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Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Die Brückenbauer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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muss
unterliegen; aber jeder Schädel eines Indianers, welcher später aus der Erde geackert wird, wird denselben stummen Schrei zum Himmel stoßen, von dem das vierte Kapitel der Genesis erzählt.«
    Er konnte sich nicht mehr konzentrieren, legte das Buch beiseite, faltete die Hände hinter dem Kopf und starrte auf die gerundete Zeltwand. Der Regen wollte nicht nachlassen.
    Sehr merkwürdig. Das hatte er als Dreizehnjähriger, dreizehnjähriger Weißer, neuntausend Kilometer nördlich von hier in Kristiania gelesen, und vermutlich hatte er mit dem Gedanken sympathisiert. Er war ein edler weißer Dreizehnjähriger aufseiten der Indianer gewesen.
    Woran hatte aber Hassan Heinrich gedacht, als er diesen Satz – es handelte sich um die einzige Unterstreichung des Buches – unterstrichen hatte? Dass jeder Schädel eines Schwarzen, der unter dem Pflug der Siedler zum Vorschein kam, ein stummer Zeuge der Schuld der Deutschen war?
    Der Unterschied zwischen Amerika und Afrika war ungeheuer groß.
    Oder etwa nicht?
    Doch, so musste es sein. Wir sind in Afrika, um Licht und technischen Fortschritt zu verbreiten. Wir bauen Eisenbahnen für die Afrikaner, dachte er. Die Siedler in Amerika hatten nur ein Interesse, den Indianern so viel Land wie möglich zu stehlen. Wir stehlen kein Land. Außerdem haben wir die Sklaverei abgeschafft.
    Anfangs fiel ihm gar nicht auf, dass der Regen aufhörte, weil es von den Bäumen, die das Lager umstanden, noch heftig tropfte. Aber plötzlich schien die wiedergekehrte Sonne so grell, dass er geblendet wurde, obwohl er sich in
seinem Zelt befand. Er hatte das deutliche Gefühl, dass die Regenzeit für dieses Mal vorüber war. Sie endete ebenso abrupt, wie sie begonnen hatte. Nach einigen Jahren entwickelte man einen Spürsinn dafür, ob es sich nur um eine Unterbrechung oder wirklich um das Ende handelte.
    Die Augen mit der Hand beschattend, trat er aus dem Zelt in das grelle und ungewohnte Sonnenlicht. Eine mehrere Monate lang andauernde Periode üppiger Vegetation erwartete sie. Und die Malaria, da mit den steigenden Temperaturen in den Sümpfen Milliarden Moskitos kamen.
    Den Rest des Tages wollte er damit zubringen, Messungen am Brückenfundament vorzunehmen. Jetzt beim höchsten Wasserstand war der Zeitpunkt für solche Berechnungen ideal. Er plante, eine Reihe von Brücken über das gesamte Sumpfgebiet zu bauen. Das würde zwar Zeit beanspruchen und Kosten verursachen, aber diese Zeit konnte man in Zukunft sparen, weil keine weggespülten Bahndämme mehr zu reparieren waren. Es war der letzte Sumpf auf dem Weg zur Endstation bei Kigoma am Ufer des Tanganjikasees. Das Terrain hinter den Sumpfgebieten bestand aus lichtem Wald und Savanne, die mit keinen Hindernissen aufwarteten. Die Reise näherte sich ihrem Ende, und das kam ihm fast unwirklich vor. Vielleicht hatte er den Gedanken daran in sein Unterbewusstsein verbannt, weil er nicht darüber nachdenken wollte, wie es danach für ihn weitergehen würde?
    In nicht allzu ferner Zukunft würde die Bahn Kigoma erreichen, die letzten Schienen würden am Seeufer verlegt werden, und irgendein hohes Tier, vermutlich Generaldirektor Dorffnagel oder sogar Generalgouverneur Schnee,
würde in Galauniform erscheinen und den letzten Schwellennagel einschlagen. Die Blaskapelle würde »Die Wacht am Rhein« spielen, und danach wäre alles vorüber.
    Was würde er dann tun? Nach Norwegen zurückkehren und zusammen mit Sverre und Lauritz auf der Hardangervidda arbeiten? Falls sie überhaupt dort waren, was er streng genommen nicht wusste.
    Auf dem Weg zum Brückenfundament, mit schmatzenden Stiefeln im aufgeweichten Boden und seinen Messinstrumenten auf der Schulter, beschloss er, sich nicht um die Zukunft zu scheren und einfach die Bahnstrecke fertig zu bauen.
    Die Messungen am ersten Brückenpfeiler waren rasch beendet. Es waren nur ein paar kleinere Änderungen nötig. Die Verschalung für den Gussbeton hatte dem Regen und der Überschwemmung sehr gut standgehalten. Die Armierung war bereits angebracht, am nächsten Tag würde man mit dem Gießen beginnen können. Die Kieshaufen lagen bereit, und der Zement sollte am nächsten Tag auf einem flachen, offenen Güterwagen angeliefert werden. Die Sonne wärmte bereits. Am Spätnachmittag wollte er mit Kadimba auf die Jagd gehen, da jetzt, wo der Regen aufgehört hatte, überall Wild äste.
    Kurz darauf kam Kadimba, als hätte er Oscars Gedanken gelesen, angeschlendert. Aber er wollte nicht über die Jagd

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