatte sich eine kleine Gruppe von Passanten, Zuschauern und Dienstboten benachbarter Anwesen versammelt, und auch in den Türen und Fenstern der Nachbarhäuser waren Menschen zu sehen. Die Villa war strahlend hell erleuchtet, obwohl es noch früh am Nachmittag war, und das Portal war mit Blumen geschmückt. »Muß eine Hochzeit sein«, sagte Cora.
    Sie blieben stehen und sahen eine weitere Kutsche vorfahren. Mack fuhr zusammen, als er den Neuankömmling erkannte: Es war Jay Jamisson. Er half seiner Braut aus der Kutsche, und die Umstehenden jubelten dem jungen Paar zu und klatschten in die Hände.
    »Sie ist hübsch«, bemerkte Cora.
    Lizzie lächelte. Sie sah sich um und nickten den Applaudierenden dankbar zu. Dann erkannte sie Mack. Ihre Blicke begegneten sich, und einen Moment lang verharrte Lizzie wie vom Blitz getroffen. Er lächelte und winkte ihr zu. Da wandte die Braut rasch die Augen von ihm ab und eilte hastig ins Haus.
    Es hatte nur Bruchteile von Sekunden gedauert, doch der  scharfäugigen Cora war nichts entgangen. »Kennst du sie?«
    »Von ihr habe ich den Pelz«, sagte Mack.
    »Hoffentlich weiß ihr Ehemann nicht, daß sie Kohlelöscher so  reich beschenkt.«
    »Sie verschenkt sich an Jay Jamisson, diesen eitlen Schwächling.«
    »Du bildest dir wohl ein, als deine Frau hätte sie's besser«, erwiderte Cora sarkastisch.
    »Hätte sie auch«, sagte Mack ernsthaft. »Wollen wir ins Theater gehen?«
    Umgeben von kichernden Verwandten und Freunden, die alle mehr oder weniger stark betrunken waren, saßen Lizzie und Jay spätabends in ihrem Ehebett. Sie trugen bereits ihre Nachtgewänder. Die ältere Generation hatte sich längst verabschiedet, doch der Brauch wollte es, daß Hochzeitsgäste noch lange Zeit bei den Jungvermählten verweilten und sie auf die Folter spannten. Natürlich nahm man an, daß sie nun nichts anderes im Sinn hatten, als so schnell wie möglich die Ehe zu vollziehen.
    Der Tag war wie im Flug vergangen. Lizzie hatte über Jays Verrat, seine Entschuldigung, ihr Einlenken und die gemeinsame Zukunft in Virginia kaum nachdenken können. Es war ihr einfach keine Zeit geblieben, ihr Gewissen zu erforschen, ob die Entscheidung, die sie getroffen hatte, auch die richtige war.
    Chip Marlborough kam herein und brachte einen Krug Posset. An seinem Hut steckte eines von Lizzies Strumpfbändern. Er füllte alle Gläser und rief: »Ein Toast!«
    »Ein letzter Toast!« verbesserte ihn Jay, erntete aber nur Gejohle und Gelächter.
    Lizzie nippte an ihrem Glas, das eine mit Zimt und Zucker

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