Die Brut des Bösen - Graham, P: Brut des Bösen - L'Apocalypse selon Marie
hat Sandys Augen geschlossen und darauf geachtet, ihre Neuronen nicht zu zerstören. Er richtet sich im Körper des dicken Schwarzen auf. Er schwankt ein wenig, bis er sich an den Schwerpunkt seines neuen Körpers gewöhnt hat. Er bemüht sich, betont langsam zu gehen und sich nicht umzudrehen. Im Rücken spürt er die Blicke der Regulatoren, die sich um die Blondine herum versammelt haben und sie schütteln. Er geht ins Golden Nugget, taucht in der Menge unter und verlässt das Gebäude durch den Hinterausgang. Sein Ziel ist der Busbahnhof. Dort steigt er in einen Überlandbus und macht sich hinten ganz klein, wobei er durch die Scheiben die Umgebung mustert. Schwere Limousinen patrouillieren auf den Straßen. Der Bus fährt an. Kassam sucht in seinen Taschen. Elf Dollar und ein alter Kaugummi. Unwillkürlich zuckt ein Lächeln um seinen Mund, als er daran denkt, was für ein Gesicht Brannigan machen wird.
15
Matt Hill, der neue Vorstandsvorsitzende der Stiftung, bläst probehalber in sein Mikrofon, um festzustellen, ob es funktioniert. Seine Kehle ist ausgedörrt und seine Zunge schwer. Das hat zum Teil mit dem Jetlag zu tun, zum Teil aber auch mit dem Mittel, das man ihm gespritzt hat, ohne ihn zu fragen, und das die Wirkungen der Kombination aufheben soll. Vor zehn Stunden hat er von seiner Ernennung erfahren, während er auf seiner Yacht irgendwo mitten im Indischen Ozean seine Bräune pflegte: eine SMS auf
seinem Satellitentelefon, ein Glückwunsch sowie die Einladung zu einer Sitzung im Hauptquartier. Es besteht Anwesenheitspflicht . Diese letzten Worte der SMS hatten Hills gute Laune nachhaltig getrübt.
Ein Hubschrauber voller Regulatoren hatte ihn von seiner Yacht zum nächstgelegenen Flughafen gebracht, von wo aus er mit einer privaten Düsenmaschine weitergeflogen war. Seinen Versuch, über das Satellitentelefon Kontakt mit den anderen Direktoren der Stiftung aufzunehmen, um sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen, hatten die Regulatoren verhindert und ihm sein Spielzeug abgenommen. Jetzt hatte Hill mit seinen sechsundvierzig Jahren begriffen, dass er nie eine Gelegenheit bekommen würde, die Stiftung wirklich zu leiten, deren Vorsitz man ihm soeben anvertraut hatte.
»Dazu fehlt Ihnen die Eignung«, hatte die Missgeburt Brannigan gesagt, als er im Chalet angekommen war. Sogleich hatte Hill mit all seinem Hochmut, für den er bekannt war, gefragt: »Wie können Sie es wagen, Brannigan?«
Der Leiter der Sicherheitsabteilung hatte seine Gleitsichtbrille abgenommen und ihn angesehen, als betrachte er einen bunten Fisch durch die Scheibe eines Aquariums.
»Hill, Sie sind der dümmste und unfähigste aller Direktoren dieser Stiftung. Das wissen Sie selbst, und ebenso wissen Sie, dass ich es weiß. Man hat Sie auf diesen Posten berufen, weil Sie gleichermaßen das Geld und Ihre Ruhe lieben. Lassen Sie also die Profis ihre Arbeit tun und liefern Sie Ihre Ansprache ab. Vier Aufseher befinden sich im Sitzungssaal und werden die Geldgeber unmittelbar von allem in Kenntnis setzen, was hier geschieht und gesprochen wird.«
»Wo Sie gerade von den berühmten Geldgebern sprechen – wäre es nicht Zeit, dass ich sie einmal kennenlerne?«
»Niemand außer den Aufsehern kommt je mit ihnen zusammen. Jetzt halten Sie den Rand, und hören Sie gut zu, wenn Sie nicht wollen, dass ich Sie aus dem Verkehr ziehe und Sie durch irgendeinen Parkplatzwächter ersetze.«
Hill war unter seiner Bräune erbleicht und hatte sich Brannigans Anweisungen angehört, während er sein geblümtes Hemd und seine Leinenshorts gegen den gedeckten Anzug tauschte, den ihm ein Mitarbeiter hinhielt. Jetzt sieht er mit nur schlecht verhüllter Panik auf die Versammlung, während ihm trotz der klimatisierten Luft der Schweiß am ganzen Leibe herunterläuft.
»Geschätzte Kollegen, wir haben aus verlässlicher Quelle erfahren, dass Beauftragte der unter Burgh Kassams Leitung stehenden wissenschaftlichen Abteilung in allen Großstädten der Welt ein in unseren Labors geschaffenes Virus freigesetzt haben, das die DNA verändert. Die ersten Fälle von Verseuchung dürften nicht lange auf sich warten lassen. Bisher ist die Formel des Virus nicht bekannt, wohl aber, dass die Sache äußerst ernst ist und für die Stiftung größte Gefahr besteht, sofern die Öffentlichkeit die wahren Hintergründe erfährt. Daher weise ich Sie an, sogleich Ihre Abteilungen aufzusuchen und dort sämtliche Archivunterlagen zu vernichten. Inzwischen
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