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Die Brueder Karamasow

Die Brueder Karamasow

Titel: Die Brueder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodr Michailowitsch Dostojewski
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du mir jetzt natürlich gezeigt, um mich zu überzeugen.«
    Smerdjakow nahm den Isaak Sirin von dem Päckchen herunter und legte ihn beiseite.
    »Nehmen Sie dieses Geld an sich! Nehmen Sie es mit!« sagte Smerdjakow mit einem Seufzer.
    »Gewiß, ich werde es mitnehmen! Doch warum lieferst du es mir ab, wenn du seinetwegen den Mord begangen hast?« fragte Iwan höchst erstaunt.
    »Ich brauche es jetzt nicht mehr«, erwiderte Smerdjakow mit zitternder Stimme und mit einer resignierten Handbewegung! »Ich hatte früher mal so einen Gedanken, daß ich mit einer Summe wie dieser ein neues Leben anfangen könnte, in Moskau oder noch besser im Ausland. Dieser Träumerei überließ ich mich ganz besonders deswegen, weil alles erlaubt ist. Das haben Sie mich gelehrt und mir damals oft auseinandergesetzt: Wenn es keinen ewigen Gott gibt, so gibt es auch keine Tugend, und die ist dann auch gar nicht nötig. Das haben Sie wirklich gesagt. Und das war auch meine Ansicht.«
    »Bist du durch deinen eigenen Verstand dahin gelangt?« fragte Iwan mit einem schiefen Lächeln.
    »Unter Ihrer Anleitung.«
    »Und jetzt hast du also angefangen, an Gott zu glauben, wenn du das Geld zurückgibst?«
    »Nein, nicht zu glauben«, flüsterte Smerdjakow.
    »Warum gibst du es also zurück?«
    »Lassen Sie es gut sein ... Es ist egal!« erwiderte Smerdjakow, wieder mit einer müden Handbewegung! »Sie haben doch selber immer gesagt, alles sei erlaubt – warum sind Sie denn jetzt so aufgeregt? Sie wollen sogar hingehen und sich selber denunzieren ... Aber nichts dergleichen wird geschehen! Sie werden nicht hingehen und sich nicht denunzieren!« erklärte Smerdjakow wieder im Ton fester Überzeugung.
    »Du wirst es sehen!« antwortete Iwan.
    »Das ist unmöglich. Sie sind ein sehr kluger Mensch. Sie lieben das Geld, das weiß ich. Sie lieben auch eine angesehene, geachtete Stellung, denn Sie sind stolz. Weibliche Reize lieben Sie maßlos. Und am allermeisten lieben Sie, in ruhigem Behagen zu leben und sich vor niemand zu verbeugen – das am allermeisten. Sie werden sich Ihr Leben doch nicht dadurch für immer ruinieren wollen, daß Sie vor Gericht so eine Schande auf sich nehmen. Sie sind ein Mensch wie Fjodor Pawlowitsch, von allen seinen Kindern sind Sie am meisten nach ihm geartet: Sie haben dieselbe Seele wie er.«
    »Du bist nicht dumm«, sagte Iwan, von diesem Urteil offenbar betroffen; das Blut war ihm ins Gesicht gestiegen! »Ich habe dich früher für dumm gehalten. Du bist ein Mensch, den man ernst nehmen muß!« bemerkte er, indem er Smerdjakow gleichsam mit neuen Augen ansah.
    »Infolge Ihres Stolzes haben Sie mich für dumm gehalten ... Nehmen Sie doch das Geld!«
    Iwan nahm alle drei Päckchen und steckte sie in die Tasche, ohne sie irgendwie einzuwickeln.
    »Morgen werde ich sie vor Gericht vorzeigen«, sagte er.
    »Niemand wird Ihnen glauben. Sie und die Ihrigen haben jetzt eine Menge Geld – man wird meinen, Sie hätten es aus der Schatulle genommen.«
    Iwan erhob sich von seinem Platz.
    »Ich wiederhole: Wenn ich dich nicht totgeschlagen habe, so einzig und allein deshalb, weil ich dich morgen brauche! Denk daran, vergiß es nicht!«
    »Nun gut, schlagen Sie mich tot! Schlagen Sie mich jetzt tot!« sagte Smerdjakow auf einmal mit seltsamer Betonung und seltsamem Blick! »Auch das werden Sie nicht wagen«, fügte er bitter lächelnd hinzu! »Nichts wagen Sie, und dabei waren Sie doch früher ein frischer, kecker Mensch!«
    »Bis morgen!« rief Iwan und wollte gehen.
    »Warten Sie ... Zeigen Sie mir das Geld noch einmal!«
    Iwan nahm die Banknoten heraus und zeigte sie ihm. Smerdjakow betrachtete sie etwa zehn Sekunden lang.
    »So, nun gehen Sie!« sagte er, wieder mit einer abwinkenden Handbewegung! »Iwan Fjodorowitsch!« rief er ihm dann plötzlich wieder nach.
    »Was willst du?« fragte Iwan und drehte sich nochmals um.
    »Leben Sie wohl!«
    »Bis morgen!« rief Iwan wieder und verließ die Stube und das Haus. Der Schneesturm dauerte immer noch an. Die ersten Schritte ging er energisch und rüstig; dann fing er auf einmal an zu taumeln. ›Das ist etwas Physisches!‹ dachte er lächelnd. Eine Art Freude überkam jetzt seine Seele. Er fühlte eine grenzenlose Festigkeit in sich: Zu Ende war das Schwanken, das ihn die ganze letzte Zeit so furchtbar gequält hatte! Sein Entschluß war gefaßt – ›und er wird sich nicht mehr ändern!‹ dachte er beglückt. In diesem Augenblick strauchelte er plötzlich und wäre beinahe

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