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Die Brüder Karamasow

Die Brüder Karamasow

Titel: Die Brüder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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Fjodorowitsch setzte sich sofort wieder hin.
    »Beide sind sie wie verrückt, wie die kleinsten Kinder!« fuhr Smerdjakow fort. »Ich rede von Ihrem Vater und von Ihrem Bruder Dmitri Fjodorowitsch. Jetzt wird er gleich aufstehen, ich meine Fjodor Pawlowitsch, und sofort über mich herfallen: ›Nun? Ist sie nicht gekommen? Warum ist sie nicht gekommen?‹ Und so bis Mitternacht und sogar noch länger. Und wenn Agrafena Alexandrowna nicht kommt, denn sie hat vielleicht gar nicht die Absicht, überhaupt jemals zu kommen, so fällt er morgen früh wieder über mich her: Warum ist sie nicht gekommen? Weshalb ist sie nicht gekommen? Wann kommt sie?‹ Als ob ich mir in dieser Hinsicht etwas hätte zuschulden kommen lassen! Auf der anderen Seite ist die Lage die: Sowie die Abenddämmerung hereinbricht, oder auch schon früher, erscheint Ihr Bruder mit einem Gewehr in der Hand. ›Nimm dich in acht‹, sagt er. ›Du Schurke, du Bouillonkoch! Wenn du sie vorbeiläßt und mich nicht benachrichtigst, bist du der erste, den ich ermorde!‹ Die Nacht vergeht. Am Morgen jedoch beginnt er mich so wie Fjodor Pawlowitsch zu quälen. ›Warum ist sie nicht gekommen? Wird sie bald erscheinen?‹ Und wieder kommt es so heraus, als wäre ich schuld, daß seine Dame nicht gekommen ist. Und die beiden werden mit jedem Tag und jeder Stunde wilder im Zorn, daß ich manchmal daran denke, mir vor Angst das Leben zu nehmen. Ich habe Angst vor den beiden, gnädiger Herr.«
    »Warum hast du dich da bloß eingemischt? Warum hast du dich darauf eingelassen, meinem Bruder Dmitri Nachrichten zuzutragen?« fragte Iwan Fjodorowitsch gereizt.
    »Wie hätte ich es denn anfangen sollen, mich da nicht einzumischen? Eigentlich habe ich mich überhaupt nicht eingemischt, wenn Sie es in aller Genauigkeit wissen wollen. Ich habe von Anfang an nur geschwiegen und nicht gewagt, etwas zu erwidern. Er selbst hat mich zu seinem Diener bestimmt. Und seitdem sagt er zu mir immer nur ein und dasselbe: ›Ich schlage dich tot, Schurke, wenn du sie vorbeiläßt!‹ Ich glaube, gnädiger Herr, ich werde morgen wohl eine lange Epilepsie bekommen.«
    »Was heißt das: eine lange Epilepsie?«
    »Einen langen Anfall, einen außerordentlich langen. So einer dauert mehrere Stunden oder womöglich einen oder zwei Tage. Einer hat bei mir mal drei Tage gedauert, ich war damals vom Dachboden gefallen. Er hört eine Weile auf und fängt dann wieder an; ich konnte die ganzen drei Tage keinen klaren Gedanken fassen. Fjodor Pawlowitsch ließ damals Doktor Herzenstube rufen, den hiesigen Arzt. Der hat mir Eis auf den Kopf gelegt und noch irgendein anderes Mittel angewandt. Ich hätte sterben können.«
    »Aber es heißt doch, ein epileptischer Anfall sei unmöglich vorauszusehen, weil er nämlich zu keiner bestimmten Stunde eintritt. Wie kannst du denn behaupten, er käme morgen?«, erkundigte sich Iwan Fjodorowitsch mit gereiztem Interesse.
    »Das ist richtig, daß man ihn nicht vorhersehen kann.«
    »Außerdem bist du damals ja vom Dachboden gefallen.«
    »Auf den Dachboden steige ich alle Tage, ich kann auch morgen da herunterfallen. Und wenn nicht vom Dachboden, dann eben in den Keller. In den Keller gehe ich in meinem Dienst auch jeden Tag.«
    Iwan Fjodorowitsch blickt ihn eindringlich an.
    »Du lügst, wie ich merke. Und ich verstehe dich nicht ganz«, sagte er leise, aber mit einem drohenden Unterton. »Du willst morgen einen dreitägigen epileptischen Anfall simulieren, ja?«
    Smerdjakow, der zu Boden geblickt und dabei wieder mit der rechten Fußspitze gespielt hatte, stellte den rechten Fuß an seinen Platz, setzte statt dessen den linken vor, hob den Kopf und sagte lächelnd: »Selbst wenn ich das täte, das heißt, wenn ich einen Anfall simulierte, was übrigens für einen, der Bescheid weiß, keineswegs schwer ist, wäre ich vollkommen berechtigt, mich dieses Mittels zu bedienen, um mein Leben zu retten. Wenn Agrafena Alexandrowna nämlich zu Fjodor Pawlowitsch kommt, während ich krank daliege, so kann Dmitri Fjodorowitsch schwerlich einen kranken Menschen fragen: ›Warum hast du mir das nicht gemeldet?‹ Er würde sich direkt schämen, das zu tun.«
    »Zum Teufel!« fuhr Iwan Fjodorowitsch plötzlich mit wutentstelltem Gesicht auf. »Was zitterst du immer um dein Leben? Alle diese Drohungen meines Bruders Dmitri sind doch nur leere, im Zorn gesprochene Worte, weiter nichts. Er wird dich nicht totschlagen. Er wird totschlagen, aber nicht dich.«
    »Er wird

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