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Die Brüder Karamasow

Die Brüder Karamasow

Titel: Die Brüder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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nicht glauben!«
    »Aber ich lüge ja nicht, es ist alles Wahrheit. Leider ist die Wahrheit meist nicht gerade geistreich. Du erwartest, wie ich sehe, von mir etwas Großes und vielleicht auch etwas Schönes. Das ist sehr schade, denn ich gebe nur, was ich kann ...«
    »Philosophier nicht, du Esel!«
    »Was ist daran schon Philosophie, wenn meine ganze rechte Seite gelähmt war, so daß ich ächzte und stöhnte? Ich war bei der ganzen medizinischen Fakultät. Diagnosen stellen können die Herren vortrefflich; alle Momente der Krankheit zählen sie einem an den Fingern auf – bloß zu heilen verstehen sie sie nicht. Da war auch so ein begeisterter junger Student, der sagte: ›Wenn Sie nun auch sterben, so werden Sie doch wenigstens genau wissen, an welcher Krankheit Sie gestorben sind!‹ Und dann ihre Manier, die Kranken zu Spezialisten zu schicken! ›Wir‹, sagen sie, ›stellen nur die Diagnose. Dann müssen Sie zu dem und dem Spezialisten fahren, der wird Sie kurieren.‹ Der Arzt von früher, der alle Krankheiten kurierte, ist heutzutage total verschwunden, sage ich dir; jetzt gibt es nur Spezialisten, und die zeigen sich immer in den Zeitungen an. Wenn dir die Nase weh tut, schicken dich die Ärzte nach Paris. ›Dort‹, sagen sie, ›ist ein europäischer Spezialist, der Nasen kuriert.‹ Du kommst nach Paris, und er untersucht die Nase. ›Ich kann Ihnen‹, sagt er, nur das rechte Nasenloch heilen, linke Nasenlöcher behandle ich nicht, das ist nicht meine Spezialität. Fahren Sie, sobald ich Ihr rechtes Nasenloch geheilt habe, nach Wien, dort wird ein besonderer Spezialist Ihr linkes Nasenloch heilen.‹ Was soll man da machen? Ich nahm meine Zuflucht zu volkstümlichen Mitteln! Ein deutscher Arzt riet mir, mich in der Badestube auf der Schwitzbank mit Honig und Salz einzureiben. Ich ging auch hin, bloß um noch einmal ins Bad zu kommen, und schmierte mich von oben bis unten voll, aber ohne irgendwelchen Nutzen. In meiner Verzweiflung schrieb ich an den Grafen Mattei, einen bekannten Homöopathen in Mailand; der schickte mir ein Buch und Tropfen – wollte Gott, daß sie mir genützt hätten. Und denke dir: Hoffsches Malzextrakt hat mir geholfen! Ich kaufte mir zufällig welches, trank anderthalb Flaschen aus und hätte tanzen können, der Schmerz war weg! Ich beschloß, unter allen Umständen eine Danksagung in den Zeitungen drucken zu lassen, denn das Gefühl der Dankbarkeit war in mir rege geworden. Doch stell dir vor, da passierte eine neue wunderliche Geschichte – bei keiner Redaktion nahm man meine Danksagung an! ›Es wird sich zu reaktionär ausnehmen‹, sagten sie. ›Kein Mensch glaubt mehr daran, le diable n'existe point. Lassen Sie doch die Danksagung anonym drucken.‹ Na, was ist das für eine Danksagung, wenn kein Name daruntersteht! Ich scherzte noch mit den Kontoristen. ›An Gott zu glauben‹, sagte ich, ›das ist in unserem Jahrhundert allerdings reaktionär. Aber ich bin ja der Teufel, an mich darf man glauben.‹ – ›Wir verstehen‹, erwiderten sie. ›Wer glaubt denn nicht an den Teufel? Aber es geht trotzdem nicht. Es könnte unserem Blatt schaden, weil es nicht seiner Richtung entspricht ... Oder sollen wir es als Scherz bringen?‹ Na, als Scherz, dachte ich, wäre es nicht sonderlich geistreich. So wurde es eben nicht gedruckt. Und ob du es glaubst oder nicht – das ist mir ein dauernder Schmerz geblieben. Meine besten Gefühle, wie zum Beispiel die Dankbarkeit, sind mir einzig und allein durch meine soziale Stellung verboten.«
    »Bist du schon wieder ins Philosophieren geraten?« knirschte Iwan haßerfüllt.
    »Gott behüte mich davor! Doch es ist manchmal einfach unmöglich, sich nicht zu beklagen. Ich bin ein arg verleumdeter Mensch. Da sagst du mir alle Augenblicke, ich sei dumm. Daran sieht man, daß du noch jung bist. Mein Freund, der Verstand ist nicht das einzige, worauf es ankommt! Ich habe von Natur ein gutes, fröhliches Herz, ich habe sogar verschiedene kleine Lustspiele verfaßt. Du scheinst mich wohl für einen alt gewordenen Chlestakow zu halten, und doch ist mein Schicksal viel ernster. Durch irgendeine urewige Bestimmung, die ich nie habe begreifen können, ist es zu meinem Beruf gemacht worden, zu ›verneinen‹, während ich doch von Herzen gut und zum Verneinen gänzlich unfähig bin. ›Nein‹, heißt es, ›geh hin und verneine! Ohne Verneinung ist keine Kritik möglich, und was wäre ein Journal ohne eine Abteilung Kritik? Ohne die Kritik

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