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Die Brut des Bösen - Graham, P: Brut des Bösen - L'Apocalypse selon Marie

Titel: Die Brut des Bösen - Graham, P: Brut des Bösen - L'Apocalypse selon Marie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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die Schwingung abzuschwächen, die ihm die Haut in großen Blasen von den Armen reißt. Verzweifelt sucht er nach jemandem, auf den er sich übertragen kann, doch die Obdachlosen und die Kassiererinnen sind zu weit entfernt. Sein eigener Körper sitzt hinten auf der Silver Wing auf dem Parkplatz des Supermarkts. Obwohl Walls die Hälfte seiner Neuronen zerstört hat, unternimmt er den Versuch. Er muss die Schwingung um jeden Preis gegen das lächelnde Mädchen kehren, doch sie ist so stark und er so geschwächt, dass er nicht einmal die alte Frau bemerkt, die sich von rechts nähert und die Arme auf ihn gerichtet hat. Es sieht aus, als halte sie etwas. Eine Waffe. Ash zieht die Stirn kraus. Was tut eine alte Frau in einem Supermarkt mit einer Schusswaffe? Kaum nimmt er die Detonationen wahr, welche die Stille zerreißen. Kaum spürt er, wie ihm die Geschosse Lunge und Herz durchschlagen. Seine Kräfte verlassen ihn von einem Augenblick auf den anderen. Er spürt gerade noch, wie ihn die von dem Mädchen ausgehende Schwingung einhüllt, sein Fleisch knisternd verbrennt, seine Haare in Flammen setzt und seine Haut flüssig werden lässt wie Leim. Eine letzte Kugel zerschmettert ihm den Schädel, dann sackt er inmitten verkohlter Fleischstücke zu Boden.

6
    Maria liegt auf dem Rücken. Sie drückt ihre Pistole an sich, hört die Schreie der Kunden, die wieder zu sich gekommen sind und ihre aufgerissenen leeren Augen auf das von ihr angerichtete Blutbad richten. Manche halten noch in der Hand, was sie an sich gerissen hatten: ein Messer oder eine Hacke, und lassen diese Behelfswaffen jetzt klirrend fallen. Sie tauschen verlegene Blicke und fragen sich, was
über sie gekommen ist. Sie suchen nach ihren Einkaufswagen und nehmen ihren Platz in der Warteschlange vor der Kasse wieder ein.
    Maria sieht zur Decke. Um sie herum vermengt sich der Geruch nach verbranntem Fleisch mit dem nach ausgelaufenen Spirituosen und dem Inhalt geborstener Waschmittelpackungen. Ihr Blick verschleiert sich. Ihr Fleisch wird weich und ihre Haut zäh wie Leder. Sie lächelt Holly zu, die jetzt in ihrem Gesichtskreis auftaucht. Die Stirn der Kleinen ist schweißnass, aber sie hält durch. Fest schließt sie die Finger um ihren Anhänger und berührt mit der anderen Hand Maria. Sie ist glühend heiß. Mit einem rauen Schluchzer sagt Maria: »Nein, Holly, das bringt dich um.«
    »Sag nichts, Gardener. Du hast eine so fürchterliche Stimme, dass sie einem Raben Angst machen würde.«
    Mittels der ihr gegebenen Macht überträgt sie ihre Kraft auf den Organismus Marias, ganz wie bei einer Bluttransfusion. Maria atmet bereits leichter, ihr Herz schlägt fester, die Kraft kehrt in ihre Arme und Beine zurück. Ein Luftzug scheint Hollys Haare zu bewegen, während sie immer tiefer in ihrer Trance versinkt. Der Anhänger schimmert zwischen ihren Fingern. Maria betastet ihr Gesicht. Ihre Haut ist wieder straff und elastisch. Ihre Brüste füllen erneut ihren BH, und ihre Schenkel gewinnen die alte Festigkeit zurück. Holly lächelt. Sie ist sehr bleich. Jetzt lässt sie den Anhänger los, setzt sich auf Marias Bauch und sagt mit leiser Stimme: »Ich hör jetzt auf. Du bist jetzt genau so abscheulich wie zuvor.«
    »Danke, Schätzchen.«
    »Nichts zu danken.«
    Marias Stimme klingt wie früher. Sie will sich erheben und sieht, wie das Mädchen auf sie fällt. Sie sinkt nicht ohnmächtig zusammen, es ist eher so, als schiebe sie sich in Marias Armen ineinander wie eine Lumpenpuppe.

    »Holly?«
    Maria liebkost das Gesicht des Mädchens, dessen Haut sich kalt anfühlt und das kaum noch atmet.
    »Holly, bitte sag etwas.«
    Holly stöhnt. Maria hebt sie auf und trägt sie durch die verwüsteten Gänge. Ihr ist klar, dass es bis zum Eintreffen der Polizei nicht lange dauern wird, und auch, dass die Überwachungskameras im Supermarkt festgehalten haben, wie sie wieder einmal allem Anschein nach harmlose Bürger erschossen hat. Es ist ihr einerlei. Sie nimmt an sich, was sie im Zelt hat liegen lassen, und stopft alles in einen Rucksack, dann verlässt sie das Gebäude durch einen alarmgesicherten Notausgang. Keine der Kassiererinnen reagiert auf das Sirenengejaul, das sie automatisch auslöst. Wie abwesend ziehen sie die Artikel der Kunden über die Kasse.
    Maria hat den Parkplatz erreicht. Sie sieht eine aufgebockte Silver Wing. Ashs Leiche ist auf den Boden gesunken. Tot über den Lenker gebeugt sitzt der letzte seiner Getreuen, der ihn nach Des Moines gebracht

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