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Die Brut

Titel: Die Brut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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lauten Tusch.
    »Sie sehen aber genauso aus wie Mamas Hochzeitsschuhe.«
    Am anderen Ende der Terrasse wurden Rufe laut:
Tessa! Tessa!
    Es mussten die Leute aus ihrer Redaktion sein. Ein Walzer begann.
    Tessa trat dichter an ihre Schwester heran. »Es können aber nicht Mamas Hochzeitsschuhe sein. Und du selbst weißt am besten, warum nicht.«
    Tanzen! Tanzen!
    »Schwester. Echt. Dass du nach so vielen Jahren immer noch nicht zugeben kannst, dass du sie kaputtgemacht und in meinem Schrank versteckt hast.« Feli schüttelte den Kopf, dass ihre Löckchen flogen, und wandte sich zum Gehen.
    Tessa schaute ihr nach. Sie spürte nicht, wie Sebastian sie sanft am Arm fasste.
    »Ich glaube, jetzt führt kein Weg mehr dran vorbei«, sagte er. »Deine Fans machen sonst Revolution.«
    Tessa lachte. »Also dann. Auf in die Blamage.« Sie gab Sebastian einen Kuss. Unter allgemeinem Applaus schritten sie zur Tanzfläche.

8
    Anfang Januar hatte es das erste Mal geschneit. Der Schnee war zu feucht gewesen und der Boden nicht kalt genug, doch heute blieben die dicken Flocken auf der Dachterrasse liegen. Tessa stand mit Victor am Fenster und schaute in den nächtlichen Schneefall hinaus.
    »Schnee, Victor. Das ist Schnee.«
    Ihr Sohn schlug mit der Hand gegen die Fensterscheibe.
    Vielleicht sollte sie den Schlitten mit dem Kindersitz einweihen, den Sebastian ihm zu Weihnachten geschenkt hatte und der noch jungfräulich unter dem Baum stand.
    »Willst du Schlitten fahren? Soll Mama dir was Warmes anziehen und mit dir auf der Terrasse Schlitten fahren?«
    Victor schaute an ihr vorbei, als ob sie nichts gesagt hätte, und schlug mit der Hand wieder gegen die Scheibe.
    »Wollen wir mit dem Schlitten warten, bis Papa wieder da ist? Dann machen wir am Wochenende einen großen Ausflug in den Wald. Und da fahren wir ganz viel Schlitten.«
    Ihr Sohn schob die Unterlippe vor und spuckte ein wenig. Es kam ihr vor, als ob sich sein Gesicht verändert hatte. Wissender geworden war. Berechnender.
    »Komm, Mama bringt dich ins Bett.«
    Kaum war sie mit ihm über die Schwelle des Kinderzimmers getreten, begann er zu weinen.
    »Victor. Schau mal. Es ist schon fast elf Uhr. Eigentlich solltest du längst schlafen.«
    Er begann noch lauter zu schreien, als sie ihn in den Stubenwagen legte. Sie mussten wirklich dringend ein neues Bett kaufen.
    »Schau mal. Der Butzebär ist auch schon ganz müde.«
    Schau mal
. Da. Sie hatte es wieder gesagt. Sie musste aufhören damit. Bevor sich die Angewohnheit in ihre Sprache eingeschlichen hatte. Solche Floskeln wieder loszuwerden war schlimmer, als mit dem Rauchen aufzuhören.
    Tessa hielt den Bären vor Victors Gesicht, nahm eine der Pfoten, führte sie an den Mund des Bären und gähnte laut. »So müde ist der Butzebär.« Für einen Moment hörte Victor auf zu weinen und schaute den Bären an. »Ja. Ganz müde.« Kaum hatte sie das letzte Wort beendet, begann er wieder zu weinen.
    Wahrscheinlich bekommt er den ersten Zahn. Da sind sie manchmal ein bisschen quenglig.
    Mit beruhigenden
Sshhh
-Lauten hob Tessa Victor aus dem Wagen. Katharina hatte ihr gesagt, dass sie ihn beim Einschlafen ruhig mal fünf Minuten weinen lassen dürfe. Nicht länger. Aber fünf Minuten wären völlig in Ordnung. Tessa hatte es in den letzten Nächten versucht, sie hielt es nicht aus.
    Victor an der Schulter wiegend ging sie in den Wohnbereich zurück. Der Baum hatte in den letzten Tagen stark zu nadeln begonnen. Am Montag, wenn Sebastian von seinem
Macbeth
-Gastspiel zurück war, würden sie ihn entsorgen müssen.
    Es war ein schönes Fest gewesen. Nur Sebastian, Victor und sie. Es hatte Tessa einige Mühe gekostet, Sebastian davon zu überzeugen, dass sie weder ihre Eltern noch Geschwister noch sonstige Verwandte einladen sollten. Aber schließlich hatte er eingesehen, dass sie die Feiertage für sich brauchten.
    Tessa bückte sich, um die Nadeln vom Schlitten zu wischen. Victor wurde schwer. Sie fragte sich, wie lange sie ihn noch auf einem Arm tragen konnte. Am Nachmittag, als sie den Schlitten schon einmal freigewischt hatte, hatte sie Victor nur knapp daran hindern können, sich eine Handvoll Nadeln in den Mund zu stecken.
    Es war das erste Weihnachten mit Baum gewesen, seitdem sie von zu Hause abgehauen war. Letztes Jahr hatte sie aus Jux eine kleine Plastiktanne mit integrierter Lichterkette auf die Dachterrasse gestellt. Aber dieses Jahr war es anders gewesen. Mit Victor im Wagen waren Sebastian und sie über den

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