Die Brueder
Abend in Soysambu, als die neuen Gäste mit D und Lady Florence Anne allein waren, rückte er mit der Sprache heraus.
Albie lieh ihm daraufhin sofort tausend Pfund und versprach, mehr Geld zu investieren, sobald er die Probleme besser verstehe. Damit verlagerten sich D’s finanzielle Probleme auf einen Schlag weit in die Zukunft. Albie wies darauf hin, dass er selbst, wenn auch widerstrebend und unfreiwillig, Ranchbesitzer größeren Formats sei. Unter anderem sei sein Weizen mehrfach von Rost befallen gewesen und er habe gelernt, wie sich dieses Problem mittels neuer, widerstandsfähigerer Weizensorten und Pflanzengifte lösen ließ. Die Maßnahmen hätten in Wiltshire funktioniert und seien allemal einen Versuch in Afrika wert.
Bereits nach wenigen Tagen in Soysambu war Albie bereit, Geld in zwei Traktoren zu investieren. Obwohl Arbeitskräfte billig waren, motivierten Effektivität und Zeitersparnis die Investition. Das größte Problem stellte der Treibstofftransport aus Mombasa dar. Aber das ließ sich lösen.
Albie nahm eine Reihe schriftliche Bestellungen vor, und damit war für einige Monate alles erledigt, denn jetzt galt es abzuwarten, bis alles aus England und Mombasa geliefert werden würde.
Umso mehr Zeit blieb ihnen für die Jagd. Ganz oben auf Albies Wunschliste standen ein richtig großer Löwe und ein Leopard.
Sverre konnte Albies unerwartete Passion für das Tieretöten nicht ganz nachvollziehen. Die erste Löwenjagd auf der Kekopey Ranch war selbstverständlich faszinierend gewesen, aber es hatte sich einfach um einen natürlichen Bestandteil der afrikanischen Land- und Viehwirtschaft gehandelt, ungefähr so, wie die Samen in Nordnorwegen Wölfe und Vielfraße jagten. Einige wenige Male leistete Sverre Albie in der Dämmerung Gesellschaft, als dieser einem Leoparden auflauerte, der die Ziegenherde drastisch dezimiert hatte. Aber Sverre verlor schnell die Geduld, es fiel ihm schwer, vollkommen still dazusitzen und leise zu sein. Außerdem erlegte Albie nie etwas, wenn Sverre dabei war, also konnte er sich mit der Entschuldigung fernhalten, dass er kein Glück bringe, und Albie bemühte sich nicht übermäßig, ihn umzustimmen. Als er zum ersten Mal allein auf dem Ansitz wartete, gelang es ihm dann auch, den Leoparden zu erlegen. Er war glücklich wie ein Kind und betrank sich nach dem Abendessen.
Sverres Leidenschaft waren die Massai, für die sich Albie ebenso wenig erwärmen konnte wie Sverre dafür, stundenlang auf einen Leopardenköder zu starren. Aber diese Differenzen in ihren Interessen bereiteten ihnen keine Schwierigkeiten. Sverre freute sich aufrichtig über Albies Jagderfolge, und dieser ließ sich von den neuen Gemälden, die nun entstanden, begeistern.
Bei den Massai gab es drei Altersstufen, zuerst kamen die Jungen, dann die Krieger und schließlich die verehrten Greise. Sverre hatte mit den naheliegendsten Motiven begonnen, nämlich den beiden Kriegern Leboo und Kapalei, die D’s Vieh bewachten, eine Aufgabe für Krieger, da sie gegen Raubtiere und Viehdiebe vorgehen mussten.
Beide waren stattliche Männer, die sich trotz D’s Überredungsversuchen nicht abbilden lassen wollten, da sie glaubten, dass dem Abbild auch die Seele folge. Darauf fiel weder Sverre noch D ein gutes Gegenargument ein, also musste sich Sverre eine Zeit lang mit Landschaftsmalerei begnügen, eine neue und unerwartete Herausforderung. Die afrikanische Landschaft besaß klar abgegrenzte Farben. Die dunkelgrünen Hügel, der blaugrüne See und die rosa Flamingoschwärme ließen die Bilder, wenn allzu realistisch abgebildet, leicht kitschig erscheinen. Sverre hatte bereits kurz nach seiner Ankunft erkannt, dass er die Wirklichkeit modifizieren musste, damit sie authentisch wirkte.
Nachdem ein wenig Zeit verstrichen war, kam ihm eine Idee, wie das Problem mit der Seele im Bild zu lösen sei. Was wäre, wenn die Person, die ihm Modell saß, das Bild behalten dürfte? Für sich könnte er das Porträt mittels Skizzen und aus dem Gedächtnis rekonstruieren. Wenn die Betroffenen davon nichts wussten, könnten sie doch kaum Anstoß nehmen?
Es gelang ihm, sich mit Leboo und Kapalei zu einigen, und damit hatte er das Rad ins Rollen gebracht. Denn als die beiden ihre Porträts in ihr Dorf mitbrachten, weckten sie dort Aufsehen und Neid. Wenig später standen die willigen Massai-Modelle bei Sverre Schlange.
Die Krieger waren groß, schlank und muskulös und hatten kein Gramm Fett am Körper. Vorzugsweise
Weitere Kostenlose Bücher