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Die Brut des Bösen - Graham, P: Brut des Bösen - L'Apocalypse selon Marie

Titel: Die Brut des Bösen - Graham, P: Brut des Bösen - L'Apocalypse selon Marie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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und hin und her geschwungen hätte. Ohne sich jetzt um Cassy zu kümmern, die bei jeder seiner Bewegungen vor Schmerzen aufbrüllt, hat er sich hin und her gewunden, um sich seines Rucksacks zu entledigen, nachdem er ihm eine Gummihülle von der Größe eines zusammengerollten Schlafsacks entnommen hat. Dann hat er auf einen an dessen Hülle angebrachten Stift gedrückt. Das Pfeifen von Pressluft erfüllt die Finsternis. Walls verzieht das Gesicht, während sich das
Schlauchboot nach und nach entfaltet, in das er sich mit dem Rücken hineindrückt. Nach einem letzten Aufheulen haben Cassys Finger nachgegeben. Das Pfeifen des Sturzes. Das Boot schlägt gegen seinen Rücken. Er klammert sich mit aller Kraft fest und hebt jetzt den Blick. Das leuchtende Band, das den Eingang zu jener Felsenspalte anzeigt, entfernt sich wie in einem Wirbel. Dann der Aufprall. Das Nichts.
     
    Mit aller Kraft bemüht sich Walls, das Zittern zu beherrschen, das seinen ganzen Körper durchläuft. Draußen geht die Sonne unter. Schon seit einer ganzen Weile hatte sich das Licht allmählich von Weiß in einen Ockerton verwandelt. Jetzt fällt es auf die Leiche seines alten Gefährten Paddy, der mit zerschmetterten Gliedmaßen am Boden liegt und mit weit offenen Augen die Dunkelheit zu erforschen scheint. Seine Lippen sind vor Entsetzen verzerrt. Ein Stück weiter nimmt Walls seinen Rucksack und das an Ausrüstung wieder auf, was Paddy bei sich hatte. Er findet auch den Notfallkoffer, dessen Inhalt am Boden verstreut ist, einen Verpflegungsbeutel, der einen Kocher und gefriergetrocknete Notrationen enthält, sowie ein Automatikgewehr AR 15, dessen Kolben beim Aufprall einen Riss bekommen hat. Karten, Funkgeräte und die übrige Ausrüstung der Seilschaft befinden sich oben bei Cassy. Walls legt den Kopf in den Nacken und ruft empor: »Caaaassssy? Großer Gott, Cassy, hörst du mich?«
    Das Echo seiner Rufe prallte von den Wänden ab. Dann Stille. Weit oben am Himmel ertönt fernes Quaken. Walls tastet nach seinem Gurtzeug. Das Seil ist noch eingehakt. Er zieht daran und wickelt mehrere Schlingen ab, wobei er die Meter zählt. Zehn. Fünfzehn. Dreißig. Als das Ende des Seils näher kommt, scharrt etwas auf dem Boden. Walls erstarrt. Etwas Hartes und Kaltes streift sein Gesicht und
hinterlässt eine feuchte Spur. Er hebt das Seilende in den Lichtschimmer und unterdrückt einen Aufschrei, als er eine schmale weiße Hand sieht, die am Gelenk glatt abgetrennt ist. Zwei Finger fehlen. Die anderen sind abgeschürft und verdreht, aber halten das Seil fest. Ein schmaler bläulicher Reif mit einem Lapislazuli schimmert schwach am Ringfinger. Er gehört Cassy.

2
    Walls war zwei Tage zuvor in einem Hotelzimmer von Havanna angeheuert worden, wo er sich von seiner jüngsten Expedition nach Feuerland erholte. Er war gerade aus der Dusche gekommen, als das Telefon klingelte. Die hochnäsig klingende Stimme eines Konservators des Britischen Museums hatte ihm unangenehm in den Ohren geklungen.
    »Dr. Walls?«
    »Wie geht es Ihnen, Clayborne?«
    »Ich muss Sie um einen Gefallen bitten.«
    »Hoffentlich nicht gratis.«
    »Ich habe Ihnen bereits zweihunderttausend Dollar an die Niederlassung der Caiman Bank von Albuquerque in Neumexiko anweisen lassen. Der gleiche Betrag wird wie gewöhnlich nach Ihrer Rückkehr auf Ihr Nummernkonto in Nassau gehen.«
    Während Walls ans Fenster getreten war, dessen Gardinen in der Brise flatterten, hatte er einen Augenblick den zahlreichen Menschen zugesehen, die in der flirrenden Hitze des Tages an den Kaianlagen schufteten. Ein alter rostiger Frachter fuhr in den Hafen ein. Es sah aus, als rücke er inmitten der entlang der Mole geparkten Autos vor.
    »Warum ich?«
    »Warum nicht?«

    »Bei meinem vorigen Einsatz für Sie habe ich den Eindruck gewonnen, dass Sie zwar das Ergebnis meiner Bemühungen zu schätzen wissen, nicht aber unbedingt das, was ich hatte unternehmen müssen, um es zu erzielen.«
    »Diesmal arbeiten Sie nicht für das Museum, sondern für eine meiner alten Bekannten.«
    »Einsatzort?«
    »Die Mesa del Diablo, in der großen mexikanischen Sonora-Wüste.«
    »Der heilige Bezirk der Apachen? Ist die Dame auf Ärger aus?«
    Das daraufhin eingetretene Schweigen war durch das Rascheln, mit dem Clayborne am anderen Ende der Leitung in seinen Unterlagen blätterte, so gut wie nicht unterbrochen worden. Walls hatte das Schnappen eines Feuerzeugs gehört, das Knistern von Tabak, der sich entzündete.
    »Vor einigen

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