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Die Brueder

Die Brueder

Titel: Die Brueder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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zeigen, die laut Denys das Beste darstellte, was in dieser Art je gemalt worden war. Der Amerikaner hatte seine Auffassung geteilt.
    Es erschien wenig ratsam, nach dem großen Fiasko mit den französischen Gemälden bei Grafton Galleries aus­zustellen. Albie hatte die Räume zwar reserviert, weil er fand, dass es für Sverre an der Zeit sei, sich der Öffentlichkeit zu stellen, um endlich allgemeine Anerkennung zu finden. Aber nach dem, was Gauguin widerfahren war, erschien das nicht mehr so selbstverständlich und einleuchtend. Die Lösung lautete also New York.
    Als sich Albie, Sverre und Margie gezwungen gesehen hatten, ihre New-York-Reise aufgrund des Begräbnisses ihrer Großmutter einzustellen, hatten sie beschlossen, die fünfzig afrikanischen Gemälde, das Ergebnis zweijähriger harter Arbeit, schon mal auf dem unsinkbaren Dampfer Titanic vorauszuschicken.
    Sverre sprach kaum über den Verlust, und Albie und Margie verstanden sehr gut, warum. Lady Sophys unerwarteter Schlaganfall und Tod hatte ihnen das Leben gerettet, denn sonst wären sie zusammen mit den Gemälden untergegangen. Unter diesen Umständen konnte sich Sverre kaum beklagen.
    Schließlich erdreistete sich dann doch jemand, einen Scherz zu machen. Es war Keynes.
    »Freuen wir uns zumindest darüber, dass es kein deutscher Eisberg war«, meinte er, und einige der Anwesenden lächelten vorsichtig.
    Es war klar, worauf er anspielte. In den zahlreichen Artikeln über den Untergang der Titanic war es um die einzigartige englische Heldenhaftigkeit gegangen. Der Kapitän hatte »Be British!« gerufen, um bei der Panik für Ruhe zu sorgen, und das englisch-disziplinierte Schiffsorchester »Nearer My God to Thee« gespielt und erst aufgehört, als das eiskalte Wasser in die Blasinstrumente gelaufen war. Einige Gentlemen hatten scheinbar ungerührt an der Reling gestanden, ihren Frauen zum Abschied zugewinkt, ihre letzte Zigarette geraucht, die Kricketmeisterschaften diskutiert und bedauert, das Pferderennen in Ascot zu versäumen. Diese Geschichte konnte jedoch kein Überlebender bezeugen. Aber, wie man in Zeitungskreisen sagte, es gab auch niemanden, der sie dementieren konnte.
    Der Presse und den Behörden gelang es bald, das Fiasko in einen Triumph englischen Heldenmuts zu verwandeln. Niemand auf Erden ertrank so elegant in eiskaltem Wasser wie ein englischer Gentleman.
    Anschließend war, wie in diesen Zeiten üblich, der Schritt nicht weit zu den üblichen Diskussionen über die von Deutschland ausgehende Bedrohung, das die Frechheit besaß, seine Flotte zu vergrößern, über die Notwendigkeit für Großbritannien, seine Kontrolle über die Weltmeere zu stärken, und, kurz gesagt, über die Notwendigkeit, einen Krieg gegen Deutschland zu führen.
    »Ich habe über das friedliebende England und das kriegerische Deutschland einmal Bilanz gezogen«, meinte Bertrand leise, zündete erneut seine Pfeife an und zog einen Zettel aus der Brusttasche seines Jacketts. »Mit Waterloo angefangen, hat sich England zehn Mal im Krieg befunden, Russland sieben Mal, Frankreich lustigerweise nur fünf Mal, Österreich fünf Mal und Preußen, das spätere Deutschland, drei Mal, einschließlich des Deutsch-Fran­zösischen Krieges 1870, und damals war Frankreich der Angreifer.«
    »Ja, das ist, ganz objektiv gesehen, die Wahrheit«, meinte Keynes. »Wir haben die meisten Kriege geführt und Deutschland die wenigsten. Aber erzähl das mal den Holzköpfen, die die Leitartikel in der Times verfassen, und sie werden dich lauthals des Landesverrats bezichtigen. Die Wahrheit spielt keine Rolle. Man kann sich fragen, warum in der Fleet Street und in Whitehall ein Krieg mit Deutschland gefordert wird. Das ist mir, ehrlich gesagt, ein Rätsel. Außerdem wirkt es angesichts der technischen Entwicklung recht riskant. In dieser Hinsicht sind wir Deutschland nicht unbedingt voraus.«
    »Nein, aber was die Kavallerie betrifft, schon«, murmelte Bertrand. »In Armeekreisen geht man davon aus, dass die englische Kavallerie innerhalb weniger Tage eine Entscheidung herbeiführen wird. Was sagen die Techniker dazu?«
    Die Frage war an Albie und Sverre gerichtet.
    »Das ist ein absurder Gedanke«, meinte Albie zögernd. »Wie ihr ja wisst, sind wir deutsche Ingenieure, und in dieser Eigenschaft glauben wir beide, dass die moderne Technik Kriege verhindern wird. Millionen von Menschen würden sterben, ein Preis, der für beide Seiten zu hoch wäre. Kriege kommen ganz einfach zur

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