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Die Brüder Karamasow

Die Brüder Karamasow

Titel: Die Brüder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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versteht nichts davon, das ist ja das Malheur. Dieser Pope hat keine Augen im Kopf. Er ist ein Goldmensch, ich würde ihm ohne weiteres zwanzigtausend Rubel ohne Quittung zur Aufbewahrung übergeben. Doch die Augen versteht er nicht aufzumachen, als ob er überhaupt kein Mensch wäre, jeder Maulaffe kann ihn betrügen. Und denk mal, dabei ist er ein gelehrter Mann. Dieser Gorstkin sieht aus wie ein Bauer und trägt ein blaues ärmelloses Wams, aber seinem Charakter nach ist er der reine Schurke, darüber klagen wir alle! Er lügt, das ist es. Manchmal lügt er so, daß man sich nur wundern kann, warum. So log er vor zwei Jahren, seine Frau sei ihm gestorben und er sei schon mit einer anderen verheiratet. Und davon war nichts wahr, denk mal an! Seine Frau ist nie gestorben, sie lebt jetzt noch und verprügelt ihn alle drei Tage. Darum muß man auch jetzt aufpassen, ob er lügt oder die Wahrheit spricht, wenn er sagt, er will das Holz kaufen und elftausend Rubel dafür geben.«
    »Dann werde ich da auch nichts ausrichten, ich habe ja auch keine Augen im Kopf.«
    »Nein, warte, dazu wird es bei dir reichen. Ich werde dir alle Merkmale mitteilen, ich meine von Gorstkin, ich habe mit dem ja schon seit langer Zeit zu tun. Siehst du, du mußt auf seinen Bart achten. Er hat so ein rötliches, häßliches, dünnes Bärtchen. Wenn das zittert und er selber in ärgerlichem Ton spricht, dann ist es in Ordnung, dann sagt er die Wahrheit und will das Geschäft machen. Wenn er sich aber den Bart mit der linken Hand streicht und dabei lächelt, na, dann will er einen übers Ohr hauen und schwindelt. Nach seinen Augen darf man sich niemals richten; an denen ist gar nichts zu erkennen, die sind wie dunkles Wasser. Er ist ein Gauner, achte du nur auf seinen Bart. Ich werde dir einen Zettel an ihn mitgeben, den mußt du ihm zeigen. Wenn du mit ihm einig wirst und siehst, daß die Sache in Ordnung ist, dann schreib es mir gleich. Schreib nur: ›Er lügt nicht.‹ Besteh auf elftausend, tausend kannst du allenfalls ablassen, mehr nicht! Bedenke nur, achttausend und elftausend, das ist eine Differenz von dreitausend Rubeln. Diese dreitausend Rubel sind für mich so gut wie gefunden, gut zahlende Aufkäufer sind selten, und ich brauche das Geld sehr dringend. Wenn du mir mitteilst, daß es ernst ist, werde ich selbst hinfahren und die Sache abschließen; irgendwie werde ich mir die Zeit dann schon abknapsen. Jetzt hat es für mich keinen Zweck hinzufahren, wo alles vielleicht doch nur eine Phantasie des Popen ist. Na, wirst du fahren oder nicht?«
    »Ich habe keine Zeit. Entbinden Sie mich davon!«
    »Tu doch deinem Vater den Gefallen, ich werde es dir nie vergessen! Ihr seid alle so herzlos, das ist es! Kommt es dir etwa auf einen oder zwei Tage an? Wo willst du denn hin? Nach Venedig? Dein Venedig wird in zwei Tagen nicht einstürzen. Ich würde Aljoscha schicken, aber was versteht Aljoscha von solchen Geschäften? Ich wende mich an dich einzig und allein deswegen, weil du ein kluger Mensch bist, das sehe ich ja. Mit Holz handelst du zwar nicht, dafür hast du Augen im Kopf. Zu der Sache gehört nichts weiter, als daß man achtgibt, ob der Mensch im Ernst redet oder nicht. Ich sage, achte auf seinen Bart! Zittert der, dann redet er im Ernst.«
    »Sie schicken mich also von sich aus in dieses verdammte Tschermaschnja, ja?« rief Iwan Fjodorowitsch boshaft lächelnd.
    Fjodor Pawlowitsch bemerkte die Bosheit nicht oder wollte sie nicht bemerken. Nur auf das Lächeln reagierte er. »Also wirst du hinfahren, du wirst fahren? Ich werde dir gleich den Zettel schreiben.«
    »Ich weiß noch nicht, ob ich hinfahren werde. Ich weiß es noch nicht, ich werde mich unterwegs entscheiden.«
    »Ach was, unterwegs, entscheide dich gleich! Entscheide dich, Täubchen! Wenn du mit ihm eine Übereinkunft erzielt hast, schreib zwei Zeilen und händige sie dem Popen aus, der wird mir dein Zettelchen sofort schicken. Dann werde ich dich nicht länger aufhalten, dann fahr meinetwegen nach Venedig! Der Pope wird dich mit seinem Wagen zur Station Wolowia zurückbringen ...«
    Der Alte war geradezu entzückt. Er schrieb das Zettelchen, es wurde nach einem Wagen geschickt und ein Imbiß mit Kognak auf den Tisch gestellt. Wenn der Alte vergnügt war, wurde er sonst immer redselig; diesmal schien er sich jedoch Zurückhaltung aufzuerlegen. Von Dmitri Fjodorowitsch zum Beispiel sagte er nichts, kein einziges Wort. Die bevorstehende Trennung rührte ihn nicht besonders.

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