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Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Die Brückenbauer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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natürlich die Stimmung beträchtlich, dass nicht mehr verlangt wurde, nur zu beten, zu schweigen und zu essen und erneut zu beten.
    Sie hatte noch nicht entschieden, was sie von dem neuen »Langhaus« im Wikingerstil halten sollte, ob es Kitsch war oder nicht. Die Drachenköpfe am Dachfirst, die schweren Balken, das Grasdach, alles war dem Frøynes -Warenzeichen nachgebildet. Ingeborg begegnete aller Nationalromantik mit Misstrauen, die sie zu Hause in Deutschland schon zur Genüge genossen hatte. Blut und Boden, die Einheit der Germanen, fürchterliche Plastiken, am allerschlimmsten die, die den germanischen Urhelden Hermann zeigten, wie er die Römer besiegte. Von der Walhalla bei Regensburg ganz zu schweigen.
    Die Norweger waren vielleicht toleranter, ihr Staat war so neu, in der Tat noch keine zehn Jahre alt.
    Trotzdem stand sie diesem Haus mit großer Skepsis gegenüber, obwohl sie zugeben musste, dass es sich um ein äußerst praktisches, vernünftiges Bauwerk handelte, eine Art Werkstatthalle, in der im Winter bis zu zwanzig Frauen sitzen konnten, junge und alte, um bei gutem Licht und angenehmer Wärme zu stricken. Die Wände waren mit
einer ganz neuen Methode isoliert, zwischen den Balken der Außenwand und den Brettern der Innenverkleidung gab es Luft und Wolle. Zwei große offene Kamine und einige Petroleumöfen sorgten für Wärme.
    Bereits weit draußen auf dem Fjord konnte man sehen, dass sich etwas verändert hatte, wenn sich der Dampfer Tyssebotn näherte. Alle Häuser waren frisch gestrichen und strahlten weiß. Viele hatten Dächer aus schwarzen Ziegeln bekommen. Frøynes war eine Segnung für die Insel, das war das Entscheidende. Im Übrigen liebten die Kinder das Haus, und das Hochzeitsfest von Cousine Solveig war sehr schön gewesen.
    Gegen Nachmittag waren sie so weit den Fjord hinaufgesegelt, dass es nun an der Zeit für Lauritz war, einen nordöstlichen Kurs zu setzen, wobei sie platt achterlichen Wind erhielten.
    Vor der Kvamsøy kamen Lauritz Bedenken, aber schließlich erteilte er Christian und Halfdan den Befehl, auf den diese offenbar gewartet hatten, denn sie eilten auf Deck und auf das Vorschiff, als handele es sich um eine Regatta. Ingeborg war klar, was jetzt geschehen würde und warum Lauritz gezögert hatte. In Gesellschaft des Kaisers als auch König Haakons war es vielleicht nicht angesagt, forsch aufzutreten. Trotzdem hatten sie genau das vor. Im Norden war bereits die deutsche Armada von riesigen grauen Kriegsschiffen zu sehen.
    Der Spinnaker der Ran in den norwegischen Farben entfaltete sich wie eine riesige Blume über dem Bug und war meilenweit zu sehen. Niemandem in Vangsnes konnte entgehen, welches Boot sich näherte.
    Wenig später segelten sie zwischen den deutschen
Kriegsschiffen hindurch, die mit Signalflaggen geschmückt vor Anker lagen, und dann dicht und sehr schnell an der kaiserlichen Jacht Hohenzollern vorbei. Die Passagiere auf dem Promenadendeck jubelten und schwenkten ihre Hüte bei dem ihnen so vertrauten Anblick.
    Für die Deutschen, die sich mit Segeln auskannten, und man durfte annehmen, dass das bei den meisten Gästen auf der Hohenzollern der Fall war, war die Ran mit ihrem, gelinde gesagt, auffallenden Spinnaker mittlerweile bekannter als die Boote der Kaiserfamilie, möglicherweise mit Ausnahme der Meteor des Kaisers.
    Plötzlich wurde von der Hohenzollern Salut geschossen. Eine solche Ehre konnte ihnen nur auf Befehl des Kaisers persönlich zuteilgeworden sein.
    Lauritz antwortete sofort, indem er die norwegische Fahne im Heck einholte und den Gegengruß oben von der Hohenzollern abwartete, der bald erfolgte. Dann hisste er seine Fahne wieder.
    Anfangs schien es den Gästen auf der Ran die Sprache verschlagen zu haben, aber dann begannen sie, eifrig durcheinanderzureden. Alberte ließ verlauten, nun sei ihr klar, weshalb man so gute Plätze beim privaten Bankett des Kaisers erhalten habe. Marianne schien mehr zu beschäftigen, wie neidisch die bessere Bergener Gesellschaft nun sein würde.
    Lauritz versuchte, offensichtlich verlegen, zu erklären, dass der Kaiser ein anerkannt guter Segler sei. Das Ganze sei eher als ein kleiner Scherz zu verstehen. Bisher habe er den roten Spinnaker ja immer von hinten betrachten müssen.
    Keiner in der aufgeregten Menge schien zu verstehen,
dass er versuchte, einen Witz zu machen. Bald lagen sie auf ihrem reservierten Platz an einem der provisorischen Stege unterhalb von Vangsnes.

    Der Fjord war von kleinen Booten

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