Die Brueder Karamasow
nicht eine Minute Zeit ...«
Er nahm den obersten Hundertrubelschein von dem Päckchen und reichte ihn dem Beamten.
»Aber ich werde nicht herausgeben können«, bemerkte der. »Haben Sie kein kleineres Geld?«
»Nein«, antwortete Mitja, wobei er wieder das Päckchen ansah. Dann blätterte er mit den Fingern die obersten zwei oder drei Scheine durch, als ob er seinem eigenen Wort nicht traute. »Nein, alles dieselbe Sorte«, fügte er hinzu und blickte wieder Pjotr Iljitsch fragend an.
»Woher sind Sie denn so reich geworden?« fragte der Beamte. »Warten Sie, ich werde meinen Burschen zu den Plotnikows schicken. Die schließen ihr Geschäft erst spät und werden wohl wechseln können. He, Mischa!« rief er ins Vorzimmer.
»Zum Laden von Plotnikow – das ist ja herrlich!« rief Mitja. Ein neuer Gedanke schien ihn erleuchtet zu haben. »Mischa!«
sagte er zu dem Burschen. »Weißt du was, lauf doch mal zu Plotnikows und sag, Dmitri Fjodorowitsch läßt grüßen und kommt gleich selber hin. Und noch etwas. Sie sollen, bis ich dort bin, Champagner bereitstellen, so etwa drei Dutzend Flaschen, und sie so einpacken wie damals, als ich nach Mokroje gefahren bin ... Ich habe damals vier Dutzend bei ihnen genommen«, sagte er auf einmal zu Pjotr Iljitsch. Und wieder an den Burschen gewandt: »Sie wissen schon Bescheid, sei unbesorgt, Mischa. Weiter. Ich möchte auch Käse haben und Straßburger Pasteten und geräucherte Schnäpel und Schinken und Kaviar – na, kurz alles, was sie haben, ungefähr für hundert oder hundertzwanzig Rubel, wie voriges Mal ... Und sie sollen auch die Süßigkeiten nicht vergessen, Konfekt und Birnen und zwei oder drei oder vier Wassermelonen ... Nein, Wassermelonen, da reicht eine, aber Schokolade, Kandiszucker, Montpensier 53 , Sahnebonbons – na, alles, was sie mir damals für Mokroje eingepackt haben. Mit dem Champagner soll es ungefähr dreihundert Rubel kosten ... Behalte alles richtig, Mischa, wenn du Mischa bist ... Er heißt doch Mischa?« wandte er sich wieder an Pjotr Iljitsch.
»Halt, halt!« unterbrach ihn Pjotr Iljitsch, der ihn beunruhigt anhörte und ansah. »Es ist schon besser, wenn Sie selbst hingehen und alles sagen; er wird es durcheinanderbringen!«
»Er wird es durcheinanderbringen, ja, das sehe ich. Ach, Mischa, ich wollte dir schon einen Kuß geben für dieses Bestellung. Wenn du nichts durcheinanderbringst, bekommst du zehn Rubel, mach schnell! Champagner, das ist die Hauptsache, und Kognak auch, und Rotwein und Weißwein auch, alles wie damals ... Sie wissen schon, wie es damals war.«
»Aber hören Sie doch!« unterbrach ihn Pjotr Iljitsch, der nun schon ungeduldig wurde. »Ich sage, er soll nur zum Wechseln hinlaufen und bestellen, sie möchten den Laden nicht zumachen. Und dann gehen Sie hin und geben Ihre Aufträge! Geben Sie Ihre Banknote her ... Und nun marsch, Mischa! Lauf, was du kannst!«
Pjotr Iljitsch hatte seinen Burschen offenbar absichtlich schnell weggeschickt, denn dieser hatte die ganze Zeit vor Mitja gestanden und mit weit aufgerissenen Augen dessen blutiges Gesicht und die blutbefleckten Hände mit dem Geldpäckchen in den zitternden Fingern angestarrt und wahrscheinlich nur wenig von dem begriffen, was ihm Mitja auftrug.
»Na, jetzt kommen Sie, waschen Sie sich!« sagte Pjotr Iljitsch mürrisch. »Legen Sie das Geld auf den Tisch. Oder stecken Sie es in die Tasche! So ist es gut, kommen Sie! Aber ziehen Sie doch den Rock aus!«
Er half ihm beim Ausziehen des Rockes und schrie auf einmal wieder auf. »Sehen Sie nur, auch Ihr Rock ist blutig!«
»Das ... das ist nicht der Rock. Nur hier am Ärmel ein bißchen. Und nur da, wo das Taschentuch gesteckt hat. Das Blut ist aus der Tasche durchgesickert. Ich habe mich bei Fenja auf die Tasche mit dem Tuch gesetzt, und da ist das Blut durchgesickert«, erläuterte Mitja mit erstaunlicher Zutraulichkeit.
Pjotr Iljitsch hörte mit finsterer Miene zu.
»Da haben Sie aber Pech gehabt. Sie haben sich wohl mit jemand geprügelt?« brummte er.
Die Prozedur des Waschens begann. Pjotr Iljitsch hielt die Kanne und goß Mitja Wasser auf die Hände. Mitja hatte es sehr eilig und seifte sich die Hände schlecht ein. Die Hände zitterten ihm, wie Pjotr Iljitsch sich später erinnerte. Pjotr Iljitsch schlug ihm sogleich vor, sich besser einzuseifen und kräftiger abzureiben. Er gewann in diesem Augenblick über Mitja die Oberhand, und das wurde mit der Zeit immer deutlicher. Wir bemerken bei dieser
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