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Die Brüder Karamasow

Die Brüder Karamasow

Titel: Die Brüder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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machen? Und kann mir danach zumute sein, wo ich doch solche Angst habe? Ich habe ein Vorgefühl, ich fühle vorher, daß ich einen Anfall bekomme. Schon allein aus Angst bekomme ich einen.«
    »Zum Teufel, wenn du einen Anfall hast, muß eben Grigori aufpassen. Benachrichtige ihn vorher, dann wird er ihn nicht hereinlassen.«
    »Grigori Wassiljewitsch darf ich auf Befehl des Herrn nichts von den Signalen sagen. Außerdem ist Grigori Wassiljewitsch gerade heute infolge des gestrigen Vorfalls erkrankt, und Marfa Ignatjewna will ihn morgen erst kurieren. Das haben sie vorhin verabredet. Die beiden kennen da eine sehr merkwürdige Behandlung. Marfa Ignatjewna hat ständig so einen Branntweinaufguß vorrätig, sehr stark, aus irgendeinem Kraut, das ist ihr Geheimnis. Mit diesem Geheimmittel kuriert sie ihren Mann etwa dreimal jährlich, wenn ihm das Kreuz gelähmt ist wie bei einem Schlaganfall. Sie nimmt ein Handtuch, befeuchtet es mit diesem Aufguß und reibt ihm den ganzen Rücken eine halbe Stunde lang, bis es wieder trocken ist. Sein Rücken wird dabei ganz rot und schwillt an. Den Rest in der Flasche gibt sie ihm unter einem bestimmten Gebet zu trinken, jedoch nicht den ganzen Rest, denn einen kleinen Teil behält sie bei dieser seltenen Gelegenheit für sich zurück und trinkt ihn ebenfalls aus. Und da sie beide keine Trinker sind, werden sie ganz taumelig, sage ich Ihnen, und schlafen lange und fest. Wenn Grigori Wassiljewitsch aufwacht, ist er danach fast immer gesund. Und wenn Marfa Ignatjewna aufwacht, hat sie danach immer Kopfschmerzen. Wenn also Marfa Ignatjewna ihn morgen auf diese ihre Weise kuriert, werden sie wohl kaum etwas hören und Dmitri Fjodorowitsch am Eintritt hindern. Sie werden schlafen.«
    »Was ist das für ein Unsinn! Und wie das alles ganz zufällig zusammentrifft. Du hast einen Anfall, und die beiden sind bewußtlos!« rief Iwan Fjodorowitsch. »Arrangierst du diesen Zufall vielleicht selber?« entfuhr es ihm unwillkürlich, und er zog drohend die Augenbrauen zusammen.
    »Wie sollte ich das denn arrangieren? Und wozu, wo doch hier alles nur von Dmitri Fjodorowitsch und seinen Plänen abhängt ... Wenn er etwas anrichten will, so wird er es tun. Und wenn nicht, so werde ich ihn doch nicht absichtlich zu seinem Vater hinstoßen ...
    »Aber weshalb soll er zum Vater kommen, und noch dazu heimlich, wenn Agrafena Alexandrowna überhaupt nicht erscheint, wie du selbst sagst?« fuhr Iwan Fjodorowitsch, vor Wut ganz blaß, fort. »Du sagst es doch selbst, und auch ich bin die ganze Zeit, seit ich hier wohne, davon überzeugt gewesen, daß der Alte nur phantasiert und daß diese Kreatur ihn nicht besuchen wird. Weshalb sollte also Dmitri bei dem Alten einbrechen? Sprich! Ich will deine Gedanken wissen!«
    »Sie belieben selbst zu wissen, weshalb er kommen wird. Was sollen da noch meine Gedanken? Er wird einzig und allein aus Wut kommen. Oder er wird, mißtrauisch, wie er ist, zum Beispiel, wenn ich krank bin, Zweifel hegen und herkommen, um die Zimmer zu durchsuchen wie gestern, ob sie auch nicht irgendwie unbemerkt vorbeigeschlüpft ist. Es ist ihm auch genau bekannt, daß bei Fjodor Pawlowitsch ein großes Kuvert mit dreitausend Rubel bereitliegt, mit drei Siegeln versehen und mit einem Bändchen umwunden. Daß Fjodor Pawlowitsch eigenhändig geschrieben hat: ›Für meinen Engel Gruschenka, wenn sie zu mir kommen will.‹ Und daß er drei Tage später noch hinzugefügt hat: ›Für mein liebes Kücken.‹ Sehen Sie, das ist das Bedenkliche.«
    »Unsinn!« schrie Iwan Fjodorowitsch, nun beinahe rasend. »Dmitri kommt nicht, um Geld zu stehlen und dabei noch seinen Vater totzuschlagen. Gestern wäre er imstande gewesen, ihn wegen Gruschenka totzuschlagen, wütend wie der Dummkopf war. Aber auf Raub ausgehen, das tut er nicht!«
    »Er braucht jetzt dringend Geld. Sehr dringend, Iwan Fjodorowitsch. Sie wissen gar nicht, wie dringend«, setzte ihm Smerdjakow mit größter Ruhe und mit bemerkenswerter Sorgfalt auseinander. »Diese dreitausend Rubel hält er dabei gewissermaßen für sein Eigentum. Er hat mir gegenüber selber geäußert: ›Mein Vater ist mir eigentlich noch dreitausend Rubel schuldig!‹ Beachten Sie aber außerdem noch einen weiteren wahren Umstand, Iwan Fjodorowitsch. Es ist ja so gut wie sicher, muß man sagen, daß Agrafena Alexandrowna, wenn sie nur will, ihn unbedingt zu einer Heirat veranlassen könnte, ich meine, den Herrn selbst, Fjodor Pawlowitsch, wenn sie nur will. Na, und

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