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Die Brut des Bösen - Graham, P: Brut des Bösen - L'Apocalypse selon Marie

Titel: Die Brut des Bösen - Graham, P: Brut des Bösen - L'Apocalypse selon Marie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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mechanisch die Nummernschilder der Fahrzeuge zu notieren, die auf dem Hotelparkplatz anhalten, in ihrer Mehr zahl alte abgewirtschaftete Pkw und staubbedeckte Kleinlaster. Die wenigen Sportwagen und Luxusli mousinen, die um diese späte Stunde unterwegs sind, fahren in Richtung Clarksdale weiter, zu den besseren Kettenhotels, die am Ortsrand stehen. Für jemanden, der auf der Flucht ist, lautet eine der Grundregeln: so unauffällig wie möglich in der Menge aus Handelsreisenden und einfachen Leuten untertauchen.
    Maria drückt ihre Zigarette aus. Während sie einen Schluck Kaffee trinkt, überlegt sie, ob die Stiftung möglicherweise auch wie Privatwagen aussehende Fahrzeuge der Mittelklasse einsetzt und mit Leuten arbeitet wie dem Bauerntölpel, den sie im Nebenzimmer schnarchen hört. Vermutlich ja. Sie selbst jedenfalls würde die Beschreibung von Personen, hinter denen sie her wäre, in großen Buchstaben an alle verwanzten Motels der Umgebung verteilen. Das war auch der Grund, warum Walls und sie sorgfältig darauf geachtet haben, ihr Aussehen zu verändern, bevor sie Carthage verließen. Maria trägt eine platinblonde
Perücke, eine Lederjacke, Turnschuhe und eine Sonnenbrille; er eine vorn dick ausgepolsterte Latzhose. Außerdem hat er sich den Schädel kahl rasiert und eine Brille aufgesetzt, als ob er kurzsichtig wäre. Bei Holly war die Sache schwieriger. Walls hatte vorgeschlagen, ihr die Haare kurz zu schneiden und sie als Jungen zu verkleiden. Doch sie hatte sich geweigert und erklärt, sie wolle einen Slim-Orange-Button, ein Hello-Kitty-T-Shirt und Turnschuhe von Converse.
    »Damit würde sie ja nicht im Geringsten auffallen. Andererseits ist das vielleicht gerade gut als Verkleidung …«
    »Warum gehst du nicht gleich als Schneewittchen oder Aschenputtel?«
    »Mit elf Jahren? Du hast wohl’nen Knall. Nein, dann will ich schon lieber ein Brautkleid oder so was.«
    »Wie wäre es mit einem Prada-Kostüm und Ballerinas in Zwergengröße?«
    »Warum nicht? Immer noch besser, als so rumzulaufen wie du.«
    »Schätzchen, das ist kein Spiel. Die Leute, die uns ans Leder wollen, sind sehr böse. Ist dir das klar?«
    »Hör auf, mit mir zu reden, als wenn ich blöd wär. Wenn die wirklich so böse sind, mach ich sie fertig.«
    »Ich spreche nicht mit dir, als ob du blöd wärest, Holly. Ich spreche zu dir wie zu einem elfjährigen Mädchen, das sich nicht die geringste Mühe gibt zu verstehen, was der Ausdruck ›unauffällig‹ bedeutet.«
    »Alle Mädchen in meinem Alter verkleiden sich.«
    »Nicht, wenn sie erst elf sind.«
    »Mit Brautkleidern schon.«
    »Was glaubst du, wie lange wir unbemerkt bleiben würden, wenn wir in Begleitung einer kleinen Schwarzen reisen, die ein Brautkleid trägt?«

    »Scheiße, jetzt bist du auch noch Rassistin.«
    »Man sagt nicht ›Scheiße‹, Holly. Nein, ich bin keine Rassistin, aber ich hab es satt.«
    »Stimmt das eigentlich, dass du bisexuell bist?«
    »Das geht dich nichts an.«
    »Dann stimmt es also. Was heißt das überhaupt? Dass du zwei Pimmel hast?«
    »Holly …«
    Walls hatte den Kopf durch die Tür gesteckt, um Maria zu bedeuten, dass Eile geboten sei. Holly, die fast nackt dastand, hatte einen spitzen Schrei ausgestoßen und sich unter die Laken geflüchtet. Maria hatte ihm einen wütenden Blick zugeworfen, der so viel hieß wie: ›Probier es doch selber, wenn du glaubst, dass du es besser hinkriegst‹. Dann hatte sie durch das Laken Hollys Kopf gestreichelt und gesagt: »Schätzchen?«
    »Ja.«
    »Wenn du einverstanden bist, dass wir dich als Jungen verkleiden, kauf ich dir in Memphis das schönste Brautkleid deines Lebens.«
    »Gibt es da denn Brautkleider?«
    »In Memphis? Spinnst du? Die schönsten! Wir könnten sogar für Gordon ein Elvis-Kostüm kaufen, wenn er nicht aufhört, mich so wütend anzusehen, als wären wir seit zehn Jahren verheiratet. Was willst du, Gordie? Einen Ehekrach vom Zaun brechen?«
    »Und anschließend treibt ihr es im Bett miteinander und bittet euch gegenseitig um Entschuldigung, nicht wahr?«
    »Holly Amber Habscomb! Bei wem hast du solche Reden gelernt? Du weißt ja nicht mal, was das bedeutet.«
    »Doch. Das bedeutet, dass man sich auf den Mund küsst und sich dabei aneinander reibt. Sag mal, stimmt das, dass du zwei Pimmel hast?«
    Maria lächelt. So war es noch einige Minuten weitergegangen,
dann hatte sich Holly bereit erklärt, sich von Walls die Haare ganz kurz schneiden zu lassen. Anschließend hatte sie eine Jeans

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