Die Brut des Bösen - Graham, P: Brut des Bösen - L'Apocalypse selon Marie
werden Brannigans Leute alles tun, um die Urheber dieses Verbrechens zu finden und unschädlich zu machen.«
»Und was geschieht, wenn sich die Seuche ausbreitet? Muss man nicht die Behörden informieren?«
»Die Anweisungen unserer Geldgeber sind unmissverständlich und unumstößlich: Sofern die Verseuchung so schwerwiegend ist, wie zu befürchten steht, sollen wir die Stiftung den internationalen Behörden unterstellen, damit die Geißel bekämpft werden kann. Ohne eine solche Zusammenarbeit ist ihr ökonomisches Überleben nicht möglich. Sobald wir die Bedrohung identifiziert haben, müssen
sämtliche Abteilungen alles daran setzen, ein Gegenmittel zu entwickeln, dessen Zusammensetzung wir patentie ren lassen, bevor wir es im großen Maßstab einsetzen. Mithilfe einer geeigneten Werbekampagne und etwas Glück werden unsere pharmazeutischen Labors dann als Retter der Menschheit in die Geschichte eingehen.«
»Und was ist, wenn wir die Seuche nicht an der Ausbreitung hindern können?«
»Wir verfügen über die Ergebnisse von zwei Jahrzehnten Forschung an der DNA der Mumie des Manhattan-Projekts. In dieser Hinsicht kann uns kein Labor auf der Welt die Stirn bieten. Wenn wir das Mittel nicht finden, wird es auch sonst niemand finden. In dem Fall wäre die Stiftung zum Untergang verurteilt, weil dann alle potenziellen Kunden dahingerafft würden. Meine Damen, meine Herren, Ihre Flugzeuge erwarten Sie. Sobald jeder von Ihnen in seiner Abteilung eingetroffen ist, hat er dafür zu sorgen, dass das gesamte Gebäude hermetisch abgeriegelt und die Klimaanlage auf Umluft geschaltet wird. Alle Niederlassungen, Fabriken und Labors der Gruppe müssen sich umgehend von der Außenwelt unabhängig machen, um jede Ansteckungsgefahr für unsere Führungskräfte auszuschließen.«
»Und unsere Angehörigen?«
»Die dürfen unter keinen Umständen etwas davon erfahren. Mr. Brannigan wird Ihnen ins Gedächtnis rufen, was jedem droht, der dieser Anweisung zuwiderhandelt. Meine Damen, meine Herren, ich danke Ihnen.«
Kaum jemand hört Hills letzte Worte. Die Regulatoren haben die Mikrofone abgeschaltet. Wütend wendet sich der neue Vorstandsvorsitzende an Brannigan, doch der kleine Kahlkopf sieht nicht einmal zu ihm hin. Seine Leute in Las Vegas haben sich bei ihm gemeldet. Was sie ihm mitzuteilen haben, klingt beunruhigend.
16
»Ethan? Ich soll meinen Sohn Ethan nennen? Das ist ja wohl nicht dein Ernst, Marvin? Du bist schwarz, ich bin schwarz, er wird schwarz, da kommt auf jeden Fall nur ein afroamerikanischer Name infrage.«
Abigail Hockney lächelt den Menschen zu, die sie durch den Mittelgang des Flugzeugs gehen lassen. Sie wendet ihren gewölbten Leib hierhin und dorthin, um sich durchzuschlängeln. Der Flug von Sydney hat sie erschöpft, und das kleine Ungeheuer in ihrem Bauch macht die Sache nicht besser.
»Was soll das heißen – ›unser Sohn‹? Mein lieber Marv, du hast mich falsch verstanden: Seit sechs Monaten brüte ich ein völlig fremdes Lebewesen aus, das sich nicht nur ein Vergnügen daraus macht, mir Schwindelanfälle und Hitzewallungen zu bescheren, sondern auch dafür sorgt, dass mir immer wieder entsetzlich schlecht wird. Du darfst mir ruhig glauben, wenn ich dir sage, dass das immer sehr viel mehr mein Sohn als deiner sein wird.«
Nach wie vor das Mobiltelefon ans Ohr gedrückt, tritt Abby auf die Ausgangstreppe. Sie hört, wie sich Marvin für Vornamen protestantischer Weißer einsetzt, die er sich während ihrer beruflich veranlassten letzten Reise vor Beginn des Mutterschutzes zurechtgelegt hat. Abby lässt ihn reden. Ihr ist klar, dass sie das letzte Wort behalten wird. Auch Marvin weiß das.
»Warum nicht Martin oder Luther? Oder gleich beide?«
Jetzt hat Abby die Ankunftshalle des Flughafens von Los Angeles erreicht und geht auf die Gepäckbänder zu. Sie lächelt.
»Aber nein, ein Scherz. Wie wär’s mit Malcolm … Was? Ja, sehr witzig.«
Abby spricht ein wenig zu laut. Sie ist glücklich, besser noch: Es geht ihr glänzend. Allerdings hat sie sich an den letzten Tagen, ganz abgesehen von den Schwindel- und Übelkeitsanfällen, nicht recht auf dem Posten gefühlt. Gleich am Tag nach ihrer Ankunft in Sydney hatte sie hohes Fieber und entsetzliche Muskelschmerzen. Aufgehört hatte das erst mit dem Antritt des Rückflugs. Seither kommt sie sich trotz der ständigen Fußtritte des Kindes vor wie in Watte gehüllt.
Sie denkt an Marvin, während dieser seine Liste mit Vornamen
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