Die Brueder
»Vergiss nicht, dass du das Geld nicht verschenkst. Nach der Ausstellung werden die Gemälde verkauft. Du bekommst jeden Penny zurück.«
»Das kommt doch wohl sehr darauf an. Welche Künstler sind es denn?«
»Die, die nach den Impressionisten kommen, Manet, Gauguin, van Gogh und Cézanne.«
»Aber die sind doch vollkommen unbekannt, ich meine, hier in England. Wer soll die Bilder kaufen?«
»Einstweilen sind sie unbekannt, das stimmt. Aber sei jetzt nicht geizig und denk nach. Im schlimmsten Fall hättest du ein wenig moderne Kunst am Hals. Sag was, Sverri! Sei meiner Meinung!«
»Jedenfalls ist es eine Ausstellung, die ich gerne sehen würde«, antwortete Sverre vorsichtig.
»All right, all right, all right.« Albie stöhnte. »Ich zahle, aber meine Bedingung stelle ich trotzdem.«
»Und ich muss dich wieder fragen. Welche Bedingung?«
»Dass du zu Mamas fünfundfünfzigsten Geburtstag nach Manningham kommst.«
»Du weißt, wie sehr ich so etwas überhabe.«
»Das geht mir genauso, aber bei Mama ist das etwas anderes, und ich muss dich wirklich noch einmal dafür loben, wie gut du das brave Mädchen in Afrika gespielt hast. Wegen eines kleinen weiteren Dinners wirst du doch wohl keinen Streit anfangen?«
»In Afrika hast du gesagt, dass es mit diesem Unsinn jetzt ein Ende hat.«
»Durchaus, aber es geht jetzt nur um ein Geburtstagsessen. Das ist das Mindeste, was du beitragen kannst, wenn ich diese Kunstausstellung rette.«
»Da hast du natürlich recht, lieber Bruder. Ich komme um Manets, Gauguins, Cézannes und Seurats willen.«
»Wer ist Seurat?«, fragten Albie und Sverre gleichzeitig.
*
Das Essen in Manningham fiel maßvoll aus, ohne deswegen übertrieben bescheiden zu sein. Die ganze Familie war, mit Ausnahme von Pennie und Gal, die sich schriftlich entschuldigt hatten, versammelt. Sie hatten um diese Jahreszeit und nach dem langen Regen zu viel zu tun auf dem Gut. Sverre und Margie suchten ihre Verlobungsringe von der Afrikareise hervor und spielten zwar nicht frisch verliebt, aber zumindest verlobt.
Zwischen Aperitif und Essen zeigte man den Gästen die ultramoderne Küche, in der alles elektrisch war und in der es fließend warmes Wasser gab, das in einem großen Kupfertank erhitzt wurde. Es war auf dem Land eigentlich nicht üblich, die Gäste durch die Küche zu führen, aber unter diesen besonderen Umständen wurde eine Ausnahme gemacht. Die Männer waren von den Neuerungen sofort begeistert, die Frauen waren skeptischer und befragten das Küchenpersonal, um sich ihre Vorurteile über die Kehrseiten der Innovationen bestätigen zu lassen. Ob das Essen nicht den Geschmack der Elektrizität annähme und bei der im Vergleich zur sanften Wärme eines Kohleherds starken Hitze nicht zu trocken würde?
Die Befragten verneinten scheu und mit niedergeschlagenem Blick. Eine Küchenmagd erdreistete sich sogar zu der Aussage, die Arbeit sei leichter geworden und gehe einem schneller von der Hand. Dieses Argument wurde allgemein überhört, hingegen waren sogar die skeptischsten Gäste bereit, die Vorteile eines Speisenaufzugs anzuerkennen. Statt alle Platten zwei Treppen nach oben tragen zu müssen, gelangte nun alles in eine neue Anrichte neben dem Esszimmer. Davon profitierten nicht nur die Kellner, die sich jetzt nicht mehr mit den schweren Silberplatten auf der Treppe drängen mussten, auf der man in der Eile leicht einmal stolpern konnte, das Essen war auch heißer, wenn es auf den Tisch kam.
Das Essen war solide und nicht extravagant. Fünf Gänge und als Hauptgang Seezunge und gefüllte Wildentenbrust. James hatte die außergewöhnlichen Weine ausgesucht. Er kümmerte sich mittlerweile selbstständig um den Weinkeller und bestellte, was er für nötig erachtete, bei Barry, Rudd & Bros. in London.
Das Dinner verlief ohne irgendwelche unpassenden Gesprächsthemen, nicht einmal der senile Vater Lady Elizabeths, der bei solchen Anlässen auch eingeladen werden musste, gab eine seiner vielen peinlichen Geschichten zum Besten oder beschwerte sich, dass man ihm trotz seiner großen Verdienste nur einen Order of the British Empire verliehen und ihn trotz beträchtlicher Spenden an das Imperial War Museum nicht geadelt habe.
Großmutter Sophy hatte die Tischordnung festgelegt und James genaueste Anweisungen erteilt. Der Vater der Schwiegertochter, »Mr.« Worthington, hatte seinen Platz neben ihr, damit sie ihn zumindest während des Essens unter Kontrolle hatte.
Eine Folge dieser
Weitere Kostenlose Bücher